Zwei Jugendliche schnippen Zigarettenkippen in Lichtenfelser Taxi

3 Min
Ein kurioser Fall von gefährlicher Körperverletzung wurde am Lichtenfelser Amtsgericht verhandelt. Symboldbild: Christopher Schulz
Ein kurioser Fall von gefährlicher Körperverletzung wurde am Lichtenfelser Amtsgericht verhandelt.  Symboldbild: Christopher Schulz

Der Fahrer verbrennt sich das Augenlid dabei: Zwei junge Männer werden zu Arbeitsstunden und Projektarbeit verurteilt.

Eine Verbrennung am Augenlid erlitt am 9. April 2018 ein Lichtenfelser Taxifahrer. Zwei junge Männer schnippten Zigarettenkippen durchs Autofenster gegen sein Gesicht. Weil sie trafen und weil die Staatsanwaltschaft von Absicht ausging, hatten die beiden Männer am Montag einen Prozesstermin.

18 und knapp 19 Jahre alt waren die beiden jungen Lichtenfelser, die im Saal 14 gelegentlich Unmut über ihr Verfahren äußerten. Die beiden Lichtenfelser brachten vor, dass sie zwar ins Auto treffen wollten, nicht aber den Fahrer. Zudem habe der Vorfall eine Vorgeschichte gehabt, die mit Frust über eine Zurückweisung zusammenhing. Doch allein um diesen Vorfall ging es nicht, denn Staatsanwältin Dominique Amendt hatte noch eine zweite Anklage zu verlesen gehabt, die dem knapp 19 Jahre alten Beschuldigten die Beleidigung eines Polizisten vorwarf.

Streit ums Fahrgeld

Alles habe damit begonnen, so die beiden Jugendlichen, dass sie in besagter Aprilnacht an einer Tankstelle mit einem Taxifahrer in Streit gerieten. Es sei um Fahrgeld gegangen, Worte wurden gewechselt, dann habe man sich getrennt. Der Taxifahrer sei irgendwann wieder ins Auto gestiegen, die Beschuldigten selbst hätten zu diesem Zeitpunkt mit einem weiteren Kumpel auf einer an der Straße gelegenen Bank gesessen und getrunken. Als der Taxifahrer sich ihnen wieder näherte, habe er gehalten und sei ausgestiegen. Dabei habe er einen Gegenstand in Händen gehalten, in dem die Jugendlichen ein Messer zu erkennen glaubten. Wie sich herausstellen sollte, handelte es sich bei dem Gegenstand wohl eher um einen Regenschirm, aber die jungen Männer zog es zum Melden in die nahe Polizeiwache.

"Ich habe mich bedroht gefühlt, dann sind wir zur Polizei gegangen. Dort sind wir aber nicht ernst genommen worden, weil wir betrunken waren", erklärte der knapp 19-Jährige. Diesen Frust über das Nichternst-genommen-werden nahmen die beiden Männer eigener Aussage zufolge mit in die Lichtenfelser Innenstadt, wo sie den Taxifahrer erneut anriefen und zu sich bestellten.

Der kam auch und dann folgten Beleidigungen, Tritte gegen das Fahrzeug und eben das Zigarettenschnippen durch das Fenster.

Tatsächlich richteten die Zigaretten eine Verbrennung am Augenlid und starke Schmerzen an. "Wir wollten ins Auto treffen, nicht den Mann", versicherte der knapp 19-Jährige abermals. Der Taxifahrer selbst zeigte während seiner Vernehmung wenig Belastungseifer und auch daraus schloss der beinahe 19-Jährige, dass man den Fall doch auf sich beruhen lassen sollte.

Beide über ein Promille

Ihm setzte Richterin Ulrike Barausch auseinander, dass es in den Händen einer Staatsanwaltschaft liegt, einen Fall zu verfolgen oder auch nicht. Beide Beschuldigten, auch das kam zur Sprache, hatten zum damaligen Tatzeitpunkt dem Alkohol zugesprochen und über ein Promille. Der 18-Jährige gestand ein, dass sein Verhalten einer "Kurzschlussreaktion" geschuldet war. "Es war dumm", so der Teenager.

Die erste Dummheit, das ergab ein Blick in sein Erziehungsregister, war das allerdings nicht. Schon mehrfach trat er in Erscheinung, u. a. wegen Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch. Ähnlich sein mitangeklagter Kumpel, der sich am 22. April gegen 3.50 Uhr eine Beleidigung leistete. Als eine Polizeistreife an ihm vorbei fuhr, soll er mit erhobenem Arm "ACAB" gerufen haben. Hierbei handelt es sich um die Abkürzung des in USA gebräuchlichen Ausdrucks "All Cops are Bastards" (alle Polizisten sind Bastarde). Dies gerufen zu haben, bestritt der knapp 19-Jährige, vielmehr sei es so gewesen, dass er ein Lied mitgesungen habe, in welchem diese Zeile vorkomme und außerdem hätte der Slogan auch "acht Cola, acht Bier" bedeutet.

Richterin Barausch hielt dem Beschuldigten entgegen, dass er, als er von der Polizei angehalten und darauf angesprochen wurde, dieser noch versicherte, sie nicht zu mögen. "Mein Gott, man muss doch auch mal was einstecken können, ist doch kein Fall für ein Gericht - das sehe ich jedenfalls so", entgegnete der Angeklagte und erntete von Barausch lediglich ein "Interessant". Sie hielt dem jungen Mann "uneinsichtiges Verhalten" vor. "Reue kann ich bei Ihnen nicht sehen und so recht im Leben angekommen sind Sie beide nicht", so die Richterin, die den beiden Jugendlichen auch vorhielt, dass diese herumlungerten und schulisch wie beruflich nicht viel auf den Weg gebracht hätten. Tatsächlich sollte der bald 19-Jährige auch Beschwerde führen, als Staatsanwältin Amendt in seinem Fall auf 60 Arbeitsstunden plädierte. "Ich finde es unfair [...], weil der Taxifahrer seine Anzeige ja zurückgezogen hatte. Ich hätte schon einen Freispruch erwartet." Mit dem Freispruch sollte es nichts werden.

Im Namen des Volkes

Wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung erging an seinen Mitangeklagten das Urteil über 70 Arbeitsstunden sowie eine verpflichtende Teilnahme an einem Projekt zur Persönlichkeitsentwicklung. Der noch 18-Jährige wurde wegen des gleichen Tatbestands sowie Beleidigung zu 50 Arbeitsstunden verurteilt, überdies zu einer dreimonatigen Teilnahme am gleichen Projekt. Damit blieb das Urteil nur knapp unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Ahndung.