Hotspots in Lichtenfels stoßen nicht überall auf Zustimmung

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Nicht für alle ist W-Lan allüberall erfreulich. Elektrosensible suchen oft verzweifelt unbelastete Zonen. Es gibt schon Hotels, die mittels Kennzeichnung (siehe Bild) mit dem Verzicht auf W-Lan oder nächtlicher Abschaltung werben. Foto: Popp
Nicht für alle ist W-Lan allüberall erfreulich. Elektrosensible suchen oft verzweifelt unbelastete Zonen. Es gibt schon Hotels, die mittels Kennzeichnung (siehe Bild) mit dem Verzicht auf W-Lan oder nächtlicher Abschaltung werben.  Foto: Popp

Nicht für alle sind zusätzliche W-Lan-Hotspots eine Freude. In Lichtenfels gibt es kritische Stimmen zu einer zunehmenden Belastung durch Funknetze.

Vier zusätzliche W-Lan-Hotspots für freien Internetzugang sind in der Stadt geplant: in der Stadthalle, am Campingplatz, an der Liegewiese zum Merania-Bad und im Stadtschloss. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtgestaltung, in der dies besprochen wurde, meldeten sich zwei Stadträte - Monika Faber (SPD) und Mathias Söllner (Grüne) - mit besorgten Nachfragen ob der Strahlenbelastung zu Wort. Doch die IT-Leiterin der Stadtverwaltung, Birgit Höhn, stellte die Technik als unproblematisch dar ("Es betrifft nur den, der sein Handy nutzt"). Anschließend gab es keine Diskussion mehr.

Doch zwischenzeitlich wurden kritische Stimmen laut, die auch der Redaktion dieser Zeitung zu Ohren kamen. Als wir bei Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) nachfragten, auf welchen Erkenntnissen die Aussage seiner Mitarbeiterin basiert, äußerte er, diese sei wohl missverständlich wiedergegeben worden. Sie habe dargelegt, dass keine zusätzlichen Sendemasten aufgestellt werden und von einem Hotspot eine geringe Belastung ausgehe.
Tatsächlich kann die Belastung aber sehr unterschiedlich sein - und besonders elektrosensible Menschen bekommen das zu spüren. Das Bundesamt für Strahlenschutz sieht "nach dem jetzigen Stand von Wissenschaft und Technik" zwar keine gesundheitliche Gefahr vom Mobilfunk ausgehen, räumt allerdings ein, dass die Technologie für eine abschließende Beurteilung von Langzeitwirkungen noch zu jung sei, und bei Wirkungen auf Kinder noch nicht alle Fragen beantwortet seien. Es rät daher, "die Vorsorge nicht außer Acht zu lassen" und gibt auf seiner Homepage Tipps zur Reduzierung der Strahlenbelastung.


Wissenschaftler fordern Schutz

Der wichtigste Tipp wäre die konsequente Bevorzugung kabelgebundener Lösungen, wie es jüngst Ärzte und Wissenschaftler verschiedener Nationen als Unterstützer eines Elternappells in Island getan haben. Sie fordern die Behörden auf, über die potenziellen Risiken hochfrequenter Strahlung gerade für Heranwachsende und Kinder zu informieren. In Baden-Württemberg hat ein Ärztearbeitskreis schon vor Jahren den Kultusminister dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, digitale Medien an Schulen verkabelt zu nutzen.

Ein Netzwerk von Ärzten und Wissenschaftlern, das sich in dem gemeinnützigen Verein "Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie" zusammengeschlossen hat, hält einen weiteren Ausbau der Funktechnik für nicht verantwortbar und fordert einen stärkeren Schutz der Bevölkerung. Der Redaktion ist ein Fall bekannt, wo bereits installierte W-Lan-Router in einer Behörde nach kritischer Haltung des Betriebsrates und -arztes wieder deinstalliert wurden.


Kommentar: "Schutzlos ausgeliefert"

Sie haben keine Lobby, die elektrosensiblen Menschen. Bei vielen Ärzten haben sie keine andere Hilfe als Psychopharmaka zu erwarten, bei Politikern höchstens ein bedauerndes Schulterzucken. Für elektrosensible Menschen wird es in Anbetracht eines immer engmaschiger werdenden W-Lan-Netzes in öffentlichen Bereichen immer schwieriger, am normalen gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Betreiber von Cafés, Hotels und öffentlichen Verkehrsmitteln, Verantwortliche in Rathäusern und städtischen Einrichtungen meinen, ihren Kunden und Besuchern immer und überall kostenlosen Zugang ins Internet bieten zu müssen. Bezahlen werden dafür alle: die einen nur mit Steuergeldern, die anderen auch mit ihrer Gesundheit. Wenn dem bayerischen Minister für Landesentwicklung, Söder, als Argument für ein bayernweites Netz an freien Hotspots zuvorderst die Nervenruhe von Eltern zufriedengestellter Teenager während der Urlaubsreise einfällt, mag das manchem ein Schmunzeln entlocken - Betroffenen sicher nicht.

Irgendwann waren sie auch mal gesund, und oft steckt eine lange Odyssee dahinter, bis die Zusammenhänge ihrer Erkrankungen und Symptome mit einer Funkbelastung erkannt wurden. Unabhängige Wissenschaftler sehen darin keine Hirngespinste und stellen eine wachsende Zahl unter Elektrohypersensibilität Leidender fest. Die Beweisführung ist freilich schwierig. Doch allein die Tatsache, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO 2011 Hochfrequenzstrahlung als möglicherweise krebserregend einstufte, sollte zur Vorsorge verpflichten!

Steht nicht ein Bürgermeister wie jeder andere Arbeitgeber auch in der Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter? Einige Gemeinderäte im Landkreis haben aus Gründen der Vorsorge Nein zu W-Lan-Hotspots in ihren Orten gesagt. Gerade eine Region, die als Gesundheitsregion firmiert, sollte sich vor allem dem Gesundheitsschutz verpflichtet fühlen.