Der Name Mäusbacher steht in Lichtenfels für Fischfachgeschäft. Das Ehepaar Jelinek hat ihn gepflegt.
Schluss, Ende, Aus. Am 1. April ist der Laden schon zu und bleibt es auch. Das ist kein Scherz, das ist die Zukunft von Heinz und Bärbel Jelinek. Eine Stadt mit 20 000 Einwohnern wird dann erstmalig seit fast 100 Jahren keinen Fischladen mehr haben. Mäusbacher ist Geschichte.
Man muss schon die Sportfunktion der Kamera einschalten, wenn man Bärbel Jelineks Bewegungen einfangen möchte. Sie wischt schnell mit einem Lappen über die Glasvitrine, sie lächelt dabei und weiß doch, dass ihr Tun hier zu den Handgriffen der letzten Tage zählt. Ihr Lächeln ist ein "Trotzdem", denn eigentlich hören sie und ihr Mann Heinz nicht gerne auf. Zu sehr sind die beiden Thüringer mit Lichtenfels verwurzelt.
Fisch Mäusbacher war ein Begriff
Seit 23 Jahren betreiben sie einen Laden, der schon vor ihnen ein Begriff war: Fisch Mäusbacher Fisch- und Käsespezialitäten in Lichtenfels. Der Witz dabei: Der Laden öffnete an einem 1. April, damals 1996. "Wir haben an einem 1. April hier angefangen und an einem 1. April hören wir auf", sagt Bärbel Jelinek leicht sinnierend. Nahezu ein Jahr lang hat das Ehepaar Ausschau nach Nachfolge gehalten, hat Annoncen und Inserate geschaltet, sah sich im Raum Kronach-Coburg-Kulmbach-Lichtenfels um, hatte Mittler und Vermittler, hatte Fürsprache seitens des Vermieters und des Citymanagers - nichts, kein Erfolg. Ein florierender inhabergeführter Laden findet keinen Betreiber. Dabei habe es doch den einen oder anderen Interessenten gegeben, der sich im Laden eingefunden hätte, schildert Bärbel Jelinek. "Bei einem wollte die Frau nicht mitmachen", bei manchen habe "der Mumm" gefehlt und manchmal sei eine Ahnung aufgestiegen, wonach "manche Leute auch nicht mehr als zehn Stunden am Tag arbeiten möchten". Das formuliert Bärbel Jelinek nicht als Vorwurf, sie findet, "dass man das den Leuten auch irgendwie nicht übelnehmen kann".
Fischhändler werden weniger
Noch dazu, wo es diesen Erfahrungswert gibt, wonach heute weniger Fachhändler mit Fisch in Berührung seien als ehedem und diese nun schon eher über 50 sind. "Sie finden heute keine 30-Jährigen in der Branche." Heinz Jelinek (67) scheint eine Frohnatur zu sein. Belesen auch. Den Plausch über die Theke hinweg pflegt er, die Freundlichkeit dazu bringt er immer auf. Was niemand sieht, sind die Arbeiten und Vorbereitungen, die nicht im Verkaufsraum stattfinden. "Ich musste jede Woche Fischgräten für Backfisch ziehen", erklärt Jelinek und demonstriert die Technik dazu. Seine Technik lässt ihn diesen Job in der Hälfte der Zeit eines "Ungelernten" erledigen.
Wie er so erzählt, betritt eine Kundin den Laden, bestellt zehn Fischbrötchen und erzählt Jelineks davon, dass auf ihrer Arbeit das Thema laute, dass es "das alles hier künftig nicht mehr gibt". "Das alles hier" ist etwas mit Geschichte. Seit fast 100 Jahren sei der Fischladen in Lichtenfels ein inhabergeführter gewesen, wenngleich nicht immer an diesem Ort. Doch neulich, so beim nun einsetzenden Ausräumen, fand sich hinter einem Möbel eine hinter Glas befindliche Zeitungsanzeige aus dem Jahr 1989, die von einem 20-Jahre-Jubiläum hier am Standort Farbgasse 7 spricht.
So vor ungefähr 20 Jahren erlebten auch Jelineks noch eine Eigenwilligkeit. "In der ersten Zeit sind wir die 87 Kilometer von unserem Wohnort hierher gependelt." Dann bezogen sie ein Zimmer für unter der Woche oberhalb des Ladens. "Wir sind ja Lichtenfelser", erklärt das Ehepaar lächelnd und führt das Pensum Zeit, von welchem es hier mehr als im Wohnort Königssee (Thüringen) verbrachte, als Beweis an. "Wir waren hier nach Feierabend radeln oder im Schwimmbad, manchmal auch bis abends um Zehn noch unterwegs." Dass sie sich hier beheimatet fühlen, hätten Jelineks auch in ihrer Thüringer Heimat gespürt. Und Heinz Jelinek führt ein rührendes Beispiel an: "Wir sind in Königsee über den Weihnachtsmarkt gelaufen und haben uns gefragt: Kennst du hier jemanden? In Lichtenfels ist das anders, da gibt es manches Hallo." Freundschaften. Ja, die hätten sich im Laufe der Zeit ergeben, die gäbe es zu Kunden. "Man vertraute sich ja auch mal was an", sagt Heinz Jelinek.
Tatsächlich soll es auch Urlaubsgäste als Kunden geben. "Manche Touristen kommen alljährlich mit Hallo und verabschieden sich, wenn sie die Heimreise antreten." Das Verabschieden sei derzeit gerade Trend. Ein besonders stilvolles Beispiel hat der 67-Jährige auch auf Lager, denn jemand habe "noch eine schöne Woche und ein schönes Leben - ich bedanke mich" entboten.