Großbardorf ist unabhängig von Putins Gas - Bürgermeister erklärt, warum hier niemand frieren muss
Autor: Daniel Krüger
Großbardorf, Donnerstag, 21. Juli 2022
Während man in großen Teilen Frankens um die Energieversorgung im Winter zittert, müssen sich die Menschen in Großbardorf keine Sorgen machen. Denn die Gemeinde in Unterfranken ist nahezu komplett autark - dank einer klugen Strategie.
- Großbardorf: Fränkische Gemeinde ist komplett unabhängig von Erdgas
- "Produzieren 15 Mal so viel Strom wie nötig": Nicht nur Wärme ist gesichert
- "Gemeinschaftsgedanke": Keine Proteste - Bürgermeister verrät, wieso
- Solar, Biogas, Windkraft: Das ist das Energie-Erfolgsrezept in Großbardorf
Innerhalb kürzester Zeit ist die Gemeinde Großbardorf (Landkreis Rhön-Grabfeld) zu einem bayernweiten Vorbild in Sachen Energie geworden. Seitdem die Gas-Versorgung vielerorts wegen des Ukraine-Kriegs im Winter nicht mehr sicher scheint, wird Josef Demar (CSU) von Anfragen überschüttet, wie er gegenüber inFranken.de erzählt. "Ich bin nur ein ehrenamtlicher Bürgermeister und das ist schon außergewöhnlich", sagt er und lacht. Der Grund: Das unterfränkische Dorf versorgt sich beinahe komplett selbst mit Wärme und Strom. "Proteste hat es bei uns nie gegeben", sagt Demar nicht ohne Stolz in der Stimme.
Gemeinde Großbardorf war schon 2005 Solar-Vorreiter - mit einem klugen Konzept
"Alle fragen nach: Wie macht ihr das?", so der Kommunalpolitiker, der seit 26 Jahren das Rathaus leitet. Und erläutert: "Alles hat angefangen, weil wir einfach keinen Gas-Anschluss bekommen haben. Wir waren zu wenige Einwohner und hatten keine Industrie in der Nähe."
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Die meisten Menschen im Ort hätten mit damals sehr günstigem Öl oder Holz geheizt. Gleichzeitig hatte die Ortschaft bereits Erfahrung mit nachhaltiger Energie, wie Demar erzählt. 2005 ist hier nämlich die laut Gemeinde "erste große Freiflächenphotovoltaikanlage im Landkreis Rhön-Grabfeld" ans Netz gegangen - auf Flächen, die für die Landwirtschaft keine ausreichenden Erträge bringen würden.
"Wir haben es geschafft, dabei immer die Bevölkerung mitzunehmen, weil sich auch der Handwerker und kleine Mittelständler mit einem recht geringen Beitrag einen Anteil leisten kann." Dabei habe man stets die Anwohnerschaft bevorzugt - und habe das Angebot erst im Anschluss auch an Menschen von außerhalb weitergetragen. "Bei Großkonzernen und ihren Solarprojekten bleibt ja der normale Arbeiter außen vor." Heute produziere die große Solaranlage "15 Mal so viel Strom wie nötig, um unseren Ort zu versorgen", erzählt Demar.
80 Prozent des Dorfs an Nahwärmenetz angeschlossen - "Win-win-Situation" ohne Erdgas
Der Überschuss werde ins Netz eingespeist, wovon diejenigen profitierten, die sich für Anteile entschieden hätten. "Jeder wurde gefragt, weshalb niemand am Ende sagen kann, er habe nicht mitmachen können." Eine ähnliche Erfolgsgeschichte, die die aktuelle Aufmerksamkeit schafft, ist aus Sicht des Bürgermeisters die Biogasanlage auf Basis eines gemeinschaftlichen Unternehmens von Bauern und Bäuerinnen.
Selbstkühlende Sommerdecke für heiße Tage bei Amazon ansehenSie versorge 80 Prozent des Dorfs über ein Nahwärmenetz - und mache so völlig unabhängig vom Erdgas. "Es ist eine Win-win-Situation. Denn es wird nicht mehr Mais angebaut als früher, wir haben bis zu sieben Stunden Speichermöglichkeit und nach der Umsetzung von Methan wird der Rest als Dünger auf die Felder gebracht", schwärmt der Bürgermeister. Über 40 Landwirte und Landwirtinnen sorgten so dafür, dass es auch im Winter 2022/2023 in den Häusern in Großbarsdorf nicht kalt bleibt.