Lichtenfels: Im Ranking bei "Focus Money" weit abgerutscht

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Trübe Stimmung über Lichtenfels? - Stadt und Landkreis sind in der Bewertung des Wirtschaftsmagazins "Focus Money" abgerutscht. Foto: Popp
Trübe Stimmung über Lichtenfels? - Stadt und Landkreis sind in der Bewertung des Wirtschaftsmagazins "Focus Money" abgerutscht. Foto: Popp
Diese Werte des Landkreises Lichtenfels sind in das Ranking eingeflossen. Im Vergleich dazu jeweils der Erst- und Letztplatzierte. Lichtenfels kam auf Platz 334 von 382.
Diese Werte des Landkreises Lichtenfels sind in das Ranking eingeflossen. Im Vergleich dazu jeweils der Erst- und Letztplatzierte. Lichtenfels kam auf Platz 334 von 382.
 

Das Magazin "Focus Money" listet Lichtenfels im bundesweiten Regionen-Ranking auf Platz 334 von 382. In Bayern liegt der Landkreis auf dem vorletzten Platz. Doch was sagt das tatsächlich aus?

Einmal im Jahr gewichtet die Zeitschrift "Focus Money" Städte und Landkreise nach Arbeitslosigkeit, Wachstum, Wertschöpfung und Einkommen, nach der Bevölkerungsentwicklung und Investitionen der Unternehmen pro Mitarbeiter. In dieser Rangliste liegt Lichtenfels bundesweit auf Platz 334 von 382 Kommunen. Der bayernweite Vergleich macht noch deutlicher, dass die Region am Obermain in den vergangenen Jahren nicht zu den Gewinnern gehörte: Nur die Stadt Hof kam noch nach ihr und bildete als Nummer 90 das Schlusslicht. 2014 sah der Vergleich viel günstiger aus. Da lag der Kreis Lichtenfels oberfrankenweit auf Platz drei und bundesweit auf Platz 181 von damals 388 untersuchten Regionen.

Auf die Problematik der Zeitpunktbetrachtung weist Helmut Kurz, Wirtschaftsförderer des Landkreises Lichtenfels, hin. Wer in einem Jahr groß investiert hat, wird das im Folgejahr eher nicht in dem Maße tun. Wahrscheinlich ist in dem der Betrachtung zugrunde liegenden Jahr sogar eines der größten Unternehmen im Landkreis komplett weggebrochen: Scherer & Trier hatte 2014 Insolvenz angemeldet. "Ich könnte mir vorstellen, dass im Jahr 2013 keine größeren Investitionen getätigt worden sind", meint Kurz.

Auf den ersten Blick sei es alarmierend, im Ranking um so viele Plätze nach hinten gerutscht zu sein. Die Umfragen der Kammern ergäben jedoch eher eine positive Tendenz im Hinblick auf das Investitionsklima. Die Kammer habe im Zeitraum von 2009 bis 2015 allein im Raum Lichtenfels 41 Unternehmensübergaben betreut, mehr als in vielen anderen oberfränkischen Landkreisen. Das bedeutet: Firmen werden weitergeführt, Arbeitsplätze bleiben erhalten. Lichtenfels, kleinster Landkreis Oberfrankens, behaupte sich. Der Wirtschaftsförderer wird noch im Frühjahr Vertreter der Städte und Gemeinden zu einem Gespräch einladen, um gemeinsam ein Gewerbeflächenentwicklungskonzept zu erarbeiten. Er hofft, dadurch Ansiedlungsinteressenten mehr anbieten und zugleich zum Standort Passendes vermitteln zu können. Mit den so erfassten verfügbaren Flächen könne man auch gezielt Werbung machen. Ansonsten könne man nur wenige Felder direkt beeinflussen. "Wir beraten Betriebe natürlich, auch über Fördermöglichkeiten." Die aktuellen Einwohnerzahlen ergeben ein günstigeres Bild für den Landkreis als im Ranking dargestellt. Von Mitte 2014 zu Mitte '15 gab es sogar ein Plus von 137 Personen. Dieses sei nicht nur den Asylanten geschuldet, betont Helmut Kurz, sondern auch regulärem Zuzug und einem Anstieg der Geburtenzahlen.


