Neuwahlen wohl keine Lösung

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Christian Meißner
Christian Meißner
Sebastian Müller
Sebastian Müller
 
ValentinMotschmann
ValentinMotschmann
 
Thomas Nagel
Thomas Nagel
 

Das Scheitern der Koalitionsverhandlungen in Berlin sorgt auch im Landkreis für Gesprächsstoff.

Die gescheiterten Sondierungsgespräche waren indirekt auch Thema in der Kreisausschusssitzung am Montag. Seit Wochen schon plant der Landkreis, im Verbund mit den Landkreisen Kulmbach, Kronach, Bamberg und Forchheim eine Protestkundgebung zu den Netzausbauvorschlägen der Bundesnetzagentur auf die Beine zu stellen. Vor allem die bereits vielfach belastete Gemeinde Redwitz sieht sich hier im Zentrum.


Kein Ansprechpartner in Berlin

Die Region dürfe nicht durch weitere Stromtrassen belastet werden. Dies möchte man gerne auch in Berlin deutlich machen, denn letztlich wird der Bundestag über die vorgelegten Varianten entscheiden. Im Moment macht es aber aus Sicht des Landrats wenig Sinn, dort vorstellig zu werden. "Wo soll ich denn hinfahren in Berlin?", fragte Christian Meißner (CSU). Solange man keinen Adressaten einer künftigen Regierung habe, würde der Protest wohl ins Leere laufen. "Da hört keiner zu."
Für das gemeinsame Vorgehen gegen neue Stromtrassen hat man sich auf alle Fälle schon einmal die Domäne www.fehlamplatz.de reserviert. In den nächsten Wochen sollen in der Region plakative Aktionen zum Thema gestartet werden.
Meißner, der auch CSU-Kreisvorsitzender ist, überraschte die Entwicklung: "Ich war heute früh schon etwas fassungslos. Ich bin davon ausgegangen, dass alle demokratischen Parteien miteinander arbeiten können sollten. Der Wähler erwartet das. Da gibt es schon ein Grundvertrauen und das ist jetzt erschüttert worden." Es habe einen klaren Wählerauftrag für zwei denkbare Koalitionen gegeben. "Das ist ein Wahlergebnis, mit dem demokratische Parteien umgehen müssen." Er hoffe, dass nun alle ihren Schock überwinden werden und wieder verhandeln. "Ich war nicht dabei, ich kann nicht sagen, woran es gescheitert ist." Was man jetzt nicht machen sollte, wie in einem Kindergarten auf den anderen zu zeigen und ihm die Schuld am Scheitern zu geben. Neuwahlen würden niemandem helfen. "Es gilt jetzt, sich zusammenzuraufen. Alles andere wäre schädlich für die Demokratie."
"Für mich stellt sich auch die Frage, was bei Neuwahlen heraus kommen sollte. Ich habe es so vernommen, dass man auf einem guten Weg sei", meint Sebastian Müller, Kreisvorsitzender der SPD, zum Scheitern der Verhandlungen.
Er ist der Meinung, dass auch eine Koalition aus CDU, CSU, Grünen und FDP gute Impulse geben könnte, andere als eine Große Koalition. "Jeder sollte sich überlegen, was Neuwahlen bringen", betont er und spielt damit darauf an, dass Parteien wie die AfD noch mehr Zulauf bekommen könnten. Eine Jamaika-Koalition funktioniere ja auch auf Länderebene, wie etwa Schleswig-Holstein. "Warum soll das auf Bundesebene nicht gehen?"
Eine Rückkehr der SPD in eine Regierung hält er weiter nicht für sinnvoll. "Unsere Partei soll sich neu aufstellen, wir wollen Veränderungen, die wir nun durchführen müssen. Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen."
Etwas weniger optimistisch sieht das Valentin Motschmann, Kreissprecher der Grünen: "Es ist schon schwer, mit einer Partei Kompromisse einzugehen, die im Wahlkampf genau das Gegenteil der eigenen Positionen eingefordert hat. "Neuwahlen würden kaum etwas verändern. "Die FDP und die Grünen würden mit den selben Personen antreten, bei der CDU/CSU könnten Köpfe rollen - aber ob das allein neue Einflüsse bringt?" Mittlerweile habe er sogar im fundamental orientierten Flügel der Grünen Kompromissbereitschaft bei vielen Themen beobachtet. "Es ist besser, zehn Kohlekraftwerke abzuschalten als gar keines."


Schon im Wahlkampfmodus

Er sieht das Verhalten der CSU als einen Grund für das Scheitern an, die FDP hätte eher die Konsequenzen daraus gezogen. Die CSU habe schon die Landtagswahlen im Auge, Worte wie "rote Linien" aus ihren Reihen hätten einen Verhandlungserfolg nicht gerade gefördert."
Zwiespältig ist die Reaktion des Kulmbacher FDP-Kreisvorsitzenden Thomas Nagel (einen Lichtenfelser Vertreter der FDP erreichte die Redaktion am Montag nicht). "Persönlich habe ich immer geglaubt, dass Jamaika gelingen kann, wenn man von jeder Partei das Beste für die Regierungsbildung nimmt", erklärt er. "Wenn man aber erkennt, dass Inhalte wie Soli, Schulpolitik oder Einwanderungsgesetz, wegen denen man gewählt wurde, nicht umsetzbar sind, dann muss man sagen: Wir schaffen es nicht gemeinsam." Nagel hält es für einen taktischen Fehler, dass nicht mit den schwierigen Themen wie Klimawandel oder Einwanderung begonnen wurde: "Dann hätte man schon eher gesehen, ob was geht oder nicht."
Der Stadt- und Kreisrat der FDP bezeichnet die Kritik der Grünen, die FDP entziehe sich der politischen Verantwortung als "Frechheit". Man habe im Gegenteil gesehen, dass es den Liberalen nicht um Regierungsposten gehe, sondern dass die FDP geradlinig ihre Überzeugung vertritt. Nagel geht davon aus, dass eine Minderheitsregierung keine Lösung für vier Jahre ist. "Da die SPD auch bei ihrer Linie bleibt, wird es wohl auf Neuwahlen rauslaufen", sagt er. "Ob es ein Sympathiegewinn für die FDP sein wird, weiß ich nicht."