In Stadtlauringen hat der 60-jährige Georg Tryleski über 4000 Bierkrüge gesammelt, die er in seinem Keller aufbewahrt. Darunter sind viele aus längst geschlossenen Brauereien.
Es ist ein Ausflug in die guten alten Zeiten der Braukunst. Über 4000 Bierkrüge sind in diesem kleinen Museum zu bewundern. Könnten sie reden, sie alle hätten Anekdoten und Geschichten zu erzählen. Geschichte schreiben viele der Prunkstücke im wahrsten Wortsinn insofern, als es die Brauereien, deren Namen sie tragen, längst nicht mehr gibt.
Seit über vier Jahrzehnten sammelt Georg Tryleski Bierkrüge und darüber hinaus Emailschilder von Brauereien. Und auch einige wunderbare Thekenbeleuchtungen hat der 60-Jährige im Keller aufgehängt.
Bekennender Biertrinker
Tryleski aus dem Stadtlauringer Ortsteil Sulzdorf ist bekennender Biertrinker. Überwiegend Pils, aber auch ein Weißbier darf's mal sein. Auf dem Feuerwehrfest in Aub bei Bad Königshofen nimmt er, knapp über 20 Jahre jung, einen Tonkrug der Brauerei Kneuer mit nach Hause. Nicht ganz legal, aber der Anfang. Gezielt geht er noch nicht vor, gleichwohl wächst die Sammlung.
Vor einem Vierteljahrhundert beginnt die Professionalisierung. "Ich habe halt Gefallen daran gefunden." Er fährt auf Flohmärkte, sucht im Internet, trifft andere Sammler. "Ich bin schon Tausende von Kilometern gefahren", sagt er.
Nicht um jeden Preis
Fünf bis 15 Euro hat er auf den Flohmärkten für einen Krug gezahlt. "Manchmal machte ich auch Schnäppchen", sagt Tryleski und fügt grinsend an: "Für eine Mark." Er schränkt aber ein: "Ich kaufe nicht um jeden Preis, irgendwo ist die Grenze." Für einen Bierkrug der Brauerei Weining aus Hausen bei Schonungen, wenn man so will der Vorgänger der heutigen Brauerei Martin, legte er aber dann doch 50 Euro auf den Tisch. "Den wollte ich."
Drei Kellerräume im Haus in Sulzdorf, das der beim "Kufi" in Schweinfurt beschäftigte Heizungsinstallateur neben seinem Wohnhaus selbst gebaut hat, sind bis unter die Decke mit Bierkrügen gefüllt. Im Frankenraum stehen 1900 Exemplare aus Ober-, Mittel- und natürlich Unterfranken. Hagenmeyer, Wallbräu, Brauhaus aus Schweinfurt - alle drei Brauereien sind Historie, es gibt sie nicht mehr. Aus dem Landkreis ein Krug der Brauerei Wurm Werneck.
Die Aufschrift ist wie beim Hochdruck erhaben, "aufgelegt", sagt Tryleski. Sie stammen aus den 1920er-Jahren. Bei den ältesten Krügen seiner Sammlung aus der Zeit um die Jahrhundertwende ist der Name der Brauerei demgegenüber "geritzt".
Die Krüge, berichtet er, sind noch handgedrechselt, stellten noch etwas dar mit ihrer rauen Oberfläche und dem Eichstrich hart am oberen Rand. Der Grund: Früher schäumten die Biere weniger. Der Eichstrich ist heute Zweifingerbreit tiefer zu finden, damit der Schaum noch Platz hat im Krug und dennoch ein Liter drin ist. Was "beim Oktoberfest nicht der Fall ist", lässt der Sammler einen weiteren seiner trockenen Kommentare vom Stapel. Heute sind die Schriftzüge weder erhaben noch eingeritzt, "die Krüge werden in eine Glasur getaucht, aus Hygienegründen sind sie glatt", berichtet der Bierkrugkenner.
Kein Kölsch aus dem Krug
Im zweiten Raum stehen die Krüge aus der Oberpfalz, Ober- und Niederbayern, aus Baden-Württemberg sowie einige wenige aus Hessen und Rheinland-Pfalz. Viele Landstriche fehlen, weil der Maßkrug dort keine Rolle spielt. Kölsch trinkt man nun mal nicht aus dem Krug. Tryleski präsentiert einen Tonkrug der Rosenbrauerei Aldingen, der Eichstrich zeigt an: 0,7 Liter. Der Sammler lacht: "Die Schwaben waren auch da sparsam."
Georg Tryleski über seine Sammlung Tryleski redet über einen Krug und greift zielsicher in ein Regal. "Ich weiß, wo ich alle find'", sagt er und fügt an: "Bei 99 Prozent weiß ich auch, ob ich den Krug schon habe." Etwa den vom Brauhaus Sonneberg mit der Nummer 6022. Stammtischbrüder kennen das: Ihr Krug war nummeriert, nur für diesen Biertrinker reserviert. In Sonneberg muss es entweder viele Biertrinker gegeben haben oder man stieg gleich vierstellig ein.
Zu den 4000 Original-Tonkrügen kommen "2000 doppelte" hinzu sowie 500 Glaskrüge und die Emailschilder, zirka 50 hängen an den Wänden. Das teuerste war eines der Brauerei Kneuer Königshofen, woher auch der erste Krug stammt. 270 Euro hat er dafür gezahlt. "Da bin ich über meinen Schatten gesprungen", sagt er.
Was noch fehlt ...
Der Sammler hat längst bemerkt, dass auch der Reporter ganz gerne mal ein Bier trinkt. Man fachsimpelt. Tryleski präsentiert alte Karten mit Brauereien ("1900 gab es 11 000 in Deutschland, heute nur noch 700"), er zeigt Bücher über Bierkrüge, einen "Fränkischen Bierdeckelkatalog" und das Historische Brauereiverzeichnis von 1984.
Kriegt man noch Krüge? "Man findet fast keine mehr und die älteren haben zu hohe Preise, das muss ich nicht haben." Welchen Krug hätte er noch gerne? "Vom Walfisch aus Haßfurt oder aus der Bamberger Gegend."
Stolz auf Thekenleuchte
Dann kehrt er flugs ins Heimische zurück, erzählt, dass es in Stadtlauringen bis 1905 noch die Brauerei Husslein gab, dass es in Fuchsstadt gleich um die Ecke eine Dampfbierbrauerei gegeben hat, dass er sein Pils bei der Hausbrauerei Raab in Hofheim holt. Und ganz stolz ist er, dass ihm die Neugebauers Inge, als sie 2006 ihre Gastwirtschaft in Sulzdorf für immer abschloss, die "Hiernickel Bier"-Thekenleuchte überließ.
Fehlt noch die Meinung von Frau Bettina zum verrückten Hobby. "In die Küche kommt keiner rein", habe sie gefordert. Daran hielt sich der Sammler, der hofft, dass eines seiner drei Kinder "das fortsetzt". Sohn Julian (24) hat er da im Auge.
Hannes Helferich