Wohin ganze Häuser umziehen

2 Min
Mit einem Autokran wird eine Wand des Behelfsheim in Ottenhofen auf den Innenlader gehievt. Foto: Freilandmuseum Bad Windsheim
Mit einem Autokran wird eine Wand des Behelfsheim in Ottenhofen auf den Innenlader gehievt. Foto: Freilandmuseum Bad Windsheim
Mit einer großen Diamantsäge werden die Wände (hier von einem ehemaligen Badhaus in Wendelstein) in vier Teile zersägt. Foto: Freilandmuseum
Mit einer großen Diamantsäge werden die Wände (hier von einem ehemaligen Badhaus in Wendelstein) in vier Teile zersägt. Foto: Freilandmuseum
 
So sah das Behelfsheim aus dem Jahr 1944 an seinem ursprünglichen Standort in Ottenhofen aus (aufgenommen im Jahr 2013). Foto: Freilandmuseum
So sah das Behelfsheim aus dem Jahr 1944 an seinem ursprünglichen Standort in Ottenhofen aus (aufgenommen im Jahr 2013). Foto: Freilandmuseum
 
Heuer im Frühjahr begannen Mitarbeiter des Freilandmuseums mit dem Wiederaufbau an seinem neuen Platz in Bad Windsheim. Foto: Freilandmuseum
Heuer im Frühjahr begannen Mitarbeiter des Freilandmuseums mit dem Wiederaufbau an seinem neuen Platz in Bad Windsheim. Foto: Freilandmuseum
 
Bis zum 24. September wird das Behelfsheim außen und innen so originalgetreu wie möglich wiederhergestellt. Foto: Matthias Litzlfelder
Bis zum 24. September wird das Behelfsheim außen und innen so originalgetreu wie möglich wiederhergestellt. Foto: Matthias Litzlfelder
 
Das Behelfsheim hat seinen Platz im Freilandmuseum zwischen anderen Gebäuden gefunden. Selbst einen Strommast auf dem Dach besitzt es erneut wieder. Foto: Matthias Litzlfelder
Das Behelfsheim hat seinen Platz im Freilandmuseum zwischen anderen Gebäuden gefunden. Selbst einen Strommast auf dem Dach besitzt es erneut wieder. Foto: Matthias Litzlfelder
 
Windfang und Toilettenhäuschen des Behelfsheims warten noch in der Nähe, dass sie wieder angebaut werden. Foto: Matthias Litzlfelder
Windfang und Toilettenhäuschen des Behelfsheims warten noch in der Nähe, dass sie wieder angebaut werden. Foto: Matthias Litzlfelder
 
Museums-Zimmerer Leif Henninger baut einen neuen Holzfußboden in das Behelfsheim ein. Foto: Matthias Litzlfelder
Museums-Zimmerer Leif Henninger baut einen neuen Holzfußboden in das Behelfsheim ein. Foto: Matthias Litzlfelder
 
Markus Rodenberg zeigt im Inneren des Behelfsheims auf "Wandmalereien", die Kinder beim Leerstand des Hauses angebracht haben. Foto: Matthias Litzlfelder
Markus Rodenberg zeigt im Inneren des Behelfsheims auf "Wandmalereien", die Kinder beim Leerstand des Hauses angebracht haben. Foto: Matthias Litzlfelder
 
Hauswand im Behelfsheim: Ziel der Museumsleute ist es, das Originalmuster offenzulegen. Die verschiedenen sechs Schichten, die darüber liegen, werden großflächig (bis auf eine Dokumentationsstelle mit allen Mustern) entfernt. Foto: Matthias Litzlfelder
Hauswand im Behelfsheim: Ziel der Museumsleute ist es, das Originalmuster offenzulegen. Die verschiedenen sechs Schichten, die darüber liegen, werden großflächig (bis auf eine Dokumentationsstelle mit allen Mustern) entfernt. Foto: Matthias Litzlfelder
 
Markus Rodenberg zeigt, wie Wände anderer Häuser auf dem Areal des Freilandmuseums zwischengelagert werden. Sie warten noch auf den Wiederaufbau. Foto: Matthias Litzlfelder
Markus Rodenberg zeigt, wie Wände anderer Häuser auf dem Areal des Freilandmuseums zwischengelagert werden. Sie warten noch auf den Wiederaufbau. Foto: Matthias Litzlfelder
 
Museumsdirektor Herbert May Foto: Matthias Litzlfelder
Museumsdirektor Herbert May Foto: Matthias Litzlfelder
 
Markus Rodenberg vor "seinem" Behelfsheim Foto: Matthias Litzlfelder
Markus Rodenberg vor "seinem" Behelfsheim Foto: Matthias Litzlfelder
 
Zimmerer Leif Henninger zeigt eine Stelle an der Hauswand, wo das Haus zersägt wurde. Sie ist schon wieder zugeputzt. Foto: Matthias Litzlfelder
Zimmerer Leif Henninger zeigt eine Stelle an der Hauswand, wo das Haus zersägt wurde. Sie ist schon wieder zugeputzt. Foto: Matthias Litzlfelder
 

Mehr als 100 Objekten hat das Freilandmuseum in Bad Windsheim schon eine Überlebenschance geboten. Jetzt ist wieder ein Haus dorthin versetzt worden.

