Obernburg: Traditionshersteller Enka stellt Produktion ein - 237 Jobs fallen weg
Autor: Ellen Schneider
Obernburg am Main, Dienstag, 14. Januar 2025
Knapp 100 Jahre produzierte der Viskose-Hersteller Enka in Obernburg am Main - nun soll damit Schluss sein. Mehr als 230 Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Wie geht es mit der Firma weiter?
Nach knapp einem Jahrhundert gibt es einen tiefen Einschnitt in der Firmengeschichte des Viskose-Herstellers Enka: Wie das Unternehmen bekannt gibt, soll das Werk im Industrie Center Obernburg (ICO) in Obernburg am Main (Landkreis Miltenberg) bis September 2025 stillgelegt werden. Da es sich dabei um den einzigen Produktionsstandort handle, ende damit auch die Geschichte des Unternehmens "in der jetzigen Form", bestätigt Geschäftsführer Wolfgang Menrath im Gespräch mit inFranken.de.
Damit ist Enka nicht allein - zahlreiche Unternehmen in Franken straucheln aktuell. Der Autozulieferer Valeo kündigte vor einigen Wochen umfangreiche Maßnahmen an, genauso wie Brose. Eine traditionsreiche Christbaumschmuck-Fabrik aus Roth muss sogar um ihren Fortbestand bangen.
Bis September 2025: Enka-Werk in Obernburg am Main wird stillgelegt
Wie und ob es nach der Stilllegung für Enka weitergeht, ist bisher unklar. Aktuell könne er sich kein anderes Geschäftsmodell für das Unternehmen vorstellen, sagt Menrath. Auch für die Angestellten wird sich einiges ändern: Mit der Werksschließung werden 237 Arbeitsplätze aufgegeben - "gemäß den bestehenden Kündigungsfristen", heißt es in der Mitteilung des Unternehmens. Im Rahmen eines Sozialplans seien außerdem Abfindungen angedacht.
Aktuelle Lieferverträge werden demnach noch erfüllt - bis Ende September 2025 wolle man die Produktion Schritt für Schritt reduzieren. "Dabei wird insbesondere Rücksicht auf die am Standort Obernburg ansässigen Zulieferer und Geschäftspartner genommen, um deren Fortbestand und den Erhalt des Industriestandorts zu unterstützen", betont das Unternehmen.
Bei Viskosegarnen handelt es sich um Chemiefasern. "In der Textilindustrie setzen Stoffhersteller und Seidenweber diese Garne für hochwertige Bekleidung ein", erklärt das unterfränkische Unternehmen. Aber auch in medizinischen und technischen Anwendungsgebieten komme das Garn zum Einsatz.
Immer weniger Aufträge: Fränkischer Viskose-Hersteller spürt internationale Konkurrenz
Die Produktion in Obernburg zu beenden, "fällt uns außerordentlich schwer", betont Menrath. "Doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zwingen uns, diesen Weg zu gehen." Zu intensiv sei der Wettbewerb auf dem Viskosemarkt, der von indischen und chinesischen Herstellern dominiert werde. "Diese produzieren Viskose zu deutlich geringeren Kosten, aufgrund größerer Fabriken mit Effizienzvorteilen, niedrigeren Löhnen, staatlichen Subventionen und deutlich geringeren Umweltauflagen", betont Enka.
Schon seit mehreren Jahrzehnten verschlechtere sich die Auftragslage bei Enka dadurch. In den vergangenen 18 Monaten habe sich dieser Trend nochmals dramatisch verstärkt.