Airbnb auf Werbetour in Franken - nicht alle sind begeistert
Autor: Nikolas Pelke
Nürnberg, Mittwoch, 10. Juni 2015
New York, Rio, Tokio: Bislang hat "AirBnB" besonders in den Metropolen dieser Welt für Aufsehen gesorgt. Nun nimmt die Online-Börse für private Zimmervermittlung auch die Provinz ins Visier. Darüber sind in Nürnberg nicht alle begeistert.
Ein roter Doppeldecker parkt auf dem Jakobsplatz in Nürnberg. Die Inneneinrichtung trifft genau den Nerv der Zielgruppe. Gemütliche Sessel, chillige Sofas und ein großes Bett sollen für das "AirBnB"-Gefühl sorgen.
"Wir bieten einzigartige Unterkünfte auf der ganzen Welt an", sagt Max Klotter und nippt an seinem Kaffee aus dem stilechten Pappbecher. "Jede Unterkunft bei AirBnB ist ein Unikat. Jeder Gastgeber ist auch ein Unikat", sagt Max und schwärmt von den unbegrenzten Möglichkeiten der weltweiten Online-Plattform zur privaten Zimmervermittlung.
Vom teuren Penthouse bis zur billigen WG-Bude - bei dem 2008 im Silicon Valley gegründeten Unternehmen hätten die Urlauber die Qual der Wahl. "In Berlin, München, Frankfurt und Hamburg sind wir schon total angesagt. Aber abgesehen von diesen Top-Places haben wir in Deutschland noch einen relativ geringen Bekanntheitsgrad.
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Knapp 800 Unterkünfte in Nürnberg seien derzeit bei AirBnB gelistet. Die Community wachse auch in Franken stetig. Immer mehr Besucher der alten Reichsstadt buchen eine private Unterkunft bei der Internet-Börse. Die Wachstumszahlen sind imposant. 172 Prozent mehr AirBnB-Gäste habe das Portal im Vergleich zum Vorjahr allein in der Frankenmetropole verzeichnet. Die meisten ausländischen Gäste, die über die boomende Internet-Plattform eine private Unterkunft in Nürnberg buchen, kommen aus England, Frankreich und den USA. Bei jeder Buchung kassiert das Startup-Unternehmen aus Kalifornien fleißig mit. Drei Prozent muss der Gastgeber, zwischen sechs und zwölf Prozent der Gast bezahlen. Den Preis für die Übernachtung können die AirBnB-Anbieter selber festlegen.
"Ich war mit AirBnB schon in Budapest und Lissabon. Ich hatte voll coole Wohnungen mit Flair mitten in der Stadt", erzählt Sonja, die mit ihren WG-Freunden Kristin und Dominik zum roten Doppeldecker gekommen ist. "Wir wollen natürlich die Weltreise gewinnen", sagt Kristin und schnappt sich einen der bereitliegenden Tablett-Computer, um bei dem Gewinnspiel mitmachen zu können. Selber Gastgeber sind die drei Freunde noch nicht gewesen. "In Nürnberg wächst die Nachfrage aber auch bestimmt immer mehr. Bei uns in der WG ist leider nicht so viel Platz", ärgert sich Sonja und träumt weiter von fernen Ländern und coolen Wohnungen.
Couchsharing: Meine Couch, deine Couch
Die Werbeoffensive der Online-Börse für private Unterkünfte ist besonders den Hoteliers ein Dorn im Auge. "Dieser Zweckentfremdung von Wohnraum sollte entgegengesteuert werden. Denn durch diese Zweckentfremdung geht wertvoller Wohnraum verloren", fordert Claudia Heim vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband in einem aktuellen Positionspapier. Die professionellen Anbieter beklagen sich über eine "Wettbewerbsverzerrung". Schließlich müssten die Privatvermieter keine Sicherheitsstandards einhalten und würden meistens auch keine Steuern auf ihre Einkünfte durch Vermietung bezahlen, ist sich Heim sicher. "Dieser Missbrauch muss stärker kontrolliert werden", fordert Heim die Politik zum Handeln auf.
In der Nürnberger Congress- und Tourismuszentrale sieht man die Sache dagegen entspannter. "Jeder Gast der nach Nürnberg kommt, um sich die Stadt anzuschauen, ist mir lieb und teuer", sagt Yvonne Coulin. Die Geschäftsführerin des Nürnberger Verkehrsvereins glaubt nicht, dass die AirBnB-Gäste eine Konkurrenz für die "normalen Hotels" sind. Schließlich würde diese Zielgruppe besonders die private Atmosphäre und den persönlichen Kontakt zu den Gastgebern suchen und schätzen.
Sharing-Trend: Haben und Teilen
Freilich sei es ein Problem, räumt Coulin ein, wenn Wohnraum via AirBnB dauerhaft und professionell als Ferienunterkunft vermarkten wird. Dann seien schnell Konflikte mit anderen Hausbewohnern vorprogrammiert. In Nürnberg sei dies aber nicht der Fall. In der Frankenmetropole bilden die Geschäftsreisenden mit 70 Prozent der rund 2,8 Millionen Übernachtungen pro Jahr den Löwenanteil der Gäste. Diese würden weiterhin die professionellen Anbieter bevorzugen, ist sich Coulin sicher. Probleme, wie sie die Top-Städte im Tourismus wie Berlin oder New York derzeit erleben, befürchtet Coulin für Nürnberg nicht. In Berlin und New York hätten die Städte bereits Vorschriften erlassen, die diesen Missbrauch von AirBnB eindämmen sollen.
Auch Max Klotter kennt diese Probleme. Er verspricht, dass AirBnB sich immer mehr an Standards und Regeln halten wolle. Der größte Sicherheitspfeiler bei der Online-Plattform sei das Bewertungssystem, mit dem Anbieter und Gäste sich gegenseitig bewerten können. Gleichzeitig wachse die Beliebtheit der Plattform so schnell, dass man alle Probleme nicht von heute auf morgen lösen könne. "AirBnB erfreut sich eines riesigen Zulaufs überall in Deutschland. Die Leute finden diese Art des Reisen derzeit einfach cool", sagt Klotter. Viele Gastgeber freuen sich freilich über die Möglichkeit, mit der Vermietung ihrer Wohnung die steigenden Mietpreise zu bremsen und die eigene Reisekasse zu füllen. Ganz im Sinne des AirBnB-Mottos: weltweit zu Hause.