"Fürchtet Eich nicht"

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"Das Eich" als Peter Maffay Foto: Birgit Kunig
"Das Eich" als Peter Maffay Foto: Birgit Kunig

Keine Furcht, sondern frotzelnden Frohsinn verbreitete "Das Eich" alias Stefan Eichner am Samstagabend im Lichtenfelser Stadtschloss.

Der "entspannte Franke" - so steht es vorne auf seinem T-Shirt - nimmt mit scharfzüngigem schwarzem Humor nicht nur die die Spitzfindigkeiten und Schlaglöcher, sprich: Absurditäten unserer Gesellschaft, aufs Korn, sondern auch sich selbst. Und das macht ihn so beliebt und liebenswert. Die Nummer 10 hinten auf dem Shirt spiegelt die Jahreszahl seines Bühnenjubiläums wider. Wer ihn ganz früher schon erlebt hat, ist erstaunt ob seiner rasanten und markanten Weiterentwicklung.

Wenn der ganze Saal bis zum Zwerchfelldurchbruch und zur Schnappatmung blökt, grölt, quietscht und sich bis zur Erschöpfung auf die Schenkel klatscht, ist das ein deutlicher Beweis für seine abgefahrene Performance. Der Mann versteht wirklich was von Comedy, und gemessen an der Lachlautstärke und -häufigkeit braucht er den Vergleich mit den ganz Großen nicht zu scheuen. Überhaupt - ist das noch seine Liga? "Das Eich ist ja viel besser als die ‚annern großkopferten‘ Kabarettisten", sagt Norbert, der extra aus Würzburg angereist ist.

Neuerungen wie das "Eich-Pad"

Bereits zu Beginn werden die Eliten der Kabarett-Fans erkennbar, als sie nach T-Shirts suchen, die angeblich unter jedem zehnten Stuhl versteckt waren. "Ihr glabt aa jeden Scheiß", amüsiert sich "Das Eich" über die gelungene "Verarschung", die insbesondere bei den Franken gelinge. Für diese hält er seine Neuerungen wie das "Eich-Pad" parat, das die übliche Zettelwirtschaft abgelöst habe.

Nicht über alle technischen Neuerungen sollte man amused sein, speziell wenn man fragt, "Siri, wie ist das Wetter?", und zur Antwort bekommt "Frag doch deine Schlampe Alexa". Die Sinnhaftigkeit von Staubsaugrobotern und Laubsaugern haben es dem "Eich" besonders angetan. Wenn der Nachbar genau in der Zeit, in der man Schlaf nachholen muss, wegen fünf Blättern den Laubsauger anschmeißt und diese wie in einem Blätter-Badminton-Turnier hin und her bläst, bis er endlich checkt, dass das Gerät nicht nur eine Blas-, sondern auch eine Saugfunktion hat, ist das nicht absurd, sondern völlig aus dem Leben einer Kleinsiedlung gegriffen.

Und wenn die ganze Nachbarschaft meint, dass der Eichner eigentlich "nix ärberd", klingt das plausibel und nach einer echten Geschichte. Und die ziehen sich liebevoll und äußerst vertraut durch das ganze Bühnenprogramm.

Richtig Ärger habe es auch auf der Weihnachtsfeier im Altenheim nach dem Spielen von "Last Christmas" gegeben. Er frage sich auch, warum der Gründer von Ikea immer noch nicht beerdigt ist: "Weil zwei Scharniere am Sargdeckel fehlen?"

"Luschen und Weicheier"

Überhaupt sei der Umgang mit seinen Themen aufgrund fehlender political correctness schwierig geworden: Weder über Fette und Übergewichtige, sabbernde Alte oder rotznäsige Kinder dürfe er mehr herziehen. Auf Kriegsfuß stehe er auch mit der neuen Männermode, sprich: Hochwasserhosen, die einen wie ein Storch anmuten lassen. Und mit deren Trägern, "die Luschen und Weicheier, die Kevin heißen und Spinatschorle trinken". Angesichts des Softie-Gehabes und weinerlichen Singsangs deutscher Junginterpreten bekomme er oftmals Brechreiz. Seine Persiflagen auf das neue deutsche Lied- und Textgut, "das wie eine Auftragsarbeit der AOK klingt", von Forster, Giesinger & Co.sind jetzt schon legendär. Genau wie die auf Marcel Reich Ranicki, wenn der deren Texte auseinandernehmen würde. "Wo Dummheit sich mit Schwachsinn paart, ist Kogong das traurig' Resultat", lästert er.

Mit überbordernder Mimik und Gestik spielt "Das Eich" auf der Gitarre und Orgel. Er ist schon eine Rampensau, wenn er echten Rock von Peter Maffay, und die Nuscheleien von Udo Lindenberg und Grönemeyer parodiert. Da bleibt kein Auge trocken. Offiziell covern und interpretieren darf er auch die Lieder von Reinhard Mey. Überhaupt scheint der Liedermacher sein Vorbild zu sein.

Unter die Gürtellinie

Ausdauer ist jedenfalls Stefan Eichners Programm, und darin geht es direkt und deftig weiter unter die Gürtellinie, mit einigen Zugaben bis fast 23.15 Uhr. Seit er vermehrt auf Kreuzfahrten für das Bühnenprogramm gebucht werde, brauche er sich um Themen ohnehin nicht mehr zu sorgen: Wenn die dicke Mechthild mit ihrem schmächtigen Mann Willi aus Olpe dem Eich die letzten Hähnchenschenkel wegfrisst und dazu ein Ster Pommes verdrückt, bringt sie beim Verlassen der Schiffsmitte die "Aida" ordentlich ins Wanken, und gibt mit ihren Witzen dem Eich gar manche Steilvorlage.

Mit dem bildhaft-bösen Ausgang einer Loomi-Loomi-Massage nach dem Genuss eines Bohnen-Brokkoli-Zwiebeleintopfes holt Stefan Eichner noch mal die letzten Reserven aus dem von Lachsalven gebeutelten Publikum heraus.