Bildungs-Auftrag

Ein Bereich, in dem sich nach Meinung des Wirtschaftsförderers in der Region mehr bewegen müsste, ist die Qualität der Arbeitsplätze. "Die Arbeitsagenturen stellen fest, dass ein kleiner Prozentsatz an Leuten da ist, bei denen es zunehmend schwieriger wird, sie wieder in Arbeit zu bringen." Die Themen Qualifizierung und höher qualifizierte Arbeitsplätze müssten vorangebracht werden, damit Menschen nicht abrutschen, wenn einmal der Fall des Arbeitsplatzverlustes eintritt, sondern gleich wieder einen Job bekommen. Die Initiative Bildungsregion, die im Herbst gestartet wurde, soll sich um Anliegen wie dieses kümmern. Geplant ist auch wieder ein Job-Speeddating mit der Arbeitsagentur, um Arbeitslose konkret an Betriebe heranzuführen.

Viele Standortfaktoren wie Immobilienpreise, Quadratmetermiete, Freizeitwert, Natur, kulturelles Angebot oder Ausbildung und die Lebensqualität insgesamt werden in dem Ranking von "Focus Money" überhaupt nicht berücksichtigt.


"Kein Grund zu Pessimismus"

Wilhelm Wasikowski, Vorsitzender des IHK-Gremiums Lichtenfels und Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer für Oberfranken, sagt: "Ich bin kein großer Freund von Rankings, vor allem, wenn sich diese auf einige wenige Indikatoren und außerdem auf einen extrem kurzen Zeitabschnitt beziehen, in diesem Fall auf die Entwicklung von 2013 auf 2014. So spielt etwa die in Lichtenfels sehr positive Beschäftigtenentwicklung für das Ergebnis keine Rolle. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass wir im Landkreis Lichtenfels noch Luft nach oben haben." Christi Degen, IHK-Hauptgeschäftsführerin, bezeichnet die Aussagekraft von Rankings als begrenzt. Berücksichtigt werde nur die Entwicklung innerhalb eines Jahres und dies für Indikatoren, die schnell und bundesweit verfügbar seien. Die Gesamtplatzierung sei somit nicht besonders aussagekräftig. Die Tatsache, dass manche Landkreise Oberfrankens im hinteren Drittel platziert sind, sei kein Grund zum Pessimismus. "Tatsache ist, dass sich in Oberfranken und seinen Teilregionen seit Jahren eine positive Entwicklung beobachten lässt", unterstreicht die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nehme stetig zu und die Arbeitslosenquote sei in den letzten zehn Jahren von zehn auf unter vier Prozent gesunken. Die Wirtschaft investiere in die Standorte vor Ort, und der Bevölkerungsrückgang in Oberfranken habe sich abgeschwächt - Anzeichen, die positiv stimmten. Degen verweist auch darauf, dass in Oberfranken trotz eines nominal nur durchschnittlichen Einkommens, "der Euro bei uns mehr wert ist, als anderswo", weil die Lebenshaltungskosten niedriger sind.


Sieben Faktoren, die im Vergleich zählten

Sieben Faktoren wurden von "Focus Money" zur Bewertung im Ranking herangezogen:
   Die durchschnittliche jährliche Arbeitslosenquote,
  Veränderung des Bruttoinlandsprodukts zum Vorjahr,
 verfügbares Einkommen privater Haushalte je Einwohner,
 Veränderung der Erwerbstätigenzahl zum Vorjahr,
  Investitionen im verarbeitenden Gewerbe je Beschäftigten,
  Veränderung der Bevölkerung zum Vorjahr,
  Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen.
Die Zahlen sind bis zu drei Jahre alt. Sie werden von den Statistischen Landesämtern zeitversetzt zur Verfügung gestellt.