Was bei Menschen nichts Ungewöhnliches ist, mutet bei Häusern etwas befremdlich an. Ein Umzug ist im Leben eines Hauses eigentlich nicht vorgesehen. Stein auf Stein steht es an seinem Platz für die Ewigkeit - oder bis das Abbruchunternehmen auf dem Grundstück steht.
Bei den Gebäuden auf dem 45 Hektar großen Areal des Freilandmuseums im mittelfränkischen Bad Windsheim ist das anders. Sie wurden hierher transloziert, wie der Fachmann sagt. Rund 115 Objekte sind es mittlerweile, seit das Freilandmuseum 1982 seine Tore geöffnet hat.


Vor Ort sanieren ist die bessere Lösung

Sie zeigen das kulturelle Erbe des ländlichen Frankens aus sieben Jahrhunderten. "Wir retten ein Gebäude, wenn es in unser Konzept passt. Wahllos bauen wir es nicht ab", sagt Museumsdirektor Herbert May.
Wenn es eine Möglichkeit gebe, dass das Haus vor Ort denkmalschutzgerecht saniert werde, sei dies immer die beste Lösung.
Oft kämen Angebote vom Landesamt für Denkmalpflege. Es sind Hinweise auf Häuser, die dem Verfall preisgegeben sind, weil der Eigentümer sie nicht sanieren will. Manchmal meldeten sich auch Privatleute. Und schließlich verfolge man ganz gezielt, wie sich interessante Häuser in der Region entwickeln. Kaufen muss das Museum solche Häuser nicht. Nicht wenige Eigentümer sind froh, wenn sie ihr Grundstück anschließend ohne Abbrucharbeiten nutzen können.


Erbaut 1944 - und schon von Interesse

Dass inzwischen in Bad Windsheim nicht nur Häuser eine Bleibe finden, die einige hundert Jahre alt sind, zeigt das jüngste Projekt. "Ein Behelfsheim aus dem 20. Jahrhundert, aber das ist uns wichtig", sagt der Museumsleiter.
Dieses Haus stand in Ottenhofen, einem kleinen Dorf nur wenige Kilometer von Bad Windsheim entfernt. Im Dezember begannen die Museumsleute mit dem Abbruch, nachdem zuvor zwei Jahre intensiv an dem Gebäude geforscht wurde. Ein großes Sägeblatt frisst sich dabei durchs Mauerwerk und zerlegt das Haus in seine vier Wände, die dann auf Eisenträger gestellt und mit Holzbrettern verschalt nebst Dach von einem Autokran auf einen sogenannten Innenlader gehievt werden.


Eröffnung am 24. September

Inzwischen ist das überschaubare Häuschen fast schon wieder aufgebaut. Bis zur Eröffnungsfeier am 24. September im Freilandmuseum baut Museums-Zimmerer Leif Henninger derzeit noch einen neuen Fußboden ein. Die Inneneinrichtung werde dann ziemlich originalgetreu präsentiert werden, erzählt Markus Rodenberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Museum. Er ist Spezialist, wenn es um die Geschichte des Hauses geht. "Behelfsheime wurden zwischen 1943 und 1945 im gesamten Reichsgebiet gebaut, um den durch den Luftkrieg obdachlos gewordenen Menschen ein vorübergehendes Zuhause zu bieten", berichtet Rodenberg. Sie hatten eine Fläche von 4,1 mal 5,1 Meter gehabt. Die Toilette war außerhalb in einem Holzanbau untergebracht.


Viele wurden umgebaut oder verändert

Groben Schätzungen nach gab es in Deutschland rund 100 000 dieser Gebäude. Noch heute existieren viele. "Leider nahezu alle überformt", sagt Rodenberg. Überformt, das heißt umgebaut, aufgestockt oder sonst irgendwie verändert. Der Wissenschaftler hat viel recherchiert. Ein Behelfsheim in diesem Zustand, nahezu unverändert, mit originaler Einrichtung und Zeitzeugen, die darin gelebt haben, sei eine Besonderheit. "Dieses Haus ist ein wertvolles Dokument, das wir so auch nicht mehr kriegen."


Gesucht: eine Baywa-Halle und ein kleines Rathaus

Aufgrund seiner Größe wurde es in kürzester Zeit wieder aufgestellt. Andere Häuser warten dagegen jahrelang auf ihre Neupräsentation im Museum. Derzeit sind es 15 Objekte. Selbst für weitere Gebäude wäre noch Platz vorhanden. Aber Museumsleiter May hat konkrete Vorstellungen. "Wir haben keinen Bedarf mehr an reinen Bauernhäusern." Stattdessen sucht er nach einem kleinen Rathaus aus dem 18. Jahrhundert, einem Aussiedlerhof sowie einer Baywa-Halle aus dem vorigen Jahrhundert. Auch ein Trafohäuschen wäre interessant. "Ein bisschen Jugendstil oder Fachwerk" sollte aber dran sein.