"Sehr verzweifelte Lage": Kinderbetreuung droht die Schließung - Eltern kämpfen gegen Pläne der Stadt

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Nürnberg: Mittagsbetreuung droht Schließung - Eltern kämpfen für Erhalt
"Hier geht es um Kinder", schreibt der Förderverein der Nürnberger Grundschule - und um ein "familiäres Miteinander" im Betreuungshaus.
Nürnberg: Mittagsbetreuung droht Schließung - Eltern kämpfen für Erhalt
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Der Förderverein einer Grundschule in Nürnberg organisiert seit fast 20 Jahren eine flexible Mittagsbetreuung für die Schulkinder. Doch nun hat die Stadt den Mietkostenzuschuss eingestellt - die Schließung droht.

  • Nürnberg: Mittagsbetreuung von Grundschulkindern droht Schließung
  • Eltern hatten das Angebot vor fast 20 Jahren selbst organisiert
  • "Nicht vereinbar": Neuer Hort soll nach Vorstellung der Stadt für Ersatz sorgen
  • "Am Ende ohne Betreuung": Eltern kämpfen für Mittagsangebot - und kritisieren Pläne scharf 

In Nürnberg herrscht seit mehreren Monaten ein heftiger Streit um die Mittagsbetreuung von Grundschulkindern im Stadtteil Erlenstegen. Wie eine Mutter gegenüber inFranken.de berichtet, sei die Situation "seit Ende September eskaliert". Hintergrund ist die drohende Schließung eines von Eltern selbst organisierten Betreuungsangebots in Räumlichkeiten einer Villa in dem Stadtteil. Ein neu gebauter Hort soll diese nach Vorstellung der Stadt ersetzen - doch dagegen regt sich deutlicher Widerstand

Nürnberger Mittagsbetreuung nach fast 20 Jahren vor dem Aus - Stadt zahlt nicht mehr

Die Mutter, die ihren Namen aus Sorge vor beruflichen Konsequenzen nicht nennen möchte, sei erst seit weniger als einem Jahr Mitglied des Fördervereins der Nürnberger Gebrüder-Grimm-Schule, wo ihr Sohn gerade die erste Klasse besuche. Der Förderverein selbst habe 2003 ein eigenes "flexibles Angebot der Mittagsbetreuung für die Kinder auf die Beine gestellt", erzählt sie. Aktuell würden dort nach dem Unterricht bis zu 43 Kinder von angestelltem Fachpersonal betreut - mit "flexiblen Abholzeiten bis 16.30 Uhr". 

Dies biete Eltern die Möglichkeit, "ihre Kinder nach Bedarf betreuen zu lassen, diese haben aber auch Zeit für individuellen Sport oder Treffen mit Freunden, die nicht die gleiche Schule besuchen". Doch dem Mittagsangebot des Fördervereins drohe nun nach fast 20 Jahren das Zwangs-Aus. Denn, wie die Stadt Nürnberg bestätigt, erhielt der Förderverein "bis zum regulären Kündigungstermin des Mietverhältnisses der 'Villa' in der Eichendorffstraße" zum 31. Juli 2021 "von der Stadt Nürnberg einen Mietkostenzuschuss von rund 17.000 € jährlich." 

Seit Beginn des aktuellen Schuljahrs hat die Stadt die Zahlungen eingestellt. "Wir finanzieren uns aus Rücklagen und müssen zum jetzigen Stand zum Ende des Schuljahres schließen", erklärt die Mutter inFranken.de. Der Grund: 2017 hatte die Stadt nach eigenen Angaben den Neubau eines Betreuungshauses an Diakoneo vergeben, einen, so die Stadt Nürnberg, "erfahrenen Träger". 2020 wurde der neue Kinderhort an der Grimmschule eröffnet. Eine "parallele Fortführung des kommunalen Mietkostenzuschusses bei gleichzeitigem Leerstand von Betreuungsplätzen im neu errichteten Betreuungshaus" sei weder "mit den Grundsätzen des wirtschaftlichen Umgangs mit öffentlichen Mitteln vereinbar" noch mit der "aktuellen Haushaltslage" zu vertreten, argumentiert die Stadt. 

