Kandidatenkür in Coronazeiten

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Stimmenabgabe steht bei der Kandidatenkür der Parteien an.Adobe Stock
Stimmenabgabe steht bei der Kandidatenkür der Parteien an.Adobe Stock

Die Nominierungsversammlungen bereiten den Parteien und Gruppierungen Kopfzerbrechen. Wo und wie sollen sich über hundert Delegierte treffen?

Nominierungsveranstaltungen können langatmige Parteiveranstaltungen oder begeisternde Lehrstunden in Demokratie sein. Man hat beides schon gesehen. Spannend geht es zu, wenn mehrere Bewerber um die Gunst der Stimmberechtigten buhlen. Wenn sie in ihren Redebeitrag all das hineinlegen, was ihre Person ausmacht und wofür sie sich einsetzen wollen. So war das beispielsweise, als Emmi Zeulner sich an einem Donnerstagabend im Januar 2013 gegen zwei ältere und erfahrenere Mitbewerber aus der CSU durchsetzen konnte und zur Direktkandidatin für den Stimmkreis 240 Lichtenfels-Kulmbach wurde. Im Sommer 2016 folgte die zweite Nominierung der Lichtenfelserin, die dann bereits als Bundestagsabgeordneten antrat. Und wieder füllten rund 160 Delegierte aus drei Landkreisen (Lichtenfels, Kulmbach und ein Teil des Bamberger Landkreises) das Lichtenfelser Stadtschloss. Der Platz reichte gerade so. Und heuer?

Wir befinden uns mitten in einer Pandemie mit gefährlich hohen Infektionszahlen. Der Lichtenfelser Stadtrat war zuletzt mit seinen Sitzungen wegen des größeren Raumvolumens in die Stadthalle ausgewichen - und der Stadtrat zählt 30 Personen. Der Sitzungstermin im Januar wurde ganz gestrichen.

Aber die Nominierungen müssen sein, weil im September die Bundestagswahl ansteht. Doch das Wie und Wann bereitet den Verantwortlichen von Parteien und Gruppierungen Kopfzerbrechen, wie wir feststellten. Denn es gilt aktuell die Pflicht einer Präsenzveranstaltung. Als wir uns in der vergangenen Woche umhörten, blieb vieles noch unkonkret.

CSU: vielleicht im Stadion?

Bei der CSU steht fest, dass man Emmi Zeulner für weitere vier Jahre als Vertreterin in Berlin haben möchte. Dadurch ist man in der vergleichsweise komfortablen Situation, nicht erst noch ein neues Gesicht bekannt machen zu müssen. Kreisvorsitzender Christian Meißner hält eine Veranstaltung im Freien für eine Option. Das Karl-Fleschutz-Stadion beispielsweise sei auf den Rängen überdacht und beschallbar. Meißner weist darauf hin, dass nicht nur die Aufstellungsversammlung selbst, sondern auch die vorausgehende Kreisdelegiertenwahl nach bislang geltenden Vorgaben als Präsenzveranstaltung abgehalten werden muss. Um auch die CSU-Landesliste fristgerecht aufstellen zu können, sei man aber terminlich gebunden. "Wir können noch ein paar Wochen schieben, aber nicht ewig." Für den Landrat in seiner Funktion als CSU-Kreisvorsitzender sind vor allem zwei Dinge wichtig: Die Vorgehensweise muss korrekt ablaufen, damit das Ergebnis im Nachhinein nicht anfechtbar ist. Gleichzeitig will man seiner Vorbildrolle im Hinblick auf die Corona-Regeln gerecht werden. "Wir sind stark unter Beobachtung", meint Meißner.

SPD: neuer Termin im Februar

Die SPD hatte bereits im Oktober die Stadthalle Kulmbach reserviert, dann aber den Termin wegen hoher Infektionszahlen in der dortigen Region gestrichen. Die Hoffnung, es würde in ein paar Monaten besser aussehen, hat sich nicht erfüllt.

Grüne: zwei Frauen

Bei den Grünen war es ähnlich: Die hatten das Lichtenfelser Stadtschloss im vergangenen Herbst für die geplante Nominierungsveranstaltung gebucht. Damals hatte es Bedenken seitens der Kulmbacher Teilnehmer gegeben, weshalb man sich verständigte, den Termin zu verschieben. Kreisvorstandssprecherin Sandra Nossek kann noch keinen neuen Termin nennen. Es stehe aber bereits fest, zwischen wem sich die Delegierten der Grünen entscheiden können: Es wollen sich Dr. Susann Freiburg (Lichtenfels) und Magdalena Pröbstl (Kulmbach) bewerben. Vielleicht im März/April, wenn man schon ins Freie kann, so eine Überlegung.

Seitens der SPD hingegen wird noch kein Name genannt, dafür aber ein neuer Termin: Samstag, 13. Februar. Etwa 100 Delegierte aus den Ortsvereinen dreier Landkreise werden erwartet. "Pro 25 Mitglieder wird ein Delegierter entsendet", erklärt der Lichtenfelser Kreisvorsitzende Sebastian Müller die Vorgehensweise. Müller selbst ist einer von vier Delegierten des Ortsvereins Lichtenfels.

Die erforderlichen Abstände könnten in der Kulmbacher Stadthalle sicherlich gewahrt werden, meint er. Wahrscheinlich würde ein Großteil der Teilnehmer einen eigenen Tisch bekommen. Doch in die Länge ziehen sollte man die Begegnung auf keinen Fall, so die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Empfehlungen: Je mehr Redezeit, desto mehr Aerosole in der Raumluft, umso höher das Ansteckungsrisiko. Die Wahl eines Bundeswahlkreisvorstandes soll deshalb laut Müller nicht an gleicher Stelle erfolgen. Das Gremium könne auch von den Kreisverbänden separat zusammengestellt werden.

Ändert der Bundestag die Regeln?

Die Pflicht zur Präsenzveranstaltung bei den Nominierungen könnte aber noch kurzfristig geändert werden, erfahren wir aus dem Bundesinnenministerium. Eine Sprecherin teilte uns auf Nachfrage mit, dass man befugt sei, "im Falle einer Naturkatastrophe oder eines ähnlichen Ereignisses höherer Gewalt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages von den Bestimmungen über die Aufstellung von Wahlbewerbern abweichende Regelungen zu treffen und Abweichungen der Parteien von entgegenstehenden Bestimmungen ihrer Satzungen zuzulassen, um soweit erforderlich die Benennung von Wahlbewerbern ohne Versammlungen zu ermöglichen." Die Voraussetzung hierfür sei, dass der Bundestag feststellt, dass die Durchführung von Versammlungen ganz oder teilweise unmöglich ist. Diese Feststellung ist seit dem 26. November 2020 möglich, wurde aber durch den Bundestag bislang jedoch nicht getroffen. Aufgrund der aktuellen Lage könnte es sein, dass Bewegung in die Sache kommt. Nächste Woche ist Sitzungswoche für die Bundestagsabgeordneten.