Wohnprojekte für Asylbewerber: Unerwünscht im Kreis Lichtenfels?

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Zwei Anträge gab es zum Bau von Asylbewerberunterkünften im Landkreis Lichtenfels - und zwei Ablehnungen. Aus baurechtlichen Gründen, sagen die Stadträte. Geeignete Alternativstandorte wurden dem Bauinteressenten nicht vorgeschlagen.

Martin Schramm wollte Wohnblocks für Asylbewerber bauen. Er will es eigentlich immer noch. Aber an zwei Standorten - in Bad Staffelstein und Lichtenfels - wurde sein Vorhaben bereits abgelehnt. Aus baurechtlichen Gründen. Das seien sachliche Umstände, in die man "nichts hineingeheimsen" sollte, sagte dazu der Landrat. Der Standort im Gewerbegebiet Lichtenfels-Mainau wurde abgelehnt, weil im Bebauungsplan dort keine "Anlagen für soziale Zwecke" zugelassen sind. Der Bauausschuss wollte das auch nicht ändern, weil er dieses Areal für die gewerbliche Entwicklung der Stadt für wichtig hält.

Dass die Entscheidung bei den Stadträten liegt, wusste Martin Schramm. Was er nicht wusste, als er sich in die Planung vertiefte, ist der Umstand, dass jenes Grundstück nicht für soziale Zwecke bestimmt ist. Dabei hatte er sich im Vorfeld im Bauamt der Stadt Lichtenfels informiert - und ausdrücklich nach einem Grundstück erkundigt, wie er betont, auf dem er sein Vorhaben sofort umsetzen könne. Wäre ihm bei dieser vorausgehenden Besprechung ein Hinderungsgrund genannt worden, hätte er nicht Zeit und mehrere Tausend Euro in die Planung investiert.

Als er von jenem baurechtlichen Haken in Kenntnis gesetzt wird, steht die Abstimmung kurz bevor. "Enttäuscht ist gar kein Ausdruck", beschreibt Martin Schramm, wie er sich da fühlt. Trotzdem sagt er: Vielleicht sei der Zusatz über die Zweckbestimmung bei dem Vorgespräch eben übersehen worden, jeder mache mal einen Fehler. Doch die Alternativvorschläge, die Bürgermeister An dreas Hügerich (SPD) in Aussicht stellte, sind auch zehn Tage nach der Sitzung nicht bei dem Bauinteressenten angekommen. Im Vorfeld angesprochene Grundstücke, die sich für eine Wohnbebauung als gänzlich ungeeignet herausstellten, sind keine Alternativen.


Wohnungen und Arbeit

Nach der Ablehnung freuen sich Menschen im Internet da rüber. Sie werfen dem Unternehmer vor, mit der Not der Flüchtlinge Geld machen zu wollen. Schramm weiß davon. "Es ist leicht, aus dem Dunkel des Internets selbst hehre Ziele in den Dreck zu ziehen", lautet sein Kommentar dazu. Selbstverständlich habe er als Bauunternehmer kaufmännische Ziele. Gleichzeitig wolle er im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise leisten. Er sei tätig geworden, nachdem ständig darüber berichtet wurde. Und nachdem die Kreisverwaltung vor diesem Hintergrund wegen der Nutzung der firmeneigenen Lagerhallen in Seubelsdorf bei ihm angefragt hatte.

Schramm rechnet hoch, wie viele Asylbewerber im Landkreis Lichtenfels wohl noch unterzubringen sein werden und beginnt mit der Planung zweier Wohnblocks. "Eine Investition von fast vier Millionen Euro." Das wären würdige Wohnungen mit durch die modulare Bauweise veränderbaren Grundrissen. Altenpflege wäre darin später auch einmal denkbar, merkt er an. Er würde sie auf eigene Kosten und Risiko errichten. Er stellt darüber hinaus Flüchtlingen auch Ausbildung und Arbeit in seinem Betrieb in Aussicht.

Ein weiteres Argument, das er anführt: Da Einrichtungen mit über 50 Bewohnern direkt von der Bezirksregierung betreut und auf die Unterbringungszahlen des Landkreises angerechnet werden, würde dies zu einer Entlastung der Mitarbeiter des Landratsamtes führen.

Inzwischen vermutet Martin Schramm aber, dass im Grunde der politische Wille für den Bau einer Gemeinschaftsunterkunft fehlt. Weil er dennoch überzeugt davon ist, dass die Wohnungen gebraucht werden, will er am Ball bleiben, Möglichkeiten prüfen lassen: "Ich gebe da nicht auf."


