"Wegschauen das falsche Signal"

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Polizeibeamte in Bamberg am Samstag auf dem Rückzug, nachdem dort eine Kundgebung von Neonazis verboten worden war und eine Gegendemo stattgefunden hatte. In Lichtenfels kam es am späten Nachmittag des selben Tages zu einem Aufmarsch von rund 45 Rechten. Foto: S. Martin
Polizeibeamte in Bamberg am Samstag auf dem Rückzug, nachdem dort eine Kundgebung von Neonazis verboten worden war und eine Gegendemo stattgefunden hatte. In Lichtenfels kam es am späten Nachmittag des selben Tages zu einem Aufmarsch von rund 45 Rechten. Foto: S. Martin

Bürgermeister Hügerich informierte den Stadtrat über seine Initiative zu einer Gegen-Demo am Samstag, als ganz kurzfristig eine rechtsgerichtete Kundgebung angekündigt worden war. Die Stadt will Lehren daraus ziehen.

Betroffenheit über die sehr kurzfristig anberaumte rechtsgerichtete Kundgebung am vergangenen Samstag bestimmte auch die jüngste Stadtratssitzung. Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) schilderte, wie er die wenige ihm zur Verfügung stehende Zeit am späten Nachmittag nutzte, um eine Gegendemonstration auf den Weg zu bringen. Er sei um 16.30 Uhr vom Polizeichef telefonisch informiert worden und habe die Wahl gehabt, entweder nicht mehr tätig zu werden oder das möglich zu machen, was möglich war. Er habe sich dafür entschieden, möglichst viele Leute zu informieren, um gemeinsam ein Zeichen für die Stadt zu setzen. "Das ist mir gelungen, denke ich", so der Bürgermeister. "Wir wollen keine rechtsextremen Strömungen in unserer Stadt. Lichtenfels ist eine offene Stadt, wir sind eine bunte Stadt.
Das konnten wir auch zeigen." Für weitere Benachrichtigungen hätte die Zeit nicht gereicht, sagte der Bürgermeister. Bereits um 17 Uhr habe man sich im Rathaus getroffen. Unterstützung fand er, wie bereits berichtet, bei der Sprecherin des Bündnisses "Lichtenfels ist bunt", der Pfarrerin Anne Salzbrenner, und bei der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU). Wie zu vernehmen war, gab es im Nachhinein von viele Bekundungen von Menschen, die auch gerne mit auf die Straße gegangen wären. Auch aus dem Stadtrat. Stefan Hofmann (Freie Wähler) dankte dem Bürgermeister für "die tolle Reaktion". Ihm war daran gelegen, in einem solchen Fall künftig selbst schnell vor Ort sein zu können. Andrea Starker (CSU) regte angesichts der gemachten Erfahrung an, "eine Benachrichtigungskette zu installieren".

Von der Schnelligkeit, mit der man mit der Situation konfrontiert wurde, zeigten sich in Lichtenfels viele überrascht. Stadtrat Günter Reinlein (SPD) empfand es als "unglaublich", dass zwischen Beantragung der Kundgebung und ihrem Beginn gerade einmal eineinhalb Stunden lagen. "Ich kapiere nicht, wie das möglich sein konnte." "Wir lassen das nachprüfen, um künftig gewappnet zu sein", kündigte der Bürgermeister an. "Unsere Bemühungen gehen dahin, so etwas zu verhindern."

Eigentlich ist das Landratsamt die für solche Fälle zuständige Behörde. Doch da diese am Samstag nicht geöffnet ist, müssen Demonstrationen bei der örtlichen Polizei angemeldet werden.


Der Polizei Respekt gezollt

Das Versammlungsgesetz sieht zwar vor, dass dies mindestens 48 Stunden vor der ersten Werbung für die Veranstaltung zu erfolgen habe, ermöglicht aber auch Ausnahmen. Das Landratsamt stellte sich am Dienstag hinter die Entscheidung des hiesigen Polizeichefs Willibert Lankes. Stadtrat Winfred Bogdahn (SPD) merkte in der Sitzung an, er habe diesen als besonnene Person kennen gelernt und mit ihm über das Vorgehen am Samstag gesprochen: "Es war schlüssig, was er sagte." Daran hegte auch der Bürgermeister keinen Zweifel; er zollte vielmehr Respekt und sagte Dank für die gute Zusammenarbeit.

Wie zu erfahren war, hatte ein der NPD nahestehender Mann aus dem Landkreis Lichtenfels die Kundgebung angemeldet. Eigentlich wollten die Teilnehmer in einem Fackelzug durch Lichtenfels marschieren, doch das war ihnen untersagt worden; es gab strenge Auflagen.
Es drängt sich die Vermutung auf, dass es sich um eine Ausweichbewegung der in Bamberg verbotenen Neonazi-Demo handelte. Allerdings sind die Antragsteller unterschiedliche Personen und auch das Motto lautete nicht gleich. Damit ist es schwierig, von einer Ersatzveranstaltung zu sprechen. Für eine solche - ganz gleich an welchem anderen Ort - hätte nämlich das erst am Freitagabend vom Verwaltungsgericht in Bayreuth bestätigte Verbot ebenfalls gegolten.


Verbindung nach Bamberg hergestellt

Eine Verbindung stellten indes die Beteiligten selbst her: Die Partei "Die Rechte", Kreisverband Nürnberg, veröffentlichte auf ihrer Facebook-Seite im Internet ein Foto der Kundgebung in Lichtenfels und schrieb dazu: "Nach Bamberg-Verbot: 50 Kameraden demonstrierten spontan durch Lichtenfels!"

Für den Lichtenfelser Bürgermeister ist entscheidend, dass die Rechten in seiner Stadt eine Gegenbewegung zu spüren bekamen. "Wegschauen ist das falsche Signal!" Zu deren Motto "Keine Verhältnisse wie in Nordrhein-Westfalen", bezugnehmend auf die Vorfälle in der Silvesternacht, stellte er klar: "Es ist schlimm und dramatisch, was in Köln passiert ist. Diejenigen, die das zu verantworten haben, gehören verurteilt." Eine Pauschalisierung sei aber falsch.