Die Franziskusschwestern von Vierzehnheiligen betreiben in Kroatien ein Altenheim, in dem sie 44 Bewohner pflegen. Der FT stattete der Einrichtung einen Besuch ab.
Wie eine Festung steht das schmucke Altenheim der Franziskusschwestern in der kleinen Ortschaft Cugovec, rund 40 Kilometer östlich von Zagreb. Zwischen heruntergekommenen Bauernhöfen und armseligen Katen erhebt sich ein moderner Zweckbau, der sich wie ein Fremdkörper von seiner Umgebung abhebt. Hier steht seit einigen Jahren in Kroatien ein Bollwerk gegen Hunger und Armut, Krankheit und Einsamkeit. Wer hier aufgenommen wird, den hat das Schicksal begünstigt: Er wird ärztlich versorgt und von ausgebildetem Personal gepflegt. Die staatlichen Heime dagegen sind Bewahranstalten für alte Menschen, die nur mit dem Allernötigsten versorgt werden, denn Kranken- und Rentenversicherungen sind oft ganz minimal.
Der Empfang des Gastes aus Deutschland im "Stepinčev dom" ist herzlich.
Schwester Annemarie, die Vertreterin der Kongregation der Franziskusschwestern in Vierzehnheiligen, geleitet ihn mit Schwester Gundelinde und der Sozialarbeiterin Beatrica Budiselic in die Räume des Klosters. In der Küche, die als Besuchszimmer und Aufenthaltsraum dient, gibt es Kaffee und erste Gespräche. Die Zeit drängt, da das Rosenkranzgebet in der Hauskapelle beginnt und danach ein Eucharistie-Gottesdienst stattfindet.
Pfarrer Josip Kos wird durch einen Karmeliten-Pater und zwei kranke Salesianer-Don-Bosco-Pater unterstützt, die alle im Hause leben. Am Keyboard in der Hauskapelle sitzt Vladimir Kramar, ein pensionierter Musiklehrer, der seinen Lebensabend im Altenheim verbringt. In seinem Einzelzimmer unter dem Dach ist er mit seinen beiden geliebten Akkordeons und einer Gitarre glücklich.
Er weiß, dass er noch gebraucht wird.
44 Heimbewohner In der Kapelle finden sich täglich die Heimbewohner ein, zu den Gottesdiensten kommen auch Leute aus dem Ort. Sie singen alle Lieder auswendig, auch viele Strophen. Ein paar Jugendliche sind darunter. Pfarrer Kos teilt die heilige Kommunion aus und geht durch die Reihen. Er habe schon im Dom zu Bamberg als Mitzelebrant bei Hauptgottesdiensten mitgewirkt, verkündet er stolz. Und Erzbischof Ludwig Schick sei bei der Einweihung hier gewesen.
An den Wänden hängen kupfergetriebene Kreuzwegbilder. Im Altar wurde eine Reliquie des selig gesprochenen Kardinals Alojzije Stepinac eingemauert. Die Vision, hier ein Altenheim zu errichten, gründet im Vertrauen auf seine Fürsprache. Der Raum dient auch als Veranstaltungsort und kann durch eine Faltwand abgetrennt werden. Das Tabernakel glänzt golden, ist aber aus Messing.
Eine Tür führt zur Sakristei, dahinter ist ein Raum für Gäste eingerichtet.
44 Heimbewohner leben in Ein-, Zwei-, Drei- und Vier-Bett-Zimmern, wo sie von 19 qualifizierten Mitarbeitern betreut werden. Bei einem Rundgang wird schnell deutlich: Sie sind alle gern hier, die Betreuer und die Heimbewohner.
"Dobro"(gut), heißt es immer wieder, wenn man nach dem Befinden, dem Essen oder der Pflege fragt. Offensichtlich verstehen sich auch die Bewohner der Mehrbettzimmer gut.
Im Krankenzimmer wird eine Heimbewohnerin von einem Krankenpfleger und einer Pflegehelferin versorgt. Josip Deveric ist seit vier Monaten im Heim; er hat einen Schlaganfall überlebt und ist in Vollpflege. "Es ist besser geworden", sagt er und bewegt dabei die Gliedmaßen.
Schwester Annemarie wählt die Heimbewohner nach Bedürftigkeit aus.
"Wir nehmen bevorzugt Menschen aus der näheren Umgebung auf", sagt sie und: "Wir nehmen sie, wie sie kommen." Es gebe Notfälle, in denen sich Kranke oder Behinderte nicht mehr selbst helfen können. Da sie selber aus dem Nachbardorf stamme, kenne sie die Familien und wisse, wo Hilfe nötig ist.
