Stadtrat zeigt Flagge gegen Freihandelsabkommen

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Die USA und EU verhandeln über ein Freihandelsabkommen. Foto: dpa
Die USA und EU verhandeln über ein Freihandelsabkommen. Foto: dpa

Es war eine intensive Diskussion über ein Thema, das mit Stadtpolitik so gar nichts zu tun zu haben scheint. Am Ende stellte sich die große Mehrheit der Lichtenfelser Stadträte hinter eine Resolution gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten in der bislang bekannt gewordenen Form.

Spätestens seit der Europawahl im vergangenen Jahr ist das Thema Freihandelsabkommen TTIP (für Transatlantic Trade and Investment Partnership) auch bei den Bürgern angekommen - und bei vielen mit großen Vorbehalten. Denn in den Berichten darüber wurde deutlich, dass die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und hunderte Vertreter von Großkonzernen Zugang zu den Dokumenten haben, während dieser nicht einmal den EU-Abgeordneten uneingeschränkt gewährt wird. Die nach der Schlachtung in den USA mit Chlor behandelten Hühner, vor denen es manchem Verbraucher im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommen schon vorauseilend grauste, sind eigentlich nur eine Randnotiz. Was die Menschen bewegt, ist die Befürchtung, dass die bei uns vergleichsweise hohen Umwelt-, Verbraucher- und Arbeitnehmerschutzstandards ausgehöhlt werden.


Die Fraktion der Freien Wähler im Lichtenfelser Stadtrat hatte in ihrem Antrag, mit dem sie sich eine entsprechende Resolution wünschte, aufgeschrieben, wie die Kommunen direkt von den Freihandels- und Dienstleistungsabkommen mit den USA und Kanada betroffen wären. Besondere Sorge bereitete ihr eine Machtverschiebung weg von demokratisch gewählten Politikern hin zu multinationalen Konzernen: "Diese Art von Verträgen stellen einen massiven Eingriff in unsere kommunale Gestaltungshoheit und unsere kommunale Selbstverwaltung dar." Konkret genannt wurde die Befürchtung, einer Privatisierung des Trinkwasser oder Verpflichtungen zu weltweiten Ausschreibungen (statt Vergaben an mittelständische Unternehmen vor Ort) würden damit Tür und Tor geöffnet. Stadtratsbeschlüsse könnten Anlass für Klagen vor - noch nicht einmal deutschen - Schiedsgerichten sein, falls ein Konzern dadurch seinen Gewinnerwartung geschmälert sähe. Mit offenen Folgekosten.
Vor diesem Hintergrund bat die FW-Fraktion die Stadtratskollegen darum, die Abkommen in ihrer derzeit bekannten Form abzulehnen. "Wir sind nicht zuständig, aber wir werden betroffen sein", betonte Fraktionssprecher Stefan Hofmann.

Unterstützung signalisierten sofort die Sprecher von SPD, Grünen und der Wählervereinigung Leuchsental-Jura. Heraushalten aus diesem europa-politischen Thema wollten sich hingegen Vertreter der CSU und der Jungen Bürger. Woraufhin aus den Reihen der anderen Fraktionen mit Argumenten gekontert wurde, die zeigten, wie sehr man von den fernab getroffenen Beschlüssen eben doch berührt sein werde.

Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) setzte sich für einen Kompromiss ein. Trotz der Bedenken wegen der Nicht-Zuständigkeit des Stadtrates gebe es doch gewisse Schnittmengen. Deshalb vergebe man sich doch nichts, wenn man die im Antrag der Freien Wähler genannten Punkte als gemeinsame Resolution an den Städte- und Gemeindetag als Vertreter der kommunalen Interessen weiterleite. Davon ließen sich auch die meisten CSU- und JB-Stadträte überzeugen. Nicht so Christian Barth, Robert Gack, Christian Bauer und Frank Rubner. Sie stimmten dagegen. Doch auch mit 23:4 spricht der Beschluss eine deutliche Sprache. pp