Für acht Kinder im Landkreis Lichtenfels war der Beginn dieses Schuljahres ein besonderer Neuanfang. Ein engagiertes Team sorgt an der St.-Katharina-Schule in Lichtenfels mit klarer Struktur und intensiver Zuwendung dafür, dass sie auf ihren Stärken aufbauen können.
Im September hat Petra Fechner, Sonderpädagogin an der St.-Katharina-Schule in Lichtenfels, die Leitung einer ganz speziellen Klasse übernommen. Acht Jungen und Mädchen zwischen neun und elf Jahren und aus verschiedenen Ortes des Landkreises sind in dieser "Stütz- und Förderklasse", die mit Förderung des Landkreises eingerichtet wurde. Es sind Kinder, die zuvor kaum schulische Erfolge verbuchen konnten. Sie zeigten zum Teil gravierende Verhaltensauffälligkeiten, weshalb es an den Schulen, die sie bis im vergangenen Schuljahr besuchten, immer wieder zu Konflikten kam. Ein weiterer gemeinsamer Unterricht erschien dort nicht mehr möglich.
Um diese Kinder nicht an eine - womöglich sogar stationäre - Einrichtung außerhalb des Landkreises geben zu müssen, entschied man sich für ein bis dato im Landkreis noch nicht erprobtes Konzept.
Jetzt, nach fast vier Monaten, haben wir mit der Klassenleiterin über ihre Erfahrungen gesprochen.
Frau Fechner, Sie haben als erfahrene Sonderpädagogin mit der neuen Stütz- und Förderklasse eine echte Herausforderung angenommen. Wollen Sie uns kurz das Konzept erläutern und warum Sie sich dafür entschieden haben?
Petra Fechner: Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich hat mich schon seit vielen Jahren interessiert. In der Stütz- und Förderklasse begleiten wir die uns anvertrauten Kinder im multiprofessionellen Team aus Sonder-, Sozial- und Heilpädagogen eine Phase auf ihrem persönlichen Lebensweg. Durch den engen Schulterschluss gelingt es umfassend zu stützen und zu fördern, die Familien zu beraten und zu entlasten, Ressourcen zu stärken und Schwächen abzubauen.
Wie haben Sie den Neustart mit diesen Kindern erlebt?
Durch die Neugierde, die Wachheit und die Lebensfreude der Kinder erlebten große und kleine Menschen in der Stütz- und Förderklasse den Neustart positiv.
Schwierige Kinder können einen Lehrer ja mitunter zur Weißglut treiben. Sind Sie da abgehärtet, oder wie sorgen Sie dafür, dass es nicht so weit kommt?
Wenn uns die Kinder hier zur Weißglut bringen würden, hätten wir eindeutig den Beruf verfehlt!
Gut ausgebildetes Personal weiß um die Hintergründe beziehungsweise Entstehungsweisen von Verhaltensstörungen und kann mit pädagogischem Konzept, festgelegtem Regelsystem und Trainingsprogrammen entgegenwirken und Abhilfe schaffen.
Wie sieht ein typischer Schultag der Stütz- und Förderklasse aus?
Es findet Ganztagsunterricht statt, dabei ist der Tag ganz klar strukturiert: Nach der gemeinsamen
Einstimmung mit Gespräch, Spielen und einer Befindlichkeitsabfrage folgt der erste Block Kernunterricht, Deutsch und Mathematik. Nach dem gemeinsamen Frühstück mit einer Feedbackrunde, in der das eigene Verhalten gespiegelt wird, folgt der nächste Unterrichtsblock mit Heimat- und Sachkunde, Religion und Musik. Danach gibt es Mittagessen, Sozialtraining, eine erneute Feedbackrunde und den letzten Unterrichtsblock aus Werken/Textiles Gestalten, Sport, Kunst, Englisch oder Förderunterricht. Dazwischen gibt es natürlich auch Klassenkonferenzen und Einzelberatung zur positiven Verhaltensänderung.
Und danach ist man geschafft, oder?
Ein Tag in der Stütz- und Förderklasse fordert Ausdauer, Geduld, konsequente liebevolle Zuwendung und überlegtes, kleinschrittiges Handeln. Wir entlasten uns gegenseitig im Team und wissen mit Stressfaktoren umzugehen.
Können Sie nach diesen vier Monaten von Erfolgen berichten und glauben Sie, dass Sie das Vertrauen der Kinder gewonnen haben?
Ja! Denn das gemeinsame Arbeiten und Lernen wäre sonst nicht möglich und auch nicht sinnvoll.
Eltern und Schüler freuen sich, dass die Stütz- und Förderklasse eingerichtet wurde. Wir erhalten immer wieder positive Rückmeldungen. Das stärkt unsere Arbeit.
Ist es eine realistische Erwartung, dass die Kinder in einem Jahr in eine Regelschule zurückkönnen?
Laut Konzept soll die Verweildauer drei Jahre nicht überschreiten. Die Rückführung findet in der 5. Jahrgangsstufe statt und wird intensiv begleitet. Mit christlich geprägter positiver innerer Haltung im Netzwerk von Schule, Jugendhilfe, Psychologen, Fachärzten und Familien dürfen neue, glückliche Lebenswege entstehen. Gemäß dem Motto "To teach is to touch a life forever". Das heißt, zu unterrichten ist eine Aufgabe, die das Leben eines anderen für immer prägt.
Die Fragen stellte Ramona Popp