Kriegsende in Staffelstein: Als Pimpfe in Panzer pinkelten

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Die Zeitzeugen Leo Herbst (links) und Georg Würstlein erinnerten an die Hitlerzeit und das Kriegsende in Bad Staffelstein. Foto: Andreas Welz
Die Zeitzeugen Leo Herbst (links) und Georg Würstlein erinnerten an die Hitlerzeit und das Kriegsende in Bad Staffelstein. Foto: Andreas Welz

Leo Herbst und Georg Würstlein berichteten über Nazi-Zeit und Kriegsende am Obermain.

Die beiden Weltkriege hinterließen deutliche Spuren im Leben der Stadt. Staffelstein wurde kurz vor Kriegsende, am Nachmittag des 12. April 1945, kurz nachdem die ersten Flüchtlingsströme angekommen waren, von amerikanischen Truppen eingenommen. Über diese Zeit berichteten Zeitzeugen im Kolpingzimmer des Jugendheims.
Leo Herbst aus Bad Staffelstein und Georg Würstlein aus Unterzettlitz schilderten lebhaft die Ereignisse der letzten Kriegstage und die folgende Besatzungszeit. Leo Herbst war 1945 beim Jungvolk, der Jugendorganisation der Hitler-Jugend, als es hieß, die Stadt gegen die einrückenden amerikanischen Panzer zu verteidigen. Panzerfäuste waren in einer Grube nahe des Jugendheimes unweit der katholischen Pfarrkirche versteckt. Ein besonnener Nachbar wollte das Leben der Jugendlichen schützen und hatte die Grube mit den Waffen leer geräumt.
Die Stadt wurde schließlich kampflos übergeben.
Eine Handvoll Männer hatten sich mit weißen Fahnen auf den Weg nach Unnersdorf gemacht, berichtete Georg Würstlein. Vor der Brücke schwenkten sie die weißen Tücher vor den anrollenden Panzern, die durch eine Furt bei Niederau über den Main gelangt waren.


Todesstrafe für vier Unterbrunner

An ein tragisches Ereignis erinnerte der spätere Bürgermeister der damals selbständigen Gemeinde Unterzettlitz. Vier junge Männer aus Unterbrunn hatten die Sperrstunde missachtet, einer von ihnen wurde von den Besatzern aufgegriffen. Der Festgenommene verriet die Namen der drei weiteren und schließlich wurden alle vier erschossen.
Mut bewies der damalige Bahnhofsvorsteher von Staffelstein. Ein Munitionszug hatte im Bahnhof gehalten. Ihm gelang es, den Zug nach Zapfendorf weiterzuleiten. Am 1. April 1945 brachten amerikanische Tiefflieger in Zapfendorf den Munitionszug zur Explosion. Der ganze Ort wurde zerstört, 23 Menschen verloren ihr Leben, erinnerte sich Leo Herbst. Georg Würstlein wartete an diesem Ostersonntag in der Ebens felder Kirche mit 110 weiteren Kindern auf die Erstkommunion. Der Pfarrer unterbrach seine Predigt und forderte alle Männer auf, in Zapfendorf Hilfe zu leisten.
Leo Herbst würzte seinen Vortrag aber auch mit humorvollen Begebenheiten aus der NS-Zeit. Im Rahmen der Gleichschaltung wurden auch die Vereine in Staffelstein aufgelöst und das Vereinsvermögen beschlagnahmt. Nur der Burschenverein, ein Verein lediger, zumeist junger Männer, lieferte die Kasse nicht ab. Man hatte vorher bei einem Ausflug das Geld verjubelt.


"Der Führer schläft"

Adolf Hitler besuchte in den 30er-Jahren Staffelstein. Die Schulkinder sollten den Führer am Bahnhof begrüßen, wusste Leo Herbst zu berichten. Mit Fähnchen bewaffnet waren sie auf dem Bahnsteig angetreten, wo der Zug hielt. Der Oberlehrer mahnte allerdings die Schülerinnen und Schüler mit dem Hinweis zur Ruhe: "Der Führer schläft", hätte er gesagt. Hitler machte auch einen Besuch bei den "Heiligen Engeln" in Kloster Banz. Der Orden betreute Auslandsdeutsche und war deshalb für die Partei interessant. In Vierzehnheiligen fielen während der Hitlerzeit die Wallfahrten nicht aus, allerdings durften sie nur an Sonntagen stattfinden. Nach der Einnahme von Staffelstein waren die Amerikaner in der ehemalige Brauerei Brütting stationiert, berichtete Herbst. In einem unbewachten Augenblick kletterten Jugendliche in die Panzer, raubten sie aus und verrichteten dort schließlich ihre Notdurft. Sie mussten alles wieder sauber machen und die Beute zurückgeben, so der Zeitzeuge. Mit einer Geschichte aus dem Elternhaus ergänzte Pfarrer Gerhard Hellgeth die Erinnerungen der Zeitzeugen. Auf dem elterlichen Hof waren auch russische Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter beschäftigt. Er erinnerte sich an einen Ukrainer, der bei einem Hochwasser Enten rettete, obwohl er dazu nicht aufgefordert worden war.