Mutter aus Nürnberg mit Befürchtung - "ohne Betreuung dastehen" 

Insgesamt bietet der Diakoneo-Hort in Nürnberg-Erlenstegen 150 Plätze an, 45 sind zusätzlich für die Mittagsbetreuung vorgesehen. Die Stadt Nürnberg berichtet, dass davon im aktuellen Schuljahr "circa 145 Hortplätze und 22 Mittagsbetreuungsplätze tatsächlich belegt" gewesen seien. "Damit wurden bezogen auf die angebotenen 195 Plätze im Betreuungshaus insgesamt 28 Betreuungsplätze nicht belegt und stehen unmittelbar zur Verfügung", heißt es gegenüber inFranken.de. Insgesamt könnten im Betreuungshaus bei Vollauslastung bis zu 210 Kinder "ein ganztägiges Angebot erhalten". Dies entspreche "einer Versorgungsquote von 80 Prozent bezogen auf die Anzahl von circa 260 Schulkindern am Standort Erlenstegen".

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"Die Stadt spricht immer davon, dass aktuell nicht alle Plätze belegt sind. Aber wir haben alleine 43 Kinder in der Mittagsbetreuung, von denen ein Teil in Zukunft dann ohne Betreuung dastehen würden", befürchtet die Mutter aus dem Förderverein. "Gleichzeitig wollen viele Eltern ihre Kinder nicht zu Diakoneo schicken, weil es dort kein pädagogisches Konzept für die Mittagsbetreuung gibt und die Kinder zu festen Zeiten abgeholt werden müssen, also nicht vor Betreuungsschluss", bemängelt sie. Die Stadt habe den Förderverein bei der Vergabe der neuen Betreuung nicht ausgewählt - "mit der Begründung, es brauche Wahlfreiheit und kirchliche Träger seien in Erlenstegen unterrepräsentiert", so die Mutter.

"Und jetzt haben die Eltern bald wieder keine Wahl", kritisiert sie. In einer kürzlich gestarteten Petition für den Erhalt der Villa-Betreuung, die bisher über 430 Menschen unterschrieben haben, wird auch darauf verwiesen, dass die Kinder "einen gewachsenen Bezug zu ihren sehr verlässlichen Betreuern" hätten. Das Personal arbeite "teilweise bereits seit 15 Jahren für den Förderverein", es existiere "ein familiäres Miteinander". Es wäre "sehr viel mehr als ein Standortwechsel für sie", heißt es in dem Statement. Fast 20 Jahre lang sei "die Betreuung für den Stadtteil vom Förderverein gestemmt" worden. "Und nun werden die Kinder 'umgezogen', ohne nach einer gemeinsamen Lösung gesucht zu haben?"

Eltern in "sehr verzweifelter Lage" - Nürnberger Familienreferentin macht Versprechen 

Die Eltern seien mittlerweile in einer "sehr verzweifelten Lage", so die Mutter. "Das Wohl der Kinder und ihrer Familien der Stadt Nürnberg ist uns
ein zentrales Anliegen", antwortet hingegen Nürnbergs Schulreferentin Cornelia Trinkl (CSU) auf Anfrage von inFranken.de. Das Kultusministerium habe deshalb im aktuellen Schuljahr das Angebot des Fördervereins "letztmalig als Mittagsbetreuung staatlich anerkannt und gefördert", um "den Übergang von dem Betreuungsangebot des Fördervereins in das Betreuungsangebot von Diakoneo möglichst gut zu gestalten". 

Damit habe ein "ein plötzliches Ende des Angebots des Fördervereins während des Schuljahres vermieden werden" können. Gleichzeitig sei die Hortanmeldefrist "extra bis zum 20. Februar 2022 verlängert" worden. Man wolle nach Abschluss der Anmeldefrist "die Anmeldezahlen und Details der Anmeldungen auswerten und ein bedarfsgerechtes Angebot an Hortplätzen und Mittagsbetreuungsplätzen zur Verfügung stellen". Falls notwendig, könnten "auch die von der Stadt Nürnberg 2020 angekauften Räume im Ersatzbau auf dem Schulgelände genutzt werden".

Die Familienreferentin der Stadt Nürnberg, Elisabeth Ries (SPD), verspricht, "allen Kindern der Gebrüder-Grimm-Schule einen Betreuungsplatz anbieten, die ihn benötigen". Aus Sicht der Eltern, die sich im Förderverein engagieren, wird die Zahl der betreuungsbedürftigen Schulkinder aber weiter steigen. Bereits jetzt würden "die Plätze auf dem Schulgelände knapp". Auch das geplante neue Stadtquartier auf dem "Branntweingelände" in Nürnberg verschärfe die Situation weiter, heißt es.  

Die Petition zur Mittagsbetreuung an der Grimm-Schule kann hier im Volltext nachgelesen werden.