Haus der Maiacher Stiftung bleibt bis Ende 2016 Asylbewerberunterkunft

Die Zuweisungen an Asylbewerbern, die zumindest für die Dauer ihrer Verfahren im Landkreis bleiben, werden vermutlich zunehmen. Die Redaktion fragte Landrat Christian Meißner (CSU) nach seiner Einschätzung des künftigen Bedarfs an Unterbringungsmöglichkeiten.

Ist das Kontingent an verfügbarem Wohnraum entsprechend groß, so dass Sie auch auf Dauer keinen Bedarf an einer neu zu bauenden Unterkunft im Landkreis sehen?
Aktuell haben wir noch ausreichend dezentrale Unterkünfte zur Verfügung. Wir prüfen fortwährend die uns vorliegenden Angebote von möglichem Wohnraum im Landkreis.
Bei einer Eignung - hier spielen viele Faktoren eine Rolle - mietet der Landkreis im Namen des Freistaates Bayern diese Wohnungen nach Bedarf an. Da wir nicht wissen, wie viele Wohnungen künftig noch benötigt werden, können wir auch keine abschließende Aussage tätigen, ob wir genügend Wohnraum haben. Aktuell ist ausreichend Wohnraum vorhanden.

Gibt es Überlegungen für die Nutzung eines bestimmten Areals zu diesem Zweck?
Wenn ein privater Investor eine Unterkunft plant oder baut, dann wird diese höchstwahrscheinlich als Gemeinschaftsunterkunft konzipiert sein und mehr als 50 Personen beherbergen können. Für Gemeinschaftsunterkünfte ist die Regierung von Oberfranken zuständig. Sie schließt auch Verträge mit den Eigentümern. Der Landkreis selbst plant keinen Bau einer dezentralen Unterkunft. Geplant ist lediglich der Bau einer Notunterkunft beim Kreisbauhof in Bad Staffelstein, die aber nur für die kurzzeitige Unterbringung von 150 Flüchtlingen von zwei bis fünf Tagen konzipiert ist. Ziel ist es, dass damit die Schulturnhallen in Lichtenfels und Ebensfeld wieder für den Vereinssport freigegeben werden können beziehungsweise nicht mehr als Notunterkunft benötigt werden.

Wie hoch wäre die Aufnahmekapazität im Gebäude Maiacher Stiftung maximal, und könnte man mit einer erneuten Verlängerung der vorübergehend vereinbarten Nutzung rechnen?
In der Maiacher Stiftung können bis zu 300 Personen untergebracht werden. Aktuell wurde mit dem Lichtenfelser Bürgermeister Andreas Hügerich vereinbart, diese Räumlichkeiten bis Ende 2016 zu nutzen. Ob und wie eine Verlängerung der Nutzung über diesen Zeitpunkt hinaus aussehen könnte, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Unter anderem spielen hierbei auch mögliche Planungen der Stadt Lichtenfels zur Nachnutzung eine Rolle.


Baurecht in der Flüchtlingskrise

Der Gesetzgeber hat im vergangenen Jahr dem Bedarf zur Unterbringung von Flüchtlingen insofern eine gewisse Priorität eingeräumt, als er beispielsweise für solche Zwecke auch die Möglichkeit einer Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplanes einräumte. Die Planungshoheit bleibt aber in den Händen der Stadt/Gemeinde.

Die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens ist nur rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung von Ausnahmen und Befreiungen nicht vorliegen, oder wenn die Gemeinde bei ihrer Ermessensausübung sachdienliche Gründe für die Versagung darlegen kann. Dies ist der Fall, wenn sie beispielsweise andere Planvorstellungen über die Entwicklung des betreffenden Baugebietes hat.

Das Landratsamt kann als Genehmigungsbehörde ein versagtes gemeindliches Einvernehmen ersetzen - aber nur dann, wenn es von der Stadt oder Gemeinde rechtswidrig versagt wurde.
Dies gilt für jede Art von Bauvorhaben, also auch für Asylbewerberunterkünfte, und ist immer eine Einzelfallentscheidung.

Es gibt derzeit keine rechtliche Handhabe der Bezirksregierung in Bayreuth, Kommunen zu zwingen, Asylbewerberunterkünfte zuzulassen, wenn deren Ablehnung auf Gründen des Baurechts fußt. Sogar als die Regierung selbst in einer oberfränkischen Gemeinde ein leerstehendes Hotel anmieten und als Flüchtlingsunterkunft nutzen wollte, musste sie das Nein des Gemeinderates hinnehmen. "Die Frage ist: Wie lange können wir uns das noch leisten?", so ein Regierungssprecher dazu. Man werde sicher mehr Unterkünfte brauchen.