Kaum größer als Hessen und im Schatten des öffentlichen Bewusstseins - zwei Frauen aus dem Landkreis Lichtenfels beschreiben, warum sie den Menschen in Gambia helfen wollen.
Es fing mit einer Brieffreundschaft an: 2007 begannen Ulrike Weber und ein Lehrer aus Gambia sich zu schreiben. Und aus einer Freundschaft ist heute ein Netzwerk der Hilfe geworden - getragen von einem Verein: "project-gambia-direct".
Denn nur helfen wollen allein genügt nicht, man muss ein System aufbauen, wenn man Freunden über Tausende von Kilometern Unterstützung zukommen lassen möchte. Ulrike Weber arbeitet als Heilpraktikerin in Coburg und ist eine Freundin von Christine Ziegmann, die als Masseurin in der Obermaintherme in Bad Staffelstein arbeitet. Sie war mit dabei, als diese Freundschaft real wurde: Im Januar 2012 reiste sie zusammen mit Ulrike Weber in das kleine afrikanische Land, zu Lamin, dem Lehrer. Mit dabei hatten sie Schuhe und homöopatische Medizin: "Bei 20 Kilo Gepäck muss man da ganz schön haushalten", erinnert sich Christine Ziegmann.
"Es ist einfach etwas ganz anderes zu helfen, wenn man die Leute persönlich kennt", betont sie. Es gibt eigentlich nichts, was die Menschen in Gambia nicht gebrauchen könnten. Das Staatsgebiet zieht sich länglich am Fluss Gambia entlang, das Land hat keine Rohstoffe, sondern lebt von der Landwirtschaft und zu einem geringen Maß vom Tourismus. Es existiert kaum eine medizinische Versorgung, oft haben die Einwohner nicht einmal Schuhe, um ihre weiten Wege auf dem heißen Sand zwischen Abfall und Scherben sicher zu Fuß zurücklegen zu können.
Aufbau von Strukturen Bald kam die Erkenntnis, dass man ohne Strukturen schwer handeln kann. "Es ist ja nicht mit der Spende allein getan", sagt Jasmin Schardt, die aus Weismain stammt. Einen Ansprechpartner vor Ort hatte man in Lamin gefunden, der die Sachen zuverlässig weiterleitet, die meist als Hilfslieferung per Paket kommen.
Doch man kam auf Dauer nicht darum herum, einen gemeinnützigen Verein zu gründen, auch um die Lieferungen auf richtigen Wegen sicher ans Ziel bringen zu können: "Bis jetzt ist alles angekommen", sagt Jasmin Schardt. Inzwischen ist die Zahl der Mitglieder auf 17 angewachsen. Zum großen Teil stammen die Leute aus den Landkreisen Lichtenfels und Coburg.
Aber die Not in dem kleinsten Land Afrikas wächst. "Das Land driftet politisch zurzeit etwas ab. Jetzt ist Arabisch statt Englisch die Amtssprache." Staatspräsident Yahya Jammeh agiere fast im Stile eines Diktators. "Wir müssen nun verstärkt nach Lösungen suchen, dennoch Pakete und Medizin zu senden, um die Menschen durch den durch Inflation und Repressionen massiv steigenden Hunger und die Krankheiten zu bringen, bis sich die Situation hoffentlich wieder entspannt."
Warum schließt man sich nicht einer großen Hilfsorganisation an? "Ich war ja
drüben, dann ist das alles ganz anders, es sind wie Bekannte", sagt Christine Ziegmann.
Den Horizont erweitern Gambia sei sehr klein und werde deshalb von oft etwas links liegen gelassen, sagt Jasmin Schardt. "Wir wissen, es kommt an, und wir bestimmen, was damit gemacht wird. Damit erweitert man ja auch seinen eigenen Horizont und bekommt auf sehr vielschichtige Art etwas zurück. Wir haben das Glück, in Deutschland geboren worden zu sein. Man entwickelt eine Grunddankbarkeit und eine differenzierte Sichtweise auf sich selber und sein Umfeld." Auch wer kein Mitglied wird, kann helfen: "Pakete senden kann jeder selbst oder in einer Gemeinschaft organisieren, etwa ein Kindergarten mit gleichzeitigem Sammeln von Porto-Geld. Die Kontakte zu einem Kindergarten dort oder Privatpersonen geben wir gerne auf Anfrage bekannt."