Es muss nicht immer Kirchenmusik sein, die aus der imposanten Orgel der Bad Staffelsteiner Pfarrkirche ertönt.
Das Quartett "Concerto Antiquato" entlockte am Sonntagabend den Orgelpfeifen der Bad Staffelsteiner Pfarrkirche zauberhafte Klangwunder. Die Kirche war erfüllt von einem wunderbaren Zauber. Verzückte und verträumte Gesichter allenthalben.
Um beim Stichwort Wunder zubleiben, war es sehr verwunderlich, dass die Kirche nicht voll besetzt war trotz freiem Konzerteintritt. Überhaupt war das Publikum überwiegend weiblich und etwas älter. Auf den Punkt gebracht: trotz jungen Ensembles fehlte das jugendliche Publikum. Aber davon ließen sich die vier gutgelaunten Musiker aus Japan nicht beeindrucken. Im Gegenteil strahlten sie Freude aus auf ganzer Linie: Marina Kakuno und Soko Yoshida an den Barockgeigen. sowie Yosuke Kurihara an der historischen Barockposaune und Mimoe Todo an der Orgel.
Feierlich betraten sie den Vorraum des Altars und stellen sich vor mit den Worten "die italienischen Werke, die wir heute spielen, folgen dem Prinzip 'Cantare et sonare'. Singen und Klingen lassen". Das würde bedeuten, so Mimoe Todo "immer wenn man das Gefühl hat, innerlich mitsingen zu wollen, ist das im Sinne dieser Musik". Die Musiker haben sich in Tokio kennengelernt und seitdem spielen sie zwar in wechselnden Formationen, aber immer wieder miteinander. Yosuke Kurihara der Posaunist lebt in Bamberg und hat an der Kunsthochschule Bremen studiert. Todo studierte Musik an der Nürnberger Hochschule. Bei Auftritten in Tokio haben sie die beiden Geigerinnen kennengelernt. Harry Riess vom Förderverein Alte Schule Loffeld ist mit allen befreundet und hat das Konzert initiiert.
Ihren Einklang und ihr ausgewogenes Zusammenwirken beweisen sie mit barocken Werken italienischer Komponisten. Ruhig und getragen bis hin zum Forte interpretieren sie virtuos in wechselnden Stimmen die Sonata 13 von Giusseppe Scarani (1628-1674. Die Geigen schwirren voraus, die Posaune hinterher und untermalend fröhlich die Orgel. Im zweiten Teil erklingen sie zusammen melancholisch bedächtig, nachdenklich fragend nach dem Warum. Schnell und fröhlich, aber bestimmend das Gegenspiel der Geigerinnen, die die Lösung anbieten: Ja, so soll es sein, und die zweite Violine scheint zu folge. Nach dem fulminanten Ende des Werks traute sich vor Ergriffenheit niemand, zu klatschen.
Was zunächst nach schwerer Kost klingt, ist die "Sonata a tre" von Ciovanni Paolo Cima. Er war einer der führenden Musiker in Mailand. Von 1595 bis 1630 war er Musikdirektor und Organist an der Kirche S. Celso. Kuriharas Posaune erklingt zunächst in Lento samtweich dann im Forte voller Verzweiflung als Solo, und Todos Orgelspiel untermalt als tragende Stimme Die beiden Violinen setzen ein mit wundervoller Harmonie und Brillanz.
Frescobaldi ist besonders für seine Kompositionen für Tasteninstrumente wie die Toccaten bekannt, die aus verschiedenen kleinen Abschnitten von unterschiedlichem Charakter und Affekt bestehen. Beim "Toccata prima a Cembalo" solo lässt Todo die Staffelsteiner Orgelpfeifen in voller Pracht ertönen. Umso abwechslungsreicher und glockenrein, lieblich süß fast himmlisch-zärtlich gestrichen das Violin-Solo von Marina Kakuno in der "Sonata soconda a violino" solo von Giovanni Battista Fontana - was für ein Hörgenuss. Affekte der unterschiedlichsten Art und die kleinteilige Struktur der Sonaten geben der Solistin Raum für drastische Affektdarstellung. Kakuno brilliert zwischen Verzweiflung und Zorn, mit langgezogenen Vorhaltsdissonanzen und rasch aufsteigenden Läufen, die tirate, sind der rhetorischen Fantasie der Interpretin keine Grenzen gesetzt.
Das Partiturbuch Ludwig ist eine Sammlung von Instrumentalstücken des 17. Jahrhunderts, die der Gothaer Musiker und Schreiber Jakob Ludwig seinem früheren Arbeitgeber Herzog August II. von Braunschweig-Wolfenbüttel zu dessen 83. Geburtstag überreichte. Es war zwar für die Musikpraxis unbrauchbar, aber darin enthalten auch die Ciaccona a tre. Diese ist ein Tanzstil, der seine Blüte im späten 16. bis 18. Jahrhundert hatte. Typisch ist ein Ostinatobass mit einem sich ständig wiederholenden vier bis acht Takte dauernden Harmonieschema voller Wildheit und Lebenslust, von den vier Künstlern raffiniert umgesetzt.
Biagio Marini war ein italienischer und Violinist und Komponist des Barock. In vollkommener Harmonie schwebten die vier Künstler wie in einer anderen Welt, als sie von La Foscarina, Sonata a tre in völliger Selbstvergessenheit spielen.
Feierlich wechselnde Marschklänge in der "Sonata undecima a quattro" von Marco Uccellini lassen ein freudiges Ereignis ahnen bis hin zum fulminanten euphorischen Schluss. Der sonntägliche Ohrenschmaus wurde belohnt mit nicht enden wollendem Applaus.