Das war jetzt ein harmloser Fall. In den meisten Fällen ist es so, dass der Kunde wirklich ein Problem hat, das streitet niemand ab. Da merken wir, dass mit unseren Mitarbeitern oft kein normaler Dialog gestartet wird, sondern sofort immer geschimpft wird. Da fällt es den Mitarbeitern schon manchmal schwer, ruhig zu bleiben. Das Spiel heißt: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.
Ist das eine generelle Stimmung?
Das wäre zu viel gesagt. Es ist Wahrheit und Wahrnehmung: 99 Prozent der Kunden sind ja super. Aber man kennt das von anderen Veranstaltungen, einer reicht oftmals aus, um das ganze System durcheinander zu bringen.
Warum haben Sie sich dazu entschlossen, den Vorfall öffentlich zu machen?
Es ist schon ein bisschen ein Zeichen setzen, dass wir auch hinter den Mitarbeitern stehen. Ich bin ein Verfechter von Menschlichkeit, also diese Grundwerte, die eine Gemeinschaft ausmachen: Respekt, Anstand. Dieses Miteinander funktioniert doch nur, wenn alle gleichberechtigt daran teilnehmen und nicht, wenn einer sagt, ich bin jetzt mehr wert als du. Letzten Endes spiegelt sich das Ganze auch in der Hinsicht wider, wir tun uns natürlich schwer, Mitarbeiter zu finden, aus zwei Gründen. Der eine ist der, dass sich viele das nicht antun wollen. Der andere Grund ist aber auch, dass in der öffentlichen Wahrnehmung ein Bild von unserer Berufsgruppe, oder generell vom Dienstleistungssektor, herrscht als Art niederer Aufgabe. Dabei arbeiten etliche Abiturienten bei uns. Oder ein Metzgermeister, der von seiner Qualifikation nichts anderes ist als ein Bachelor.
Kocht solch ein Post die Stimmung nicht auch etwas hoch?
Das eine ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die Frau war sich mit Sicherheit überhaupt nicht bewusst, was sie mit ihrem Satz anrichtet. Sie wollte nur das Kind zum Lernen motivieren. Aber was in der Außendarstellung bei rauskommt, da hat sie sich keinen Kopf drum gemacht. Ich mache auch viele Sachen, bei denen ich mir keinen Kopf darum mache, was passiert, wie dieser Facebook-Post zum Beispiel. Für uns als Unternehmer ist es schwer, mit Reaktionen in die Öffentlichkeit zu gehen, weil du ja nie weißt, wie fliegt mir das Ganze um die Ohren. Von daher behältst du es lieber für dich. Aber auf Dauer kommen wir so halt nicht wirklich weiter.
Waren Sie überrascht von dem großen Zuspruch?
Ja, wir kennen unsere normale durchschnittliche Reichweite auf Facebook und das wurde schon um ein Vielfaches überschritten - innerhalb von einer halben Stunde 1600 Likes. Ich habe keine Ahnung, wo das jetzt noch alles hingeht.
Welchen Beruf übt die Mitarbeiterin an der Theke genau aus?
Es ist ganz kompliziert geworden. Früher war es einfach die Fleischereifachverkäuferin. Jetzt ist es die Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk - Fleisch. Der Beruf dahinter ist aber gleich geblieben. Das Gespräch führte Niklas Schmitt.