Im Lichtenfelser Kreistag wurde am Montag erneut über die künftige Aufteilung der Rettungswachen im Kreis debattiert. Der Rettungszweckverband vertagte am Dienstag in Coburg seine Entscheidung zu dieser Thematik.
"Informationen zum Trust-II-Gutachten" lautete ganz harmlos Punkt 3 der Tagesordnung der Jahresschlusssitzung des Kreistags am Montag. Da hin geraten war er auf Antrag der Fraktion der SPD und Soziale Bürger. Denn was wäre eine Jahresschlusssitzung ohne eine kontroverse Diskussion?
Fast zwei Stunden diskutierten Räte aller Fraktionen über ein Detail der rettungsdienstlichen Versorgung des Landkreises. Hier geht es um Menschenleben, was die ausführliche Diskussion mehr als rechtfertigt. Aber: Der Kreistag hat keinen Handlungsspielraum.
Das betonte Landrat Christian Meißner (CSU) gleich zu Beginn. Der Begriff "Trust" bedeutet Trend- und Strukturanalyse des Rettungsdienstes in Bayern. Dieses Gutachten hatte das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) erstmals 1998 in Auftrag gegeben.
Die zentrale Frage lautet bis heute: Wie kann die so genannte Hilfsfrist möglichst flächendeckend erreicht werden? Und das ungeachtet von Landkreisgrenzen. Maximal zwölf Minuten sollen vergehen vom Notruf bis zum Eintreffen qualifizierter Hilfskräfte.
Hilfsfrist wird meist eingehalten Die gute Nachricht: In zehn von elf Kommunen des Landkreises wird diese Hilfsfrist in mehr als 80 Prozent der Notfälle eingehalten. Und die 80 Prozent sind der Maßstab. "100 Prozent sind gar nicht zu schaffen", erläuterte Kreisrat Jürgen Zürbig.
Sieben Kommunen weisen für 2012 sogar mehr als 90 Prozent aus: Altenkunstadt (93 Prozent - in Hochrechnung, denn die Zahlen des vierten Quartals des Jahres fehlen noch). Burgkunstadt (94), Hochstadt (92), Lichtenfels (93), Marktzeuln (95), Michelau (94) und Redwitz (93). Marktgraitz steht mit 89 Prozent gut da, Bad Staffelstein mit 88
Prozent ebenso. Zwei Sorgenkinder hat der Landkreis. Und das schon seit Jahren: Weismain und Ebensfeld.
Im Markt Ebensfeld konnte die Hilfsfrist im Jahr 2012 lediglich in 75 Prozent der Fälle eingehalten werden, 2010 sogar nur in 71 Prozent. Die Empfehlung des INM sieht in Ebensfeld aber keinen Handlungsbedarf.
Getan werden muss aber in einer anderen Region des Landkreises etwas, nämlich im Raum Burgkunstadt, Altenkunstadt und Weismain. Hier gibt es eine Rettungswache in Burgkunstadt und einen Stellplatz für einen Rettungswagen in Weismain. Ursprünglich stand dieser Rettungswagen in Fesselsdorf, aber mit dieser Lösung war niemand so richtig glücklich. Weismain blieb 2010 mit 78 Prozent erreichter Hilfsfristeinhaltungen unter den geforderten 80 Prozent. In der Hochrechnung 2012 schafft auch Weismain 84 Prozent. Was ist seit 2010 passiert? Der Stellplatz in Fesselsdorf wurde zum 1. Februar 2012 nach Weismain verlagert.
Kleine Ursache, große Wirkung: Auch die Bevölkerung auf den Jurahöhen kann in Notfällen davon ausgehen, dass Hilfe, möglicherweise lebensrettende Hilfe, maximal zwölf Minuten auf sich warten lässt.
Nun empfiehlt im so genannten Trust-II-Gutachten die INM, eine Rettungswache mit 24-Stunden-Besetzung in Weismain zu gründen, die Rettungswache von Burgkunstadt in den Zettlitzer Raum zu verlegen und in der Schuhstadt lediglich den Notarzt-Standort zu behalten. Warum eigentlich, wo doch die Hilfsfrist inzwischen eingehalten wird? Und was kann der Landkreis gegen diese Empfehlung tun? Nichts, sagen sowohl Wolfgang Simon, Geschäftsführer des Rettungszweckverbandes als auch Joachim Goller, der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes. Denn es handle sich nicht um Kann-Empfehlungen, sondern um in jedem einzelnen Punkt umzusetzende Pflichten.
"Die Krankenkassen werden darauf beharren", sagte Landrat Christian Meißner. Oder sie drehen den Geldhahn zu, und die rettungsdienstliche Versorgung im Landkreis ist nicht mehr zu finanzieren. "Ich habe mehrere Gespräche mit der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen geführt", sagte der Landkreischef, "aber mehr als den Notarzt-Standort Burgkunstadt zu erhalten war nicht zu erreichen."
Ob den vielen Menschen in den Ortsteilen von Burgkunstadt allerdings ein Notarzt-Standort nützt, der Goller zufolge immer mal wieder nicht besetzt ist? Goller muss es wissen, denn er schreibt die Dienstpläne. Der Standort Burgkunstadt sei momentan schon tagsüber und am Wochenenden häufig nicht besetzt. Und das Problem werde sich verschärfen, weil die Notarzt-Dienste schlechter bezahlt werden sollen.
Meißner wurde Stellvertreter Am Dienstag tagte der Rettungszweckverband.
Die Abstimmung über den das Trust-II-Gutachten wurde vertragt. Einen personellen Wechsel gab es an der Spitze des Zweckverbands. In der Abstimmung votierten alle zwölf Verbandsräte für den Lichtenfelser Landrat Christian Meißner als neuen stellvertretenden Verbandsvorsitzenden.