"Geben und Nehmen ausgleichen"

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Wie aus Partnerschaften gelingende Ehen werden können, vermittelte Lebensberater Dieter Leicht bei einem Seminar im Evangelischen Gemeindezentrum in Michelau. Foto: Joachim Wegner
Wie aus Partnerschaften gelingende Ehen werden können, vermittelte Lebensberater Dieter Leicht bei einem Seminar im Evangelischen Gemeindezentrum in Michelau. Foto: Joachim Wegner
Vertrautheit und Nähe, aber anderseits auch das Bedürfnis der Abgrenzung fordern Paare heraus. Die Teilnehmer des Seminars diskutierten darüber, wie diese Bedürfnisse ausbalanciert werden können. Foto: Joachim Wegner
Vertrautheit und Nähe, aber anderseits auch das Bedürfnis der Abgrenzung fordern Paare heraus. Die Teilnehmer des Seminars diskutierten darüber, wie diese Bedürfnisse ausbalanciert werden können. Foto: Joachim Wegner
 

Der Ehe- und Familienberater Dieter Leicht vermittelte sein Wissen unterhaltsam und spannend. Leichts Hauptfrage: Wie gehen wir mit unserer Unterschiedlichkeit um?

Wie kann eine Ehe gelingen? Diese Grundfrage menschlichen Lebens stand im Mittelpunkt eines Seminars, zu dem die Frauenbeauftragten des evangelischen Dekanats Michelau Paare und solche, die es werden wollen, in das Martin-Luther-Gemeindezentrum eingeladen hatten. Ehe- und Familienberater Dieter Leicht machte dabei deutlich, dass unsere Gesellschaft zunehmend von Haltlosigkeit geprägt ist. Obwohl sich die Menschen nach Liebe und Geborgenheit, Familie und Partnerschaft sehnen, steigen die Scheidungsraten stetig an. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Ehe heute nicht mehr wie früher eine wirtschaftliche Überlebensnotwendigkeit ist, und andererseits auf das zunehmende Unwissen darüber, wie Partnerschaft gelebt werden muss, betonte der Referent.

Wie es die Eltern vorgelebt haben

Jeder habe sein Glück selbst in der Hand, verdeutlichte er und fügte einschränkend
hinzu, dass die Herkunftsfamilie das Verhalten der Menschen nachhaltig präge. Über diesen Aspekt sollten sich die Teilnehmer des Seminars Gedanken machen und sich bewusstmachen, welche Handlungsalternativen für ihre Partnerschaft angemessen seien. In der Regel verhalte sich ein Partner so, wie seine Eltern es vorgelebt haben, zeigte der Referent auf. Wer seine Eltern aber als unglücklich erlebt habe, sollte dieses Verhalten auf keinen Fall kopieren. Da jeder seine persönliche Weltanschauung habe, laute nach Dieter Leicht die Hauptfrage in einer Partnerschaft: Wie gehen wir mit unserer Unterschiedlichkeit um?
Wenn der andere nicht anders sein dürfe, werde das System Partnerschaft ausgehebelt, warnte der Referent und verdeutlichte, dass Unterschiedlichkeiten nur durch Kompromisse gelöst werden könnten.
Ideal seien niederlagenlose Lösungen, bei denen beide Partner als Gewinner hervorgehen können. Das heiße letztlich, dass ein jeder dem anderen zuliebe etwas tun müsse, was ihm eigentlich nur eingeschränkt gefällt. "Geben und Nehmen müssen in einer Ehe und in einer Partnerschaft ausgeglichen sein!", stellte Dieter Leicht fest und bedauerte gleichzeitig, dass in unserer Zeit der Individualisierung viele Menschen nur sich selbst im Blick hätten. Als größten Erziehungsfehler von Eltern, brandmarkte der Eheberater die Verwöhnung der Kinder. Wer so aufwachse, lebe mit der besten Voraussetzung, dass seine Partnerschaft schief gehe. Daher sollten sich Eltern die Frage stellen, wie sie ihren Kindern vielmehr ein gesundes Selbstwertgefühl mitgeben können. Dies könne dadurch geschehen, dass man Kinder auf ihren guten Weg bestärke und nicht durch geäußerte Zweifel verunsichere.

Abgrenzung nötig

Schließlich wies Dieter Leicht noch darauf hin, dass eine gelingende Partnerschaft Abgrenzung braucht. Da die Generationenschranken eingehalten werden, sollten sich Eltern aus der Ehe ihrer Kinder heraushalten. Wer in der Familie gute Wurzel erleben durfte und in einer geschützten Umgebung so aufgewachsen sei, dass er schließlich einen guten Platz eingenommen habe, werde auch als Mensch und Partner reifen. Einen guten Platz im Leben habe der Mensch dann eingenommen, wenn er einerseits gebraucht und andererseits Wert geschätzt wird, machte Dieter Leicht deutlich.
All das Wissen vermittelte der Referent unterhaltsam und spannend. Wer den Ehe- und Familienberater Dieter Leicht kennt, weiß, dass er kein Mann mit Schlips und wasserdichtem Vortragsmanuskript ist. Und er ist nicht der Mann, der vor kniffligen Lebensfragen zurückschreckt. Dieter Leicht ging scheinbar leichtfüßig durch seine Themen und überließ den Paaren in einer Partnerarbeit das Weiterdenken. Dazu nutzte er ein sympathisches Talent: Geschichten plastisch erzählen zu können, zu karikieren mit explosiver Gestik, mit O-Ton-Wiedergabe und authentischer Mimik. Fachkundige Sachinformationen streute er fein dosiert dazwischen wie ein Koch das Salz in die Suppe.
Und all das blieb während des Seminartages spannend wie das Spiel eines guten Jongleurs - auch weil die Zuhörer merkten, dass hier ein erfahrener Jugendseelsorger, Ehemann, Vater von drei Kindern und Großvater von elf Enkeln stand. Joachim Wegner