Lichtenfelser Spieleparadies: bunte Schachteln versus Smartphone

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Ob da hinten wohl was dabei ist? Diese Frage scheint Ida auf dem Herzen zu haben. Foto: Markus Häggberg
Ob da hinten wohl was dabei ist? Diese Frage scheint Ida auf dem Herzen zu haben.  Foto: Markus Häggberg
Bis unter die Decke reicht die Auswahl, deretwegen Annika und Ida dann und wann mit ihrer Mutter reinschneien.
Bis unter die Decke reicht die Auswahl, deretwegen Annika und Ida dann und wann mit ihrer Mutter reinschneien.
 
Die Qual der Wahl...
Die Qual der Wahl...
 
Geschäftsführerin Nadine Rohowsky zeigt, dass der KJR auch allerlei großes Spielgerät für kleine Spieler im Bestand hat.
Geschäftsführerin Nadine Rohowsky zeigt, dass der KJR auch allerlei großes Spielgerät für kleine Spieler im Bestand hat.
 

Das Spielemagazin des Kreisjugendrings bietet 270 Möglichkeiten, sich in der Familie die Zeit zu vertreiben.

Statistik gefällig? 270 Spiele im Inventar, 34 davon empfohlen ab dem zehnten Lebensjahr und zehn Spiele zwischen zehn und 99 Jahren. Ansonsten Spiele für Kleinkinder, Erwachsene, für zwei, vier, sechs Personen. All das findet sich zum Ausleihen beim Lichtenfelser Kreisjugendring (KJR). Geschichte und Geschichten zu einer Lichtenfelser Einrichtung.

Der Blick fällt auf ein Plakat an der Wand: "Haben Sie heute schon mit Ihrem Kind gesprochen?", fragt es den Betrachter. Fragt man Uschi Sünkel und Nadine Rohowsky, was das Ziel der hier im Laufe der Jahre zusammengekommenen Spielsammlung ist, erhält man schnell eine Antwort: "Um sie Familien zur Verfügung zu stellen, um Familien vom Smartphone wegzubekommen." Die beiden Frauen sind für den KJR tätig, Uschi Sünkel als Verwaltungskraft, Nadine Rohowsky als Geschäftsführerin.

Familien soll die Möglichkeit gegeben werden, hier beim Kreisjugendring Spiele auszuleihen, um das Familienleben zu bereichern, um Kind und unbeschwert zu sein. Das geschieht kostenlos, und wer seinen Namen und seine Anschrift hinterlässt, darf gleichzeitig eine schöne Anzahl an Spielen abholen. Dafür besteht das Magazin in der Geschäftsstelle der Köstener Straße.

Doch wann fing das an und zu welchen Umständen? Uschi Sünkel erinnert sich noch gut daran, dass es so 1997 mit einer Spielesammlung begann. Auf einer Skifreizeit für Jugendliche sei den Betreuern mitgegeben worden, was auf Anklang stieß. Dann habe auch bald ein Interesse für das jeweilige "Spiel des Jahres" eingesetzt und man begann, Spiele anzuschaffen. "Seit 1997 ist die Sammlung stetig gewachsen", erklärt Uschi Sünkel. Ein Grund dafür: Spenden und das, was bei Spielemessen hängenblieb. Solche besucht das Team des Kreisjugendrings bzw. der KJR-Vorstand und hat so seine Erfahrungen mit Spielefirmen wie beispielsweise Ravensburger gemacht. So gibt es Spielefirmen, die ihre Produkte ausleihen und zurückfordern, andere wiederum überlassen diese einem gerne.

Handwagen voller Bobbycars

Es geht aufs Wochenende zu, es ist Nachmittag. Eine Lichtenfelser Mutter betritt das Magazin in der Köstener Straße, sieht sich dort vor dem bis unter die Decke reichenden und mehrere Meter breitem Regal um. Hinter ihr finden sich noch Geschicklichkeitsspiele und ein Handwagen, voll mit Bobbycars. Um diese Zeit, das Wochenende vor der Tür, kommen verstärkt Mütter und Väter mit ihren Kindern hierher. Was sie ausleihen, wird in einem Heft vermerkt, das nicht den Anschein überbordender Bürokratie vermittelt; Handschriftliches, Name und Adresse, Dauer der Entleihe und Erreichbarkeit.

Heute wird sich Monika Liesen aus einem Lichtenfelser Stadtteil eintragen. Ihre Töchter Annika (10) und Ida (5) stehen vor dem Regal und stöbern auf ihre Weise zwischen den Regalen, heben Spielepackungen an und hoch, entnehmen sie dem Lager, legen sie wieder zurück, und manchmal, während des Gesprächs, fällt es Ida ein, unter den Tisch zu krabbeln. Eine Mutter im Raum erklärt, dass es besonders zu Weihnachten in ihrer Familie Gepflogenheit sei, gemeinsam Zeit bei Spielen zu verbringen. Das finden auch Ida und Annika toll. "Wir haben bei neuen Spielen viel zu lachen", sagt Letztere. Zur Frage, ob sie hier schon einmal leer ausgegangen seien und nix mitgenommen hätten, verneinen sie. Dann fällt das Gespräch auf eine Fantasie: "Wäret ihr gerne mal stundenlang alleine in dem Raum mit all den Spielen?" Das "Ja" der kleinen fünfjährigen Ida fällt hierzu mit mehr Bestimmtheit aus.

Meistens, so Uschi Sünkel, die als Verwaltungskraft für den KJR fast schon selbst Institution ist, würden Ausleihwillige so fünf Spiele für die, im Regelfall, Verleihdauer von 14 Tagen mitnehmen. Sie spielt dann und wann zur Probe die Spiele, um in Fragen um Altersangaben beratend sein zu können. Schrittweise wuchs der Spielbestand seit '97, wobei es so etwas wie ein eigenes, vom Landkreis zur Verfügung gestelltes Budget zum Ankauf neuer Spiele nicht gibt, wie Nadine Rohowsky erklärt. "Aber wenn zwei Familien nach ein und demselben Spiel fragen, wird der Umstand (des möglichen Nichtbesitzes) abgeschafft", führt die Frau lächelnd aus. Im Winter, so ist zu erfahren, ist mehr in der Ausleihe los als im Frühjahr oder im Sommer.

Vor allem nach Spielemessen kommen mehr Leute, heißt es. Diese Spielemessen finden im Zweijahresturnus in der Stadthalle statt, der KJR stellt Spiele bereit und das zieht sogar Besucher aus Nachbarlandkreisen an. Darunter auch eine Frau, die es sich zur Gepflogenheit gemacht haben soll, vor Kreuzfahrten einen entspannten Tag in der Stadthalle zu verbringen. Doch die Spielemesse hat auch ihre Schattenseiten: "Die Spiele, die von den Leuten ausgeliehen werden, kommen alle zurück. Aber bei den Spielemessen gab es immer etwas Schwund."