Weihnachtsfrieden im Kloster

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Feiern Weihnachten in Vierzehnheiligen: (von links) Tetiana, Sofia, Nikita, Darina und Zakhar Foto: Markus Häggberg
Feiern Weihnachten in Vierzehnheiligen: (von links) Tetiana, Sofia, Nikita, Darina und Zakhar Foto: Markus Häggberg

Die fünfköpfige Familie Cherkasov aus der Ostukraine ist im Mutterhaus der Franziskusschwestern in Vierzehnheiligen untergekommen. Trotz ihrer schwierigen Situation sind die Cherkasovs offen für das Kommende.

Es war einmal eine Familie, die machte sich wegen Gefahr auf den Weg in ein fernes Land - ein Stoff, in den Weihnachten gehüllt ist. Flucht ist auch der Rahmen, der die Lebensumstände der Familie Cherkasov umgibt. An Weihnachten glaubt sie aber dennoch. Oder vielleicht gerade darum?

Ägypten oder Bethlehem? Zakhar Cherkasov und Tetiana Cherkasova wissen derzeit nicht so genau, welcher Vergleich auf Deutschland und Vierzehnheiligen besser zutrifft. Für Maria und Josef war Ägypten nur sichere Station auf dem Weg zum Ziel Bethlehem. Für Cherkasovs ist nicht klar, ob Deutschland bzw. der Landkreis nur Station oder schon Ziel sein soll. Das liegt daran, dass das Herz zu den Eltern und Freunden in die Ukraine zieht, die Vernunft aber um der drei Kinder Willen zum Frieden Deutschlands strebt.

Hier, im Mutterhaus der Franziskusschwestern, herrscht Frieden, ein Frieden von der Sorte, der noch milder ist als der übliche Frieden: kaum
Lärm, Ordensschwestern, Orte der Besinnung und des Gebets, Natur, eine Bibliothek, feste Essenszeiten und Betreuung. Ein Zimmer als Gemeinschaftsraum, ein kleines Appartement, eine Gemeinschaftsküche stehen der fünfköpfigen Familie zur Verfügung.

Dennoch sagt man dem 33-jährigen Zakhar eine gewisse Unruhe nach. Der Mann will arbeiten, nutzt alle Gelegenheiten, sich im Haus nützlich zu machen und schöpft ein Kontingent von 80 Stunden zu je 1,05 Euro aus. "Ich will arbeiten, weil ich will kein Geld geschenkt vom Landratsamt", sagt er. Dann erzählt er davon, wie er von einer Unzufriedenheit bei manchen Menschen im Umland mitbekommen habe und davon, dass sie Asylbewerbern die Absicht des Geldabstaubens unterstellen. Er, gelernter Elektriker, will arbeiten, seine Frau, gelernte Buchbinderin, auch.

Zwar haben sich die beiden Ukrainer schon auf den Weg zu gutem Deutsch gemacht, aber jetzt dolmetscht ihr neunjähriger Sohn Nikita.


Akzeptieren statt hadern

Doch, warum Gott sie hierher geführt habe, das fragten sich seine Eltern oft. Aber: "Meine Eltern fragen sich, aber sie fragen nicht Gott", erklärt der Junge aufgeweckt, auf dem Stuhl am Tisch sitzend und dennoch Roller-Blades tragend. Seine Eltern, so der Junge, glauben daran, dass Gott seine Gründe für alles haben wird. "Wir sind dankbar, dass er uns hergebracht hat. Immerhin sind wir nicht dort, wo Krieg ist." Cherkasovs hadern nicht, sie akzeptieren.

Skype und Handy bilden für Tetiana und Zakhar die häufig genutzte Verbindung in die Heimat. "Das nervt mich, weil meine Eltern dann keine Zeit für mich haben", schimpft ein schmunzelnder Nikita und sein Vater streicht ihm dafür kurz liebevoll über das Haar.

Bei der Frage, ob sich diese Familie auf Weihnachten freut, antwortet Tetiana zuerst und mit deutlichem Anflug von Begeisterung. Ihr Mann stimmt ein und auch die Kinder zeigen Freude. Am 24. Dezember wollen sie bei einer Baptistengemeinde in Altenkunstadt feiern. Danach wird Zahkahr noch in einer evangelischen Kirche Posaune spielen.

So viel Weihnachten? "Das ist leicht für uns, denn in der Ukraine dauert ein Gottesdienst drei bis vier Stunden", erklärt Nikita und muss wieder schmunzeln.

Schwester Alexia wirkt fröhlich. Die Seniorin war einmal Sportlehrerin und hat sich eine gewisse Leichtfüßigkeit bewahrt. Sie hat sich der Familie Cherkasov angenommen und erinnert sich mit Heiterkeit an das Kennenlernen, damals am 10. Oktober 2014. Vom ukrainischen Donezk über Russland in das Baltikum, weiter nach Zirndorf und Bayreuth kommend, traf die Familie hier ein, Vierzehnheiligen zugewiesen. Vor allem standen Nikita, seine jüngeren Geschwister Sofia und Darina samt Eltern "ratlos" auf dem Hof.


Hinwendung in Fröhlichkeit

Zakhar muss lachen, wenn er sich seiner damaligen Befürchtung erinnert: dass sein Leben jetzt nur noch in Gebet und Arbeit verlaufen würde. Ora et labora eben, so sei ihm das aus ukrainischen Klöstern bekannt. Ora et labora - eigentlich ist diese Aufforderung zu beten und zu arbeiten ein benediktinischer Leitspruch, der auf das Ehepaar zuzutreffen scheint. Aber die Hinwendung scheint in Fröhlichkeit zu geschehen.

Zakhar hat ein Praktikum in einer Lichtenfelser Firma absolviert und unter Umständen eine Anstellung in Aussicht. Ein Pluspunkt, der im kommenden Februar ausschlaggebend für die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis sein könnte. Die Flucht selbst und ihre Situation scheinen Cherkasovs nicht zu verdammen. Vielmehr wirken sie offen für alles Kommende, das nicht in ihrer Hand liegt. "Wir denken immer, Maria und Josef waren auch auf der Flucht", so Tetiana.

Von Flucht und Vertreibung im Gemüt völlig unberührt wirkt die dreijährige Darina. Sie entdeckt gerade, was eine Schere an Papier anrichten kann. Hinter ihr in dem Gemeinschaftsraum schaut ihr dabei von der Wand aus ein Engel über die Schulter. Es ist die Darstellung des Engels der Verkündigung. Mit ihm beginnt die Weihnachtsgeschichte.