Der Crash eines betrunkenen Jugendlichen, der am Freitag auf der Flucht vor der Polizei in einen Bad Staffelsteiner Vorgarten fährt, ist längst nicht mehr typisch für die junge Generation. Das Problem liegt woanders.
Um Mitternacht mit Tempo 100 einer Polizeistreife in einer 20er-Zone die Vorfahrt zu nehmen und auch noch betrunken am Steuer zu sitzen:
Ist der Unfall, den ein betrunkener Jugendlicher unter Drogen in der Nacht zu Freitag in Bad Staffelstein baute, eine extreme Variante der so genannten Disco-Unfälle?
Nein, sagen der Leiter des Amtsgerichtes, Armin Wagner, und der stellvertretende Lichtenfelser Polizeichef Harald Göring unisono. Er sei eher als Einzelfall zu werten, denn die typischen Nachtunfälle mit jungen Leuten gäbe es so nicht mehr.
"Ich war 16 Jahre Dienstgruppenleiter in Lichtenfels und habe eine der vier Schichten geleitet.
Ich erinnere mich an ein Jahr, da kamen in acht Wochen acht junge Menschen bei solchen Unfällen ums Leben", sagt Göring. Die Zahl sei seit Jahren rückläufig. Es gäbe weniger Verletzte und Tote, weil die Fahrzeugtechnik besser geworden sei. "Und zum anderen greift unsere Präventionsarbeit", betont er.
Das bestätigt auch der Leiter des Lichtenfelser Amtgerichtes, Armin Wagner: "Am vergangenen Freitag war wieder Q-Session in der Lichtenfelser Stadthalle", sagt er. Früher habe man nach solchen Ereignissen regelmäßig sechs bis sieben Führerscheine von Jugendlichen einkassiert, die betrunken Auto gefahren sind. "Das gibt es jetzt gar nicht mehr".
Sozialer Druck ist gewachsen Ist die Jugend also vernünftiger geworden? "Der soziale Druck ist größer geworden.
Viele Jugendliche sagen inzwischen: Ich setze mich zu dir nicht mehr ins Auto, weil du betrunken bist. Es gibt inzwischen eine große Sozialkontrolle in der Gruppe", sagt Göring. Auch hier ist der Unfall nicht typisch: Der 18-jährige Mann war zusammen mit einem Beifahrer unterwegs.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Jugend umsichtiger geworden ist: Die Zahl der Körperverletzungen etwa bei den Q-Sessions ging zurück: "Früher waren es oft 20, jetzt gab es nur einen Fall", sagt Göring. Dafür gibt es ein anderes Phänomen: "Schon nach rund einer Dreiviertelstunde nach dem Unfall wussten viele, was passiert war", sagt Richter Armin Wagner. Er wurde über seinen 16-jährigen Sohn darauf aufmerksam. Vor allem über soziale Netzwerke würden sich solche Meldungen rasend schnell verbreiten. Damit werde auch das subjektive Empfinden über die Zahl solcher Fälle verfälscht.
"Es geht so völlig unter, dass wir seit Jahren rückläufige Zahlen etwa bei Gewalttaten unter Jugendlichen haben."
Im vergangenen Jahr gab es im Landkreis Lichtenfels keinen Toten bei Unfällen, an denen Jugendliche zwischen 18 und 24 Jahren beteiligt waren. Bei den 202 Zusammenstößen wurden aber 16 Menschen schwer verletzt, 105 leicht. Der Gesamtschaden lag bei 906.000 Euro. Auch diese Zahlen seien seit Jahren rückläufig, betont Göring.