Das Winterwetter legt eine Pause ein, die Natur ist verwirrt. Es sind schon erste Schneeglöckchen zu sehen. Die Gärtner warnen aber vor zu viel Vorfreude am Buddeln im eigenen Garten: Der Winter ist noch lange nicht vorbei.
                           
          
           
   
          Gudrun Goos vom Blumenhaus Bieber in Bad Staffelstein ist es gewohnt, ihre Arbeit an die Jahreszeit anzupassen. Dass sie aber in der ersten Januarwoche ihre Blumen schon in den Ständern auf der Straße anbieten kann, ist dann doch außergewöhnlich. "Ich weiß gar nicht, ob ich das Schaufenster überhaupt noch einmal so richtig winterlich dekorieren soll", sagt sie und stellt einen Kasten mit bunten Veilchen vor die Ladentür. Auch die Kundschaft richte sich schon langsam auf die neue Saison ein.
  
  Erste Schneeglöckchen zu sehen  Jetzt, nach den Feiertagen, seien Glaskugel-Dekos und Weihnachtssterne nicht mehr der Renner. Dann schon eher die Schneeglöckchen im Topf. Im Garten hinter dem Blumenladen habe sich sogar schon ein Schneeglöckchen gezeigt. 
Ein paar einzelne Gänseblümchen seien erst gar nicht verschwunden, und vor ein paar Tagen habe sie noch Salat und Sauerampfer im Garten geerntet. Dieser sei zwar abgedeckt gewesen, aber trotzdem: beachtlich für die Jahreszeit. 
Tatsächlich vergeht einem zur Zeit irgendwie die winterliche Stimmung. Das Capuccino-Wetter, das an Weihnachten in Bayern noch die Gefühle in Wallungen brachte, ist zwar vorüber, doch von Schneegestöber und Eiszapfenromantik ist momentan nichts zu spüren. Schon der Jahreswechsel fiel im Vergleich zu anderen Jahren relativ warm aus. Und die milde Witterung hält an: Zur Zeit hat es tagsüber bis zu acht Grad. Zum Vergleich: Vor drei Jahren zeigte das Thermometer um minus zehn Grad an.
Aber nicht zu früh freuen. Das weiß nicht nur Blumenhändlerin Gudrun Goos. 
Auch der FT-Gartenexperte Jupp Schröder ist überzeugt, dass der Winter noch einmal in voller Härte zurück kommen wird: "Schon seit einigen Jahren lässt sich bemerken, dass sich das Wetter tendenziell zeitlich verschiebt. Der Januar war oft milder, dafür fiel das Frühjahr eher feucht und kühl aus." 
Auch wenn für das Wochenende eine Kaltfront gemeldet ist: In Natur und Garten kann eine Warmphase zum Jahresbeginn enorme Schäden anrichten. Wenn etwa die Bäume schon Saft ziehen, wie es Schröder bei den Birken bemerkte, kann der Wasserhaushalt der Pflanzen durcheinanderkommen. Der Gartenexperte vergleicht den Vorgang mit dem Leck in einem Autokühler, der deshalb ständig nachgefüllt werden muss: "Mit der Zeit geht durch die Wasserzufuhr das Frostschutzmittel verloren. Wenn es dann noch einmal kalt wird, gefriert das Wasser ohne Schutz." Der Frostschutz in der Natur sind spezielle Salze. 
Zieht ein Baum zu früh Wasser, gehen diese verloren.
  
  Vogelfutter zur Zeit unnötig Aber nicht nur die Pflanzenwelt könne geschädigt werden. Winterschläfer, wie etwa Fledermäuse oder Igel, können gestört werden. Ihre Körpertemperatur passt sich der Umgebung an. Ein zu frühes Erwachen kostet sie viel wertvolle Energie. 
Weniger Probleme mit dem Wetter haben zur Zeit die Vögel bei der Nahrungssuche. Da es keine geschlossene Schneedecke und keinen Frost gibt, finden sie hinter Rinde und im Laub gut Puppen und andere Kleinlebewesen. Vom Füttern rät Jupp Schröder daher zur Zeit ab: "Ich glaube, die Vogelwelt kommt ganz gut allein zurecht. 
Erst wenn es wieder Eis uns Schnee hat, werfe ich ein paar Äpfel in den Garten oder hänge einen Meisenknödel in den Baum."
Allen Gartenfreunden, denen es jetzt schon in den Fingern juckt, rät Schröder zur Geduld. Zu frühes Zurückschneiden könne den Pflanzen schaden. "Es ist eine gute Zeit zum Holzmachen oder zur sogenannten Frostballenverpflanzung."
  
  "Der Winter kommt zurück" Möchte man einen Strauch verpflanzen, sticht man hierfür mit dem Spaten ringsum ein und wartet, bis der Boden wieder gefriert. Dann kann man den Strauch mit dem kompletten Ballen leicht herausnehmen.
Ob ein etwas lauerer Start ins Jahr ein völlig neues Phänomen ist, oder gar ein Resultat des Klimawandels, sei dahingestellt. Aber schon die alten Bauernregeln kennen laut Schröder den frühen Frühling. 
Ein Spruch lautet etwa: "Januar zu warm, Gott erbarm"; ein anderer: "Alle Monaten im Jahr verwünschen den milden Februar".
Aber noch ist es ja nicht so weit. "Der Winter kommt sicher zurück", sagt Gudrun Goos überzeugt mit Blick auf ihr Schaufenster. Darin sind, neben den ersten Blühern, ein paar Deko-Fliegenpilze mit Schneestaub. Ein paar Eismotive sind auch noch zu sehen. Ganz habe sie auf den Winterschmuck eben doch nicht verzichten wollen.