Leserfrage: Bekommen Asylbewerber mehr Geld als Hartz-IV-Empfänger?

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Jeder Asylbewerber erhält Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die aktuell geltenden Leistungssätze enthält das gezeigte Bundesgesetzblatt vom Oktober 2015.
Jeder Asylbewerber erhält Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die aktuell geltenden Leistungssätze enthält das gezeigte Bundesgesetzblatt vom Oktober 2015.

Die Themen Asyl und Flüchtlinge bewegen unserer Leser. Viele sind unserem Aufruf gefolgt, ihre Fragen an uns zu schicken. Wir haben Verwaltungen, Ministerien und Experten um Stellungnahmen gebeten.

Stimmt es, dass Flüchtlinge mehr Geld bekommen als ein deutscher Hartz-IV- oder Sozialhilfe-Empfänger?

Wir fragten am Montagvormittag, 18. Januar 2016, schriftlich beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Berlin an und bekamen am selben Tag um 14.14 Uhr per Mail folgende Antwort von einem Sprecher der Behörde:

"Jeder Asylbewerber erhält Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die Regelungen finden Sie in §7. Die aktuell geltenden Leistungssätze enthält die Anlage (siehe Foto, Anm. d. Red.)

Die neuen Leistungssätze wurden auf Grundlage eines Statistikmodells (EVS) transparent und bedarfsgerecht ermittelt. Der Leistungssatz spaltet sich auf in einen Geldbetrag für den notwendigen Bedarf, z.B. an Verpflegung und Kleidung, und einen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens ("notwendiger persönlicher Bedarf", z.B. an Verkehrsdienstleistungen, Kommunikation, Körperpflege). Solange Asylbewerber verpflichtet sind, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen, werden ihnen die Grundleistungen für alle vom notwendigen Bedarf erfassten Bedarfe allerdings nicht in Geld, sondern ausschließlich als Sachleistungen gewährt. Seit dem 24. Oktober 2015 soll während der Erstaufnahme auch der notwendige persönliche Bedarf als Sachleistungen erbracht werden, sofern dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Zugleich wurde die zulässige Höchstdauer des Aufenthalts in einer Erstaufnahmeeinrichtung auf sechs Monate verlängert; bei Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten besteht die Verpflichtung zum Aufenthalt in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung bis zum Abschluss des Asylverfahrens bzw., im Falle der Ablehnung, bis zur Ausreise.

Nach der Erstaufnahmezeit gilt für alle vom notwendigen Bedarf erfassten Bedarfe (Kleidung, Ernährung etc.) der Vorrang der Geldleistung. Aufgrund der stark steigenden Asylbewerberzahlen kann hiervon in Ausnahmefällen abgewichen werden, um die Versorgung sicherzustellen. Die Leistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf sind außerhalb von Erstaufnahmeeinrichtungen als Geldleistungen zu erbringen; bei einer Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften können die zuständigen Leistungsbehörden diese Bedarfe auch in Sachleistungen gewähren, soweit es nach den Umständen möglich ist.
Nach 15 Monaten erhalten Asylbewerber Leistungen entsprechend dem SGB XII ("Analogleistungen"). Ändert sich vor Ablauf der 15 Monate der Aufenthaltsstatus z.B. durch die Anerkennung als Asylberechtigter, dann wechselt der Betroffene - sofern weiterhin hilfebedürftig - in die Regelsysteme des SGB II oder SGB XII.

Die aktuellen ALG-II-Regelsätze finden Sie unter http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/09/2015-09-23-hoehere-grundsicherung-ab-2016.html."


Und das sind die Zahlen

Da das Ministerium keinen direkten Vergleich lieferte, haben wir anhand des mitgeschickten Anhangs und der Internetseite der Bundesregierung die Zahlen selbst eruiert. Das Ergebnis lautet: Asylbewerber bekommen weniger Geld als Empfänger von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe. Die Vermutung in der Leserfrage bestätigt sich also nicht.

Wer Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II bezieht, erhält ab Januar 2016 mehr Geld: Der Regelsatz für Alleinstehende steigt von 399 Euro auf 404 Euro pro Monat. Die Grundsicherung für Kinder wird um drei, die für Jugendliche um vier Euro monatlich angehoben.

Die Leistungen für Asylbewerber steigen aufgrund der Verordnung ebenfalls ab 1. Januar 2016: für einen alleinstehenden Asylbewerber von 359 Euro auf 364 Euro.