Welche Regeln und Unterstützung gibt es für die Beschäftigung von Flüchtlingen? Das Wirtschaftsforum Obermain-Jura und der Landkreis luden Unternehmer zu einem Informationsabend ein und nannten ihnen Ansprechpartner.
Woche für Woche werden dem Landkreis Lichtenfels 14 Asylbewerber dauerhaft zugewiesen, die hier ihr Verfahren abwarten. Bis zum Jahresende werden es wohl um die 650 sein. Werden sie sich dafür entscheiden, auf Dauer im Landkreis Lichtenfels zu leben, oder zieht es sie in die Metropolen? Das hängt von vielen Faktoren, auch dem familiären Hintergrund, ab. Auf jeden Fall wird Integrationsarbeit gefordert sein. Weil Arbeit "einer der stärksten Hebel ist, um Asylbewerber in unsere Gesellschaft zu integrieren", wie Erhard Ströhl als Vorsitzender des Wirtschaftsforums Obermain-Jura herausstellte, hat der Verein gemeinsam mit dem Landkreis die Initiative zu einer Informationsveranstaltung ergriffen. 150 Unternehmer aus der Region wurden eingeladen, etwa ein Drittel nutzte die Gelegenheit und kam nach Weismain. Landrat Christian Meißner (CSU) freute sich über die Resonanz und zeigte zunächst die aktuelle Situation auf. Die Erstaufnahme, die der Landkreis nur schaffen könne, weil viele Ehrenamtliche mithelfen, ist das eine. Dann gehe es um eine menschliche und faire Betreuung, und schließlich um die Frage: Wie geht das weiter?
Integration bezeichnete Albert Klein, Geschäftsführer des Baur-Versandes, in dessen Saal man sich traf, als eine der größten Herausforderungen der nächsten 20 Jahre: "Wir alle sind gefordert, unseren Beitrag zum Gelingen dieser großen Aufgabe zu leisten."
Während die Situation bei der Antragsbearbeitung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach wie vor unbefriedigend sei, wie der Landrat feststellte, sei der Wunsch nach Arbeit sei bei den Menschen groß. "Wir werden demnächst eine Vereinbarung mit IHK und HWK unterzeichnen, um das Mögliche zu tun." Doch auch in der Gesetzgebung müsse noch die ein oder andere Stellschraube gedreht werden.
Mehr Unterstützung möglich
Brigitte Glos, Chefin der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg, konnte immerhin berichten, dass in diesen Wochen Mitarbeiter der Arbeitsämter dem BAMF bei der Antragsbearbeitung unter die Arme greifen werden. Sie verspricht sich zudem Bewegung von den zum 1. November eingeführten Neuerungen. Erst damit seien die Voraussetzungen geschaffen worden zu helfen - beispielsweise im Hinblick auf die Sprachförderung. Glos sagte, die Agentur Bamberg-Coburg sei mit 1,4 Millionen Euro für die Eingliederungsförderung ausgestattet. "Wir können viel mehr machen als bisher. Uns haben die Mittel gefehlt."
Bäckermeister Mathias Söllner regte einen mehr praxisbetonten Ausbildungsweg für Asylbewerber an. Die Kammervertreter lehnten jedoch zweierlei Ausbildungen beziehungsweise Abschlüsse ab. Sie sprachen sich für eine generell vereinfachte Prüfungssprache aus und verwiesen auf die Möglichkeit einer Ausbildungsverlängerung auf vier Jahre bei Bedarf.
Von den Herausforderungen des Berufsschulunterrichtes für junge Flüchtlinge berichtete Schulleiter Hans-Jürgen Lichy. Begonnen habe man in Lichtenfels heuer mit 20 unbegleiteten Minderjährigen aus Afghanistan, Eritrea, Somalia und dem Irak. Die Lebenssituation der Schüler und der Spracherwerb stünden im Mittelpunkt. Man wolle Begabungen herausfinden und gezielt Praktikumsplätze vermitteln. Ausbildung ist auch in den Augen der Arbeitsamtschefin der Königsweg. Betriebe seien gefordert, Asylbewerbern den Nutzen einer Ausbildung zu erklären. Für die Firmen sah sie darin einen sehr guten Weg, Fachkräfte zu gewinnen. 80 Prozent der Flüchtlinge hätten bereits berufliche Qualifikationen, aber meist keine Nachweise dafür, weil es im Herkunftsland kein vergleichbares System gibt.
