Vier Jugendliche interpretierten in Kloster Banz Tschaikowskis "Jahreszeiten". Die eindrucksvolle Mischung aus Poesie und Musik wollten so viele miterleben, dass zusätzliche Stühle in den Kaisersaal getragen werden mussten.
Die Abendsonne schien zu den geöffneten Fenstern herein, ab und zu spürte das Publikum einen Luftzug - angenehm, nach den vorausgegangenen heißen Tagen. Mit einem Mal aber sollte es Winter sein. Tiefster Winter mit hohem Schnee. Ein Januar-Abend am Kamin. Der besondere Zauber der Musik machte es möglich, dass der imaginäre Ort- und Zeitwechsel gelang und sogar ein heimeliges Gefühl vermittelte.
Der 14-jährige David Höppner aus Unterneuses startete am Flügel im Kaisersaal zu Banz in Tschaikowskys Kalenderzyklus "Die Jahreszeiten". Der Schüler liebt die klassische Musik und wird nicht müde, am Klavier die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten dieses Instruments zu üben. Am Donnerstagabend konnte er einige davon zeigen. Und er hatte Freunde mitgebracht, die das ebenso gut konnten wie er: Alle vier sind sie Klavierschüler der Pianistin Julia Goldstein, die in Altdorf bei Nürnberg lebt. In der dortigen Region traten sie schon einige Male gemeinsam auf, nun sollte es das erste Mal in Davids Landkreis sein.
Ein Instrument reicht Jahreszeiten in der Musik, da denkt man zuerst an Antonio Vivaldi. Aber wofür jener ein Orchester benötigte, das gelang Peter Tschaikowski allein mit dem Klavier - "ein Zauberer", wie Josef Balazs zu Beginn feststellte.
Balazs übernahm den für dieses Werk unentbehrlichen rezitatorischen Part, gemeinsam mit Irina Goldstein. Denn jedem der zwölf Stücke liegen russische Verse zugrunde, die man im Original und auf Deutsch hören durfte. Was bedeutende Dichter Russlands in Worte gefasst hatten, was von dem Leben und den Bräuchen in ihrem Land erzählte, daraus ließ der Komponist mit seiner Musik einen Film im Kopf entstehen. Das Zusammenspiel von Klang und Poesie kam beim Publikum sehr gut an. Dem ruhigen Winterabend am Kamin folgten der ausgelassene und laute Karneval und das Tirilieren der Lerche im März.
Ins Frühjahr ging es weiter mit Laura Reicher am Flügel und dem Schneeglöckchen im April-Wind, bleichen Mai-Nächten und einer frühsommerlichen Ausfahrt mit dem Boot. Erst ein sanftes Wiegen im Wasser, dann ein dramatisches Schaukeln: Die Schülerin zeigte, welch unterschiedliche Stimmungen das Klavier transportieren kann.
Die bäuerliche Arbeit auf dem Land, der Rhythmus der schaffenden Hände beim Sensen und Ernten bestimmten die lebhafteren Klänge, die für die Monate Juli und August standen. Kräftige Töne waren auch bei den Jagdszenen des Septembers gefragt. Rahel Paul zeigte hierbei ihr Können.
Begeisterter Applaus für alle Xuanjia Hua beschloss das Konzert mit einem melancholischen Herbstlied, einer vertonten Fahrt mit dem Pferdeschlitten und einem Weihnachtswalzer. Dann war Raum für langen, begeisterten Applaus für die sympathischen Interpreten. Rahel und Xuanjia, beide Jahrgang 1999, waren übrigens die Ältesten des Quartetts und doch so jung an Jahren. "Eigentlich noch Kinder", wie ihre Klavierlehrerin Julia Goldstein anmerkte. Sie war sichtlich stolz auf ihre talentierten Schüler, die sich für eine Musikrichtung begeistern, die sonst bei der Jugend eher nicht tonangebend ist. Es lohne sich, in die Ausbildung junger Leute zu investieren, weil diese die Kultur der klassischen Musik am Leben erhalten, betonte sie und bedankte sich bei allen Unterstützern.
Die vier Jugendlichen spielten den "Jahreszeiten"-Zyklus nicht zum ersten Mal gemeinsam vor Publikum, sie waren damit schon in Fürth und Nürnberg aufgetreten. Aber dass am Obermain rund 160 sie hören wollten und zusätzliche Stühle in den Kaisersaal getragen werden mussten, das freute sie schon sehr.