Nürnberger Heckenschütze soll für zwölf Jahre hinter Gitter

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Der Angeklagte und seine Verteidiger. Foto: Nikolas Pelke
Der Angeklagte und seine Verteidiger. Foto: Nikolas Pelke

Zwölf Jahre soll der "Heckenschütze" nach den Vorstellungen der Staatsanwaltschaft ins Gefängnis. Die Verteidigung sagt, der 50-jährige Rechtsanwalt sei "kein schlechter Mensch". Das Urteil will das Landgericht Nürnberg-Fürth am Mittwoch sprechen.

Wie ein Bösewicht schaut der Angeklagte nicht aus. Der Rechtsanwalt aus Nürnberg wirkt mit seinen weichen Zügen nicht wie einer, der von seinem Balkon wie wild auf fahrende Autos geschossen haben soll. Doch genau davon ist Staatsanwalt Markus Bader überzeugt.


Immer stärkere Luftdruckgewehre angeschafft

Die Haare hat der Angeklagte zu einem Pferdeschwanz gebunden. In seinem dunkelgrauen Anzug mit dem hellblauen Hemd und der gelben Krawatte wirkt der 50-Jährige auf der langen Anklagebank etwas deplatziert. Sicher ist, dass der Angeklagte ein Waffennarr gewesen ist. Sicher ist auch, dass der Rechtsanwalt im Sommer des letzten Jahres damit angefangen hat, immer stärkere Luftdruckgewehre mit vielfältigem Zubehör wie Schalldämpfer und Zielfernrohre im Internet zu bestellen. Ab dem 2. November 2014 soll er laut Anklageschrift damit begonnen haben, aus seiner Wohnung auf fahrende und stehende Autos zu schießen.

In den letzten neun Verhandlungstagen hat das Landgericht Nürnberg-Fürth versucht, die Tatvorwürfe der Staatsanwaltschaft zu überprüfen. An diesem Dienstagmorgen sollen die Plädoyers gesprochen werden. Doch zunächst verliest die vorsitzende Richterin folgenden Beschluss. Der Vorwurf des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr wird fallengelassen. Danach regt der Staatsanwalt sogar noch an, die Schüsse auf zwei Verkehrsschilder nicht mehr weiter zu verfolgen. Danach schließt die Richterin die Beweisaufnahme und bittet um das Plädoyer des Staatsanwalts.


Staatsanwaltschaft: Alternativ-Täter ausgeschlossen

Markus Bader ist davon überzeugt, dass der Angeklagte der gesuchte Heckenschütze ist. "Ein Alternativ-Täter kann ausgeschlossen werden", sagt Bader. Nachdem sich der 50-Jährige das Gewehr im Internet besorgte, habe der Angeklagte die Waffe eingeschossen und ausgiebig getestet. Sogar die Spezialisten vom Bundeskriminalamt seien von seinen "professionellen Berechnungen zur Flugbahn" beeindruckt gewesen. Die Polizei fand später die Notizzettel, auf denen sich der Angeklagte akribisch mit der Ballistik der Waffe beschäftigt hatte. Laut Staatsanwalt habe der "Jagdtrieb" den Waffennarr dazu verleitet, auf Autos auf der vielbefahrenen Südwesttangente zu schießen. Der Täter müsse sich wie an einer Schießbude auf der Kirchweih vorgekommen sein.

Zunächst soll der 50-Jährige auf ein Auto geschossen haben, dass nach einem Unfall auf dem Standstreifen der Schnellstraße geparkt hat. Später wird ein Auto zum Ziel, das mit 80 Sachen über die Tangente braust. Als bereits der Polizeihubschrauber über der Straße kreist, zielt der Angeklagte erneut aus seiner Wohnung. Diesmal allerdings in genau die entgegengesetzte Richtung. Seine Bleikugeln treffen diesmal ein parkendes Auto in dem Wohngebiet, in dem auch der Versicherungsangestellte mit seiner Lebensgefährtin wohnt. Wohl aus Angst vor der Polizei versteckt er wenig später seine Waffen im Rheinland bei Freunden.


Freiheitsstrafe von zwölf Jahren gefordert

Im Prozess hat der Angeklagte geschwiegen. Allerdings habe sich der 50-Jährige bereits kurz nach der Verhaftung im November des vergangenen Jahres bei der Polizei "um Kopf und Kragen" geredet. Außerdem seien in seiner Zelle noch vor dem ersten Prozesstermin zahlreiche Notizzettel mit Regieanweisungen beispielsweise für die Zeugenaussage seiner Lebensgefährtin entdeckt worden. Das seien einzigartige und erdrückende "Indizien der Schuld". Die Schüsse auf die Autos bewertet der Staatsanwalt als versuchten Mord. Deshalb hat Markus Bader eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren gefordert. Die Verteidigung relativierte die Schuld ihres Mandaten. "Bei Herrn K. handelt es sich nicht um einen schlechten Menschen", sagte Verteidiger Harald Straßner. Am Mittwoch will Richterin Barbara Richter-Zeininger bereits das Urteil sprechen.