Dass im 21. Jahrhundert in einem europäischen Land noch Menschen aus lebensunwürdigen Situationen herausgeholt werden müssen, das veranlasst die Schwestern von Vierzehnheiligen, Mindereinnahmen bei besonders armen Bewohnern mit Spenden auszugleichen.
Ein Sterbezimmer gibt es im Altenheim Cugovec nicht. Die Schwerstkranken bleiben in ihren Zimmern und werden von den Mitbewohnern bis zum Tode begleitet. Das sei der Wunsch aller Betroffenen, sagt Schwester Annemarie. Auch ein Palliativ-Zimmer steht bereit und bietet eine angemessene Umgebung.
Fuhre Holz und Lebensmittel Das segensreiche Wirken des Altenheims erstreckt sich aber auch auf Not leidende Menschen außerhalb der Klostermauern. Da sind Familien mit sechs oder acht Kindern, die unterstützt werden. Ein paar Häuser weiter wohnen in einer verwahrlosten Hütte Anton und Ljubica Novoselec. Er war in einem Sägewerk beschäftigt und bekommt umgerechnet 270 Euro Rente. Davon können beide nicht leben. Feuerholz können sie in diesem Winter nicht bezahlen. Schwester Annemarie organisierte ein Fuhre Holz und eine Ladung Lebensmittel. Gemeinsam mit der Sozialarbeiterin wurde ein Rollstuhl bepackt - und los ging's nach dem Dunkelwerden, über Stock und Stein in die Kate der beiden alten Leute. Die Hunde bellen, und es ist glatt an diesem kalten Dezemberabend. Drinnen wird ein Raum mit einer Funzel erhellt.
Er ist geistig nicht mehr ganz beisammen, und sie humpelt an einem Gehstock umher. Beim Auspacken von Mehl und Öl, Milch und Brot beginnen die Augen der Alten zu leuchten.
Eindrucksvoll ist der Besuch eines Karmelitinnen-Klosters in einem Marktflecken etwa 35 Kilometer von Cugovec entfernt. Das riesige Kloster wird von zehn Nonnen bewohnt, eine von ihnen wohnt jetzt im Heim der Franziskusschwestern. Sie konnte die Feuchtigkeit der Mauern und die Kälte nicht mehr ertragen. Bei einem Rundgang im ehemaligen Franziskanerkloster wird die ganze Misere deutlich: Hohe Räume, die durch ein paar Gasöfen nicht warm werden können. Schwester Annemarie war noch nie hier. Fremde haben keinen Zutritt, doch der Besuch aus Deutschland macht es möglich. "Wir können nicht helfen", bedauert sie. Die Kirche nebenan werde vom Staat saniert.
Für das Kloster gibt es kein Geld.
Hoffnung auf ein besseres Leben machen sich die Menschen in Cugovec durch den Eintritt Kroatiens in die EU nicht. Sicherlich könnten zum Beispiel Landwirte Anträge auf Förderung stellen - alles geht einen ungewohnt aufwändigen, bürokratischen Weg. Deshalb ist seit der noch nicht einmal sechsmonatischen Mitgliedschaft Kroatiens in der EU noch kein Geld angekommen, erklärte Schwester Annemarie. Bauern müssten daher motiviert werden, Geduld zu haben und trotzdem Zuschüsse zu beantragen.
Schwester Annemarie Vita Auf dem Bauernhof im Nachbardorf ihrer Großeltern wurde Schwester Annemarie geboren. Sie folgte 1981 der Mutter nach Deutschland, die hier seit 1968 als Gastarbeiterin in einer Fabrik arbeitete. Die Mutter kaufte 1978 als Mitgift für ihre Tochter den Bauernhof in Cugovec.
1983 reifte deren Entschluss, Ordensschwester zu werden. Bei einem Besuch in Vierzehnheiligen stellte sie im gleichen Jahr den Antrag auf Aufnahme in die Kongregation, die 1988 mit der ersten Profess vollzogen wurde. Bis zum Jahr 2003 arbeitete die inzwischen ausgebildete Krankenschwester im Waldkrankenhaus in Erlangen. Als die Mutter ihr "Hochzeitsgeschenk", den Bauernhof in Cugovec, der Kongregation vermachte und der Aufbau einer Niederlassung in Kroatien begann, kam Schwester Annemarie wieder zurück in ihre alte Heimat.