Bezirksheimatpfleger Günter Dippold machte sich in einem Vortrag auf die Spur der "Welschen" - Einwanderern aus Norditalien.
Seit langem hatte das große Auge des Ichthyosaurus im Museum Kloster Banz nicht so viele Menschen gesehen. Bewohner der umliegenden Ort, Hobby-Historiker und Lokalprominenz lauschten am vergangenen Donnerstag andächtig dem CHW-Vortrag von Professor Günter Dippold: "Gastarbeiter im barocken Franken". Der Bezirksheimatpfleger verstand es wieder vortrefflich, einen Bogen zu schlagen aus dem 17. und 18. Jahrhundert in heutige Zeit, in der Männer aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen.
Als die "Welschen" kamen
In gewohnt humorvoller Weise verzichtete der Referent aber nicht auf seine ganz persönliche Beziehung zum ehemaligen Consulentenbau, in dem seine Vorfahren einst Bier gebraut hatten. Präzise Abläufe und Jahreszahlen paarten sich mit Begebenheiten, die sein Auditorium zum Schmunzeln anregten.
Wie stets bei seinen Vorträgen beschwor er seine fränkische Heimat, die er mit zwei Beispielen in die Mitte Europas rückte. Zentrales Thema waren aber die "Welschen", Italiener einer Volksgruppe im Alpen- und Voralpenland, die vor zwei-, dreihundert Jahren am Obermain ihr Glück suchten. Bekannte Ereignisse, wie der Bau der Klosterkirche in Banz, beleuchtete Dippold von den Rändern her. Dabei konzentrierten sich seine Ausführungen auf die Menschen, die hier einst eingewandert sind und deren Nachkommen noch heute hier leben.
Sie brachten Stockfisch mit
Unter den Migranten, die nach Franken kamen, unterschied Dippold drei Gruppen: die "welschen" Händler, die Architekten und die Wanderarbeiter. Anhand der Namen ging er den Wanderbewegungen nach, was aber manchmal schwierig war, da die Einwanderer ihre Namen eindeutschten. Mit den "welschen" Händlern begann seine Betrachtung.
Auf den Staffelsteiner Jahrmärkten ließen sich seit 1850 fahrende Händler aus Savoyen und Venedig nachweisen. Sie verkauften Zitronen, Pomeranzen, Lorbeeren, Anis und Kümmel, Beeren des Judasdorns, Kümmel und Anis, Tannenzapfenöl, lebendige Skorpione und sogar Menschenfett.
Oft waren die Händler der Obrigkeit ein Dorn im Auge, es sei denn, sie ließen sich nieder und zahlten Steuern. Die "Welschen" boten eine Fülle von Lebensmitteln an. Dabei stammten die Waren nicht nur aus Italien, sondern auch aus dem Norden Europas, etwa Stockfisch oder holländischen Käse.
Lutheraner unerwünscht
In der Mitte des 18. Jahrhunderts gab es kaum eine Stadt, in der "welsche" Familien ansässig waren. Selbst in kleinen Marktorten wie Marktgraitz oder Marktzeuln sind Italiener nachzuweisen.
In der Regel stand der Einbürgerung der Fremden nichts im Wege, es sei denn, sie waren nicht katholisch. In Staffelstein hatte man etwas gegen einen sächsischen Buchhändler, der sich dort 1708 niederlassen wollte. Er wurde als "frembter und lutterischer kerl, der nichts alß weib und kinder hatt" abgewiesen.
Die zweite Gruppe der Emigranten waren die "welschen" Baumeister, Maler und Stukkatoren. Sie wirkten in Schloss Seehof, in der Festung Rosenberg in Kronach oder in der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen. Die Zeit der Italiener war im Bambergischen vorüber, als Georg Dientzenhofer 1686 mit dem Neubau der Bamberger Jesuitenkirche betreut wurde. Er und sein Bruder Johann war im Gegensatz zu Balthasar Neumann kein bloßer Planer, sondern zugleich Bauunternehmer. Sie bauten den Kastenhof in Weismain, Schlösser in Bayreuth und Bamberg.
In den Verzeichnissen der Zünfte finden sich auch viele Wanderarbeiter.
Zum Beispiel Maurer aus dem Alpengebiet, die im Frühjahr nach Bamberg kamen und im Herbst wieder in ihre Heimat zurückkehrten. Doch einige ließen sich auf Dauer nieder, manche als Gesellen und einige als Meister. Der barocke Bauboom, der das Hochstift Bamberg in den 1680er-Jahren erfasste, brachte viele Wanderarbeiter ins Land - wohl mehr als tausend Menschen. "Sie stellten offenbar in der Frühneuzeit die größte Gruppe der Fremden im katholischen Franken", stellte Dippold abschließend fest. Und dass Franken ein offenes Land war, das sollten wir uns gerade heute bewusst machen.