Wolfgang Schubert-Raab freut sich auf einen jungen Mann aus Mali, der bei ihm in der Baufirma ein Praktikum beginnen möchte. "Er hat in seiner Heimat Maurer gelernt. Was muss ich beachten?" so seine Frage in der Diskussionsrunde. Jürgen Wagenbach vom Arbeitgeberservice des Arbeitsamtes informierte darüber, dass für bestimmte Praktika keine Zustimmung der Bundesagentur mehr nötig ist und in dieser Zeit kein Mindestlohn gezahlt werden muss. An Firmenvertreter wurde appelliert, sich mit Fragen direkt an Arbeitsagentur oder Jobcenter zu wenden, dort auch Interesse zu bekunden, wenn sie Asylbewerbern Arbeit oder Ausbildung anbieten möchten.
Arbeitsgenehmigung und Förderung
Wer seine Herkunft verschleiert, sich nicht registrieren lässt, den Pass wegwirft oder dergleichen hat keine Chance, eine Arbeitsgenehmigung zu erhalten. Dies machte Brigitte Glos, die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg, bei der Veranstaltung zum Thema Integration von Asylbewerbern in Weismain deutlich. Ganz wichtig ist der Einreise-Nachweis. Denn nach einer Wartefrist von drei Monaten ist Flüchtlingen ein Arbeitsmarktzugang möglich. Ohne Zustimmung des Arbeitsamtes können Asylbewerber, die ab 49 Monaten im Land sind, eine Arbeit aufnehmen.
Sprachförderung - zunächst 300 Unterrichtsstunden - ist laut Brigitte Glos von den ersten Monaten in Deutschland an möglich, nicht erst, wenn der Asylantrag gestellt wurde. Für anerkannte Flüchtlinge sind 600 Stunden Deutschunterricht vorgesehen. Daran kann sich eine berufsbezogene Sprachförderung mit maximal 730 Stunden anschließen. Die Kurse werden im Auftrag der Agentur für Arbeit von Bildungsträgern angeboten. Dort stehen auch entsprechende Ansprechpartner zur Verfügung (siehe nebenstehender Kasten).
Für junge Flüchtlinge gibt es Unterstützung beim Übergang Schule-Beruf sowie ausbildungsbegleitende Hilfen. Berufliche Ausbildung in unserem dualen System ist den Flüchtlingen in der Regel fremd. Sie erscheint ihnen vor dem Hintergrund, dass man als Arbeiter mehr Geld als in der Ausbildung verdienen kann, auf den ersten Blick unattraktiv. In der Diskussionsrunde wurde hierbei angesprochen, dass oftmals in den Heimatländern zurückgebliebene Verwandte finanzielle Unterstützung erwarten.
Sowohl Vertreter der Industrie- und Handels- sowie der Handwerkskammer (IHK/HWK) betonten, dass man den jungen Leuten vermitteln wolle, dass sich Berufsausbildung lohnt.
Ansprechpartner für Arbeitgeber
Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit, Tel. 0800/4555520 oder 09561/93220 bei Fragen zur Beschäftigung von Flüchtlingen sowie zu begleitenden Fördermöglichkeiten (Weiterbildung/Sprachkurse);
Der Verein "Obermain-Jura - Das Wirtschaftsforum" mit Sitz in Burgkunstadt hat sich erst im Frühjahr gegründet. Er möchte über die aktuellen, regionalen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Fragen aus Unternehmersicht informieren sowie die Identifikation mit dem Wirtschaftsstandort und Lebensraum Obermain-Jura stärken. Vorsitzender ist Erhard Ströhl, Bereichsleiter "Informationsmanagement/ Bau & Technik" bei Baur. Kontakt über
www.oj-wifo.de;
Firmen, die Flüchtlingen Praktika anbieten möchten, können sich bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) in eine Liste aufnehmen lassen. Kontakt: Tel.: 0921/886-0.
Weitere Infos zum Thema auch unter
www.landkreis-lichtenfels.de