"Die Herzen der Menschen erobern"

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Sajid Ahmed Qureschi, Ahmad Arbab und Sabahodin Ahmed versprechen sich von einer auch im Landkreis Lichtenfels beginnenden Kampagne einen Beitrag gegen die Spaltung der Gesellschaft. Foto: Markus Häggberg
Sajid Ahmed Qureschi, Ahmad Arbab und Sabahodin Ahmed versprechen sich von einer auch im Landkreis Lichtenfels beginnenden Kampagne einen Beitrag gegen die Spaltung der Gesellschaft. Foto: Markus Häggberg

Eine friedliche islamische Splittergemeinde will auch im Landkreis Lichtenfels zeigen: "Wir sind alle Deutschland".

"Wir sind alle Deutschland", postuliert die Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ). Die wer? Tatsächlich ist diese islamische Splittergemeinde wenig bekannt und dort, wo sie es ist, wird sie sehr häufig verfolgt, sofern es sich um ein islamisches Land handelt. Das liegt an ihrem abweichenden Koranverständnis oder daran, dass ihr Gründer Mirza Ghulam Ahmad (1835-1908) sich als den von den Muslimen erwarteten "Mahdi" der Endzeit erachtete. Derselbe, der auch aufbrachte, Jesus hätte seine Kreuzigung überlebt und sei nach Indien gegangen. Am Donnerstag gab diese Glaubensgemeinschaft eine Pressekonferenz im Schloss Schney.

Dem Grundgesetz verpflichtet

Es gab Zeiten, da hätte man die SPD, die Linken und die ihr nahe stehenden Einrichtungen mit Religiösem jagen können. Zu unvereinbar schienen die Ansichten Marx' und Engels' mit der Welt des Glaubens und des zu Vermutenden.Martin Michael Lang ist seit wenigen Monaten Geschäftsführer der Franken Akademie. Er sieht keine Gräben. "Wir sind zwar SPD-nah, aber für alle offen - so auch schon für eine FDP-Veranstaltung." Für religiöse Gruppen sei man auch offen, "sofern sie auf dem Boden des Grundgesetzes stehen". Dort steht die Ahmadiyya Muslim Jamaat, darum hat man der Gemeinde, die ihren Hauptsitz in Frankfurt am Main hat und deutschlandweit rund 45 000 Mitglieder zählt, auch den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eingeräumt. Jetzt startet die Gemeinde, die den Dschihad nicht kriegerisch interpretiert, eine bundesweite Kampagne. Zwischen Mai und Juni auch im Landkreis Lichtenfels. Ein Anliegen dabei: "Angesichts des im Namen des Islam verübten, unsäglichen Terrors fühlen wir uns als Muslime dazu verpflichtet, die Bevölkerung über Heimatliebe und Loyalität gegenüber dem Land als Teil des Islam aufzuklären", so eine Presseverlautbarung der AMJ. Durch diese Kampagne erhoffe man sich, dass die Bürger von der klaren Differenzierung zwischen Muslimen und fanatischen Extremisten erführen und es nicht aus Unkenntnis zu voreiligen Schuldzuweisungen komme, die nur eine Spaltung der Gesellschaft bewirken würde. Darum wird es Informationsstände geben, in Lichtenfels binnen Mai und Juni zweimal, in Bad Staffelstein und Burgkunstadt je einmal. Ahmad Arbab ist islamischer Theologe und ein ruhiger Mann. Ein angenehmer Mensch. Das gilt auch für den Ingenieur Sabahodin Ahmed und den Dolmetscher Sajid Ahmed Qureschi. Doch einen Dolmetscher braucht hier niemand, auch Arbab nicht, der aus dem Hessischen stammende Mann spricht hervorragendes Deutsch. Überhaupt macht hier die Runde, dass Mitglieder dieser Reformgemeinde ein unter Muslimen besonders hohes Bildungsniveau besäßen. Darum sei man auch besonders gut integriert. Seit 1923 schon, so der Mann, gebe es diese Gemeinde in Deutschland und eine der Erfahrungen, die man im Umgang mit Deutschen gemacht habe, sei die, wonach man erlebt habe, dass es ein Aufatmen darüber gebe, dass es "endlich mal Muslime gibt, die einem Fragen beantworten". Fragen, die auch unsere Zeitung stellte. Wo befindet sich die von hier aus nächste Moschee Ihrer Glaubensbrüder? Ahmad Arbab: In Würzburg. Haben Sie hinsichtlich der Kampagnen schon Kontakt zu den Städten im Landkreis aufgenommen? Sabahodin Ahmed: Genehmigungen sind schon angefragt. Erst soll es aber eine Flyer-Aktion geben, dazu helfen Gemeindemitglieder aus Nürnberg, Würzburg und Hof. Wie erklären Sie sich das überwiegende Schweigen von Muslimen bei islamischen Terroranschlägen? AA: Dass sie dazu schweigen ist falsch. Es liegt aber auch daran, dass sie oft nicht gemeinschaftliche auftreten können. Sie betonen Ihre Friedfertigkeit - sind Sie in Deutschland auch schon Opfer von Verfolgung geworden? AA: In Berlin, Erfurt und Leipzig wurden Schweineköpfe in unsere Moscheen geworfen. Werden Sie bei der Kampagne "Wir sind alle Deutschland" auch an die muslimische Gemeinde in Lichtenfels herantreten? AA: Wir werden einladen. Ihr Motto ist "Wir sind alle Deutschland" - was bliebe von Deutschland übrig, wenn die Vision des AMJ-Gründers von der "Eroberung Europas für den Islam" wahr würde? AA: Wir machen keine Islamisierung. Für eine Eroberung braucht man politische Ziele. Wir möchten die Herzen der Menschen erobern. Wenn das (die Herzen) die Eroberung ist, dann stimmt das mit der Eroberung. Würden Sie sich auch für die Rechte von Christen in Ihrer Heimat Pakistan einsetzen? AA: Ja, auf jeden Fall. Was mögen Sie an Deutschland? AA Die Schönheit, die Religionsfreiheit, die Sicherheit. Die Fragen stellte Markus Häggberg.