Wer unter seelischen Problemen leidet, kann auf vielfältige Hilfe hoffen. Oft ist aber Geduld gefragt.
Sich bei seelischen Problemen helfen zu lassen - das ist mit dem 1999 erlassenen Psychotherapeutengesetz eigentlich einfacher geworden. Man muss nicht mehr erst zu einem Arzt gehen, sondern kann sich selbst den Psychotherapeuten seines Vertrauens suchen. Und deren Zahl hat sich vergrößert: Im Landkreis Lichtenfels gibt es aktuell gut ein Dutzend Praxen und weitere fünf speziell für Kinder und Jugendliche.
Doch wer auf rasche Hilfe hofft, erfährt Ernüchterung. Vier bis sechs Monate auf einen Termin warten zu müssen, kann unter einem gewissen Leidensdruck unerträglich erscheinen. Und diese Zeitspanne ist nicht unüblich. "Es gibt sicher Bereiche, wo es noch enger ist als bei uns", sagt Barbara Maier. Sie und ihr Mann Martin Maier sind Psychologische Psychotherapeuten. Ihre Praxis in Lichtenfels dürfte eine der ersten sein, die in der Region gegründet wurde. Es wäre schön, wenn die Wartezeiten kürzer wären, sagt Maier, gibt aber zu bedenken, dass Psychotherapie zeitintensiv sei und man nicht jemanden einfach mal so einschieben könne. Psychische Probleme bauten sich ja auch über Jahre auf. Natürlich versuche man, dringende Fälle vorzuziehen. Als Notfalllösungen kämen stationäre Klinikaufenthalte, etwa in Kutzenberg oder Bamberg, in Betracht. Froh ist Barbara Maier darüber, dass keine weiteren Hürden den Zugang zur Psychotherapie erschwerten. Im vergangenen Jahr hätte es dazu nämlich seitens des Gesetzgebers Überlegungen gegeben.
Die Versorgungspflicht, die aufgrund der Kassenzulassung besteht, führt laut Maier dazu, dass ein Coaching für Selbstzahler nur von wenigen Kollegen geleistet werden kann. Bliebe noch der Weg zu einer Beratungsstelle, wovon es im Landkreis eine Vielzahl gibt. Ob das eine Alternative sein kann, sei natürlich abhängig von dem Problem, sagt die Psychotherapeutin.
In den Beratungsstellen, die in der Regel unter der Trägerschaft eines Wohlfahrtsverbandes stehen, arbeiten ebenfalls Fachkräfte wie Sozialpädagogen oder Psychologen mit den Hilfesuchenden. Michelle Breuer etwa ist als Psychologin in Lichtenfels bei der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern des Caritasverbandes tätig. Sie kann auf Anhieb eine ganze Reihe von Beratungsstellen nennen, an die man sich wenden könnte, je nachdem, um was es geht. Bei einem Suchtproblem beispielsweise macht es Sinn, sich gleich an die Experten zu wenden. Breuer hat auch sofort eine Liste mit sämtlichen Psychotherapiepraxen parat. Sie weiß: "Es gibt immer Wartezeiten", solche gegebenenfalls zu überbrücken, sieht sie als eine Aufgabe ihrer Beratungsstelle an. Vernetzung hält sie für wichtig, gerade in einem kleinen Landkreis. Wenn die gut funktioniere, sei es ein Vorteil für alle. Die von ihr vorgelegte Liste ist aktuell, sie stammt vom Oktober 2019. Zuoberst findet sich der Hinweis auf die Koordinationsstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) mit Telefonnummer. Wie bei der Suche nach einem möglichst baldigen Facharzttermin unterstützt das Servicecenter mit Sitz in Bayreuth auch in Sachen Psychotherapie. Innerhalb von 14 Tagen, so die Vorgabe, soll ein Diagnostikgespräch ermöglicht werden.
Wir haben es mal ausprobiert und unter 0921/787765-40410 angerufen. Ein freundlicher Herr möchte für die Sucheingabe den Wohnort wissen, ob man eher vormittags oder nachmittags Zeit hätte, ob man Einzel- oder Gruppentherapie bevorzuge und einen Mann oder eine Frau als Therapeuten. Es dauert nicht lange, und eine E-Mail mit zwei Vorschlägen samt Telefonnummern und Sprechzeiten wird übermittelt. Die eine Praxis hätte zwar einen Platz anzubieten, wie sich herausstellt, aber nur vormittags - ansonsten mindestens sechs Monate Wartezeit. Bei der anderen Praxis hören wir über eine Bandansage, dass derzeit alle Plätze belegt seien... Der Herr von der Vermittlung kennt das Problem: "Es machen nicht alle mit, und es pflegen nicht alle ihre Daten." Aber nur dann kann eine Koordinationsstelle eine gute Sache sein.