Gericht: Lichtenfelser behinderter Rentner-Rüpel schlägt auf Passanten ein

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Durch komplette Aktenstapel musste sich das Gericht wegen dem rüpelhaftem Rentner durchkämpfen. Foto: Ferdinand Merzbach
Durch komplette Aktenstapel musste sich das Gericht wegen dem rüpelhaftem Rentner durchkämpfen. Foto: Ferdinand Merzbach

Mit einem Holzstock soll ein behinderter 70-Jähriger in Lichtenfels mehrmals auf Leute eingeprügelt haben.

Zwei Tage nahm der Prozess gegen einen schwer behinderten und schwer auffälligen älteren Mann in Anspruch. Anklageverlesung am Montag, Prozess am Dienstag und das nahezu ganztägig. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung, gefährlichen Körperverletzungen und Beleidigungen fiel im Amtsgericht nach sieben Stunden Dauer der Urteilsspruch.

Dienstagmorgen, 9 Uhr und eine Frage: Wo ist der Angeklagte? Tatsächlich musste der säumige Mann von der Polizei herbeigeschafft werden. Die hatte dabei sogar noch seine Wohnungstür in Lichtenfels aufzuhebeln. Richter Alexander Zenefels versicherte dem Vorgeführten zweierlei: dass er die Verspätung als unhöflich empfand und dass die Tür wieder verschließbar sei. Dann, konfrontiert mit einer verlesenen ärztlichen Einschätzung, wonach er "verwahrlost, aber klar im Denken" sei, erklärte auch der verschlafen aussehende Beschuldigte im Saal 14, in der Lage zu sein, der Verhandlung zu folgen.

Die brachte sechs Anklageschriften mit sich, verlesen von Staatsanwalt Philip Pasch. Von August bis November 2018 sei der Mann in der Lichtenfelser Innenstadt auffällig geworden, mal deswegen, weil er in einem Fachmarkt mit einem Holzstock ohne Vorwarnung auf Verkäufer eingeschlagen haben soll, mal darum, weil er diese zudem beleidigt habe, ein andermal wiederum, weil er am Bahnhofsplatz mit einem Stock einer Frau unvermittelt an Kopf und Oberschenkel Verletzungen beigebracht und diese zudem als "Schlampe" und "Hure" tituliert hätte. Auch habe er im Fachmarkt - Wochen nach dem ersten Vorfall im August - einem Verkäufer massiv gedroht: "Du W*, Du sch* Jude, ich krieg' dich auch noch."

Foto zeigt geschwollene Hand

Konfrontiert mit der umfangreichen Anklageverlesung, wies der 70-Jährige einige Vorwürfe in Gänze von sich. Die Vorlage eines Foto, das die geschwollene Hand des Verkäufers zeigte, welcher er mittels Holzstock zugesetzt habe, quittierte er in Richtung Posch und Zenefels so: "Ich kann ja auch mit einer geschwollenen Hand rumlaufen und sagen: Sie waren das!"

Doch die an sich schon nicht sehr große Glaubwürdigkeit des Angeklagten erfuhr immer wieder Erschütterung. So berichteten mehrere Zeugen von einem Besenstil oder Holzstock, den der Mann mit sich geführt haben soll, was dieser zu Beginn der Verhandlung aber eher verneinte. Zu spüren bekommen soll diesen Stock auch eine Frau haben, die in Polizeiberichten als "stadtbekannt" tituliert wurde und für ihre Zeugenaussage von der Justizvollzugsanstalt Bamberg beigeschafft wurde. Sie versicherte dem Gericht glaubwürdig, dass ein Stock gegen sie Verwendung fand.

Wovon Staatsanwaltschaft und Richter im Laufe der Verhandlung Abstand nahmen, war die Verfolgung eines angeklagten Tatbestands vom 27. August 2018. Dabei soll der Beschuldigte stockschlagend gegen einen nahezu gleichaltrigen Mann körperlich vorgegangen sein. Allerdings war der Auslöser des Streits, also die Frage danach, wer genau wem ein Bier über den Kopf gegossen haben soll, nicht zu klären. Der Adressat der Schläge bestätigte dies, ein Zeuge wiederum verneinte das. Infolge dessen kamen Zenefels und Posch überein, diesen Anklagepunkt fallenzulassen.

Die Plädoyers

Nach sechs Zeugenvernehmungen sowie mehreren Prozessunterbrechungen in Rücksichtnahme auf den Beschuldigten war Zeit für die Plädoyers. Maximal ein Jahr Haft zur Bewährung forderte Rechtsanwalt Manfred Glöckner für seinen Mandanten, dessen Führungszeugnis rein ist. Das Urteil sollte sich eher an der staatsanwaltschaftlichen Forderung orientieren und fiel wegen versuchter und gefährlicher Körperverletzung sowie mehrfachen Beleidigungen um drei Monate höher aus, gleichwohl im Bewährungsrahmen von drei Jahren bleibend. Zwei Jahre lang sogar unter Aufsicht.

In seiner Urteilsbegründung betonte Zenefels, dass sich der 70-Jährige "uneinsichtig gezeigt" habe und 2018 "immer wieder Unbeteiligte" in etwas reinzog. "Es ist ein großes Geschenk, dass Ihnen gemacht wurde", betonte der Richter den Wert des Urteils und verwies auf zwei vor ihm liegende Aktenstapel, die auch mit dem Lichtenfelser zu tun haben und noch nicht bearbeitet worden seien.

Als der Verurteilte darum bat, von einem Pflegedienst nach Hause gebracht zu werden, wurde ein solcher telefonisch verständigt. Von dessen Seite aber wurde deutlich gemacht, dass man unwillig sei, den Verurteilten mitzunehmen, da dieser schon Mitarbeiter geschlagen habe.