Nach einem mutmaßlichen Messerangriff auf Bundespolizisten in Lauf ist ein Asylbewerber durch einen Polizeischuss gestorben. Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert jetzt "eine umfassende Untersuchung" und wendet sich an die Politik.
Am 30. Juni 2024 soll ein geduldeter Asylbewerber aus dem Iran am Laufer S-Bahnhof drei Polizeibeamte mit einem Messer angegriffen haben. Im weiteren Verlauf starb er durch einen von einer Polizistin abgegebenen Schuss. Der Vorfall beschäftigt den Bayerischen Flüchtlingsrat, der sich am Donnerstag (4. Juli 2024) an die Öffentlichkeit gewandt hat.
Die Organisation zeigt sich bestürzt, spricht den Freunden und Angehörigen des Verstorbenen ihr "tiefstes Beileid" aus und fühle mit allen Betroffenen. Der Verein führt fort: "Wir sehen die komplexen und herausfordernden Situationen, denen Polizeibeamt:innen in ihrem täglichen Dienst ausgesetzt sind. Jeder Einsatz birgt Risiken und erfordert schwierige Entscheidungen in Sekundenbruchteilen." Im weiteren Verlauf folgen Kritik an Aussagen des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) zur Asylpolitik und einige Forderungen.
Bayerischer Flüchtlingsrat reagiert auf Todesschuss in Lauf - "migrantisierte Menschen erhöhter Gefahr ausgesetzt"
Nach Ansicht des Bayerischen Flüchtlingsrats seien "migrantisierte und geflüchtete Menschen bei Polizeieinsätzen einer erhöhten Gefahr ausgesetzt, tödliche Gewalt zu erfahren". Hierzu nennt er jedoch keine Quelle. Der Rat betont daraufhin die Notwendigkeit, "diese Risiken [...] auf allen Ebenen der Gesellschaft ernsthaft [zu] diskutieren, um sicherzustellen, dass alle Menschen gleichermaßen geschützt werden". Wenn es bei Polizeieinsätzen Verletzte und Todesfälle gebe, müssten die gewählten polizeilichen Maßnahmen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit geprüft werden, so der Aufruf.
"Wir fordern daher eine umfassende und kritische Untersuchung des Vorfalls in Lauf an der Pegnitz, um zukünftige Tragödien zu verhindern", wird die Mitarbeiterin des Bayerischen Flüchtlingsrats Johanna Böhm zitiert. "Dazu gehört es auch zu erkennen, wo präventive Unterstützungsangebote fehlen und solche Strukturen zu etablieren oder zu stärken." Forderungen Herrmanns "nach vermehrten Ausweisungen von straffälligen Geflüchteten" finde der Verein indes "pauschalisierend und nicht zielführend".
Gegenüber der Augsburger Allgemeine zeigte sich Herrmann im April 2024 angesichts einer steigenden Kriminalität in Deutschland besorgt und betonte, dass man sich nicht damit abfinden solle, dass sich "insbesondere die unkontrollierte Zuwanderung negativ auf die Sicherheitslage" auswirke. Straffällige Ausländer, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellten, sollten deshalb nach Verbüßen der Strafe möglichst unverzüglich aus Deutschland gebracht werden.
"Zusammenhang zwischen Herkunft und Straffälligkeit nicht belegt" - doch Kriminalität mit Zuwanderern als Tatverdächtige gestiegen
Wie der Verein kritisiert, verbreite Herrmann die unzutreffende Information, "dass von Geflüchteten pauschal eine Gefahr ausgehe. Das ist falsch, denn wissenschaftlich belegt ist ein Zusammenhang zwischen Herkunft und Straffälligkeit nicht". Wie einer Statistik des Bundeskriminalamts zur Kriminalität im Kontext von Zuwanderung zu entnehmen ist, ist jedoch zwischen Januar und September 2023 die Anzahl der Straftaten, bei denen mindestens ein Zuwanderer als Tatverdächtiger beziehungsweise eine Zuwanderin als Tatverdächtige erfasst wurde, um 28,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Am meisten wurden Diebstähle sowie Vermögens- und Fälschungsdelikte registriert.
Der Rat betont, dass der Begriff "Straftäter" auch "Personen mit geringfügigen Vergehen wie illegaler Einreise oder kleinen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz" umfasse. "Die Ausweisung nach Verbüßung der Strafe stellt eine Doppelbestrafung dar." Wie die bayerische Staatsregierung am 15. Januar 2024 verlauten ließ, forderte der Ministerrat überdies, "weitere Staaten als sichere Herkunftsstaaten einzustufen". Der Bayerische Flüchtlingsrat mahnt in seinem Statement, sich an verbotene Abschiebungen in "Länder mit Menschenrechtsverletzungsrisiken" laut der Genfer Flüchtlingskonvention zu halten.