Oliver Jörg ist neuer Generalsekretär der Hanns-Seidel-Stiftung. Welche Ziele der 47-Jährige in der Bildungsarbeit anpeilt, schildert er bei einem Redaktionsgespräch in Banz.
"Banz ist die Inkarnation dessen, dass wir regional denken in München", sagt Oliver Jörg, der neue Generalsekretär der Hanns-Seidel-Stiftung. Das Bildungszentrum in den ehemaligen Klostergebäuden lernte der gebürtige Schwabe vor gut zehn Jahren kennen, als er Landtagsabgeordneter wurde und erstmals zu einer Tagung dorthin reiste. "Banz ist ein Riesenkulturgut", bemerkt er anerkennend. Das Festival "Lieder auf Banz" sei ein Kristallisationspunkt, eine höchst erfolgreiche Veranstaltung, die mit Beteiligung der Hanns-Seidel-Stiftung fortgeführt werde.
"Von den politischen Stiftungen in Deutschland sind wir die einzige, die sich noch so einen großen Außenstandort leistet", sagt Oliver Jörg über Kloster Banz. Die anderen Stiftungen nutzten inzwischen Hotels für ihre Seminare - "diesen Weg wollen wir bewusst nicht gehen." Ihm, dem "in Franken sozialisierten Schwaben", sei es wichtig, dass die Hanns-Seidel-Stiftung bayernweit Angebote zur politischen Bildung macht. Momentan würden intern inhaltliche Schwerpunkte für die nächsten Jahre ermittelt: "Was sind die großen Herausforderungen, die die Menschen beschäftigen, worauf wir Antworten geben wollen?"
Verrohung der Sprache
Dazu zähle ganz sicher die Frage nach der Gefährdung unserer Demokratie, denn eine Tendenz zu extremen, sogar zu extremistischen Haltungen sei vorhanden. Oliver Jörg nennt als Indikatoren die verlorengegangene Debattenkultur sowie eine Verrohung der Sprache. Dieses Phänomen lasse sich in allen gesellschaftlichen Bereichen finden. Es trete vor allem in Internetveröffentlichungen auf und finde sich bei Bloggern wie bei Youtubern. Deshalb denke die Hanns-Seidel-Stiftung darüber nach, einen Blogger-Preis zu vergeben, um sprachlich gelungene Blogs auszuzeichnen. Oliver Jörg beschreibt, wie sein elfjähriger Sohn diese Ankündigung des Vaters aufnahm: "Ich möchte etwas tun, was alle interessiert und was freundlich ist."
Die digitale Welt im Blick
Künftig, fährt er fort, soll es erheblich mehr Seminarangebote geben, die sich mit der digitalen Welt beschäftigen. Es sei dringend erforderlich, Lokalpolitiker auszubilden, damit diese den Draht zu jungen Menschen finden. Der Begriff "Heimat" spiele dabei eine zentrale Rolle. Denn Heimat sei da, wo der Mensch verwurzelt ist. Ein Schwerpunkt in der Bildungsarbeit müsse deshalb der Frage gelten: Wie sind die Kommunen, die Heimat organisieren, aufgestellt? Unverändert fortgesetzt werde die weltweite Entwicklungszusammenarbeit der Stiftung, die in rund 60 Ländern an etwa 100 Projekten arbeitet.
Dem Zusammenwirken zwischen Mensch und Natur messe die Stiftung 2020 ebenfalls großes Gewicht bei. Auf diesem Themenfeld gelte es zu klären, wie Ökologie und Ökonomie in Einklang zu bringen sind und welche Rolle der Verbraucher dabei spielt. Auf dem Sektor Mensch und Technik müssten ebenfalls viele Fragen beantwortet werden: Wie ändert sich unsere Arbeitswelt? Wie machen wir Senioren fit? Wie verändert das die Gesellschaft?
2020 steht das Jubiläum "75 Jahre CSU" bevor. Dafür würden bereits jetzt Pläne geschmiedet. Oliver Jörg spricht davon, dass keine herkömmliche Festschrift gedruckt werden soll, die ohnehin nur in Regalen verstauben würde. Gedacht werde an eine zeitgeschichtliche Publikation mit 75 Fragen (und Antworten) - etwa diese: Wer hat die CSU erfunden?
Hinzukommen sollte ein digitales Angebot, das der Generalsekretär gern auf alle Kreisverbände herunterbrechen möchte: "Es soll ein Mitmach-Portal entstehen für alle, die sich für die Parteigeschichte interessieren und die einen lokalen Zugang haben wollen, um Geschichte lebendig zu gestalten."