Einsatz im Main: Unterwegs mit Bombensuchern

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Schwere Ausrüstung für einen schweren Job. Fotos: Flegel
Schwere Ausrüstung für einen schweren Job. Fotos: Flegel
 
 
 
 

Bevor die Bagger anrücken können, um die Fahrrinne tiefer und breiter zu machen, müssen Experten Kopf und Kragen riskieren. Im Schlamm auf dem Grund lauern explosive Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg.

Nils Stegmann braucht vor allem eines: Fingerspitzengefühl. Und das ist ein Kunststück, wenn man in so einem Anzug und dicken Handschuhen steckt, geschützt durch einen Helm, der das bisschen Sicht drei Meter unter der Wasseroberfläche auf Null reduziert. Nils Stegmann ist Feuerwerker und arbeitet im Main.

Das ist kein Witz. Das Wasserstraßen-Neubauamt in Aschaffenburg ist in der letzten Phase der Vorbereitungsarbeiten für den Mainausbau zwischen den Staustufen Ottendorf (Kreis Haßberge) und Schweinfurt. Auf ganzer Länge wird der schiffbare Main seit Jahren ausgebaut, "zweispurig" sozusagen, wie die Behördenleiterin Mareike Botsch sagt. Der Main ist an zahlreichen Stellen zu eng und nicht tief genug für die Schiffe der neuesten Generation.

Große Schubverbände und die schwimmenden Hotels haben an den Engstellen Probleme, vor allem bei Gegenverkehr. Außerdem genügen zahlreiche betagte Mainbrücken nicht mehr den neuen Sicherheitsstandards.
Deshalb müssen die Bagger ran, doch das Großprojekt beginnt mit Millimeterarbeit. "Vor allem im Raum Schweinfurt gibt es aufgrund der Bombenangriffe und Bodenkämpfe im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Verdachtsflächen für militärische Altlasten", sagt Emil Riedmann, der das Projekt des Neubauamtes leitet. "Das Risiko, dass beim Ausbaggern etwas passiert, ist einfach viel zu groß."


Dunkle Flecken auf der Karte

Deshalb hat die Behörde die künftige Baustelle von Experten für Kriegs-Altlasten untersuchen lassen. Die recherchierten zunächst anhand von Karten der militärischen Operationen in der Region und mit Hilfe von Luftbildern der Alliierten, wo der Untergrund "heiß" sein könnte. Diese Flächen wurden dann von einem Spezialschiff mittels Magnetsonden großräumig abgesucht.

"Die Antenne erzeugt ein Magnetfeld. Wenn das auf metallische Gegenstände im Flussbett trifft, wird das Feld abgelenkt, auf dem Schirm erscheint ein dunkler Fleck", schildert Riedmann die Suche im Main. Da bekommt man eine Vorstellung davon, welche Herausforderung es ist, Flugzeugteile aus einem Ozean zu bergen ...


Einer muss runter

Nils Stegmann sieht das pragmatischer. Als einer der Berufstaucher der Firma Bitek in Bremen, die eine Zusatzausbildung zum Umgang mit Sprengstoffen haben, muss er jetzt mit seinen Kollegen den Magnet-Schatten auf den Grund gehen.

Auf der zwei Kilometer langen Ausbaustrecke gibt es laut Riedmann 300 verdächtige Flecken. "Es hilft nichts, es muss einer runter und gucken." Gucken heißt im trüben Mainwassser vor allem: tasten. Was immer da unten liegt, es ist in der Regel unter Schlamm vergraben.

Ein Himmelfahrtskommando unter Wasser? Nein, sagen Riedmann und der Berufstaucher unisono. "Die größeren Metallteile, die da unten liegen, sind zum allergrößten Teil Schrott", weiß Riedmann aus der Erfahrung von anderen Baustellen. "Da haben wir schon alles gefunden, vom Fahrrad bis zum Auto, auch mit Inhalt."


Blindflug im Schlick

Auch Stegmann hat keine Angst, dass er beim Herumstochern im Flussschlick auf Dinge stößt, die bei der kleinsten Berührung hochgehen. Wenn dem so wäre, hätten 50 Jahre Schiffsverkehr und laufende Baggerarbeiten in der Flussrinne schon reihenweise Explosionen ausgelöst.

Der Bombenfachmann rechnet weniger mit den klassischen Blindgängern, also Fliegerbomben, die beim Aufschlag nicht detoniert sind. Im Main dürfte vor allem Munition liegen, die von der deutschen Wehrmacht beim Rückzug in den letzten Kriegstagen versenkt wurde. Fast schon Routine für einen Feuerwerker im Mainwasser.