Die Büttnerei von Leonhard Weis in Uetzing ist eine der wenigen in Franken, die noch Holzfässer macht.
Die Anfragen kommen meist per Mail: "Da sind interessante Sachen dabei", sagt Leo, wenn er den Posteingang durchsieht. Leonhard Weis heißt er, er ist gelernter Büttner und er hilft nur noch ein wenig im Familienbetrieb in Uetzing mit aus. "Da schickt die Paulaner ihr Bier nach China und wir machen die Holzfässer mit Aufschrift dazu", deutet er auf die pdf-Vorlage "Paulaner Harbin Songbei".
Was das wohl bedeuten mag? Der Rentner weiß es nicht. (Anmerkung: Es ist eine Ortsbezeichnung, die Lieferadresse sozusagen). Eine neu gegründete Brauerei aus Unterhaching hat Fässer mit einem Hasen-Logo bestellt - kein Wunder, sie nennt sich "Rammlerbräu". Auch das ist für die Büttnerei keine Schwierigkeit. Dann zählen auch noch viele Privatleute zu den Kunden. "Die Hobbybrauer brauchen ja auch a Fass, wo sollen die ihr Zeug hintun?", erklärt Leo.
Auch nach Taiwan gehen Fässer
Aus vielen Gegenden Deutschlands kommen die Anfragen und Bestellungen, aus Österreich und der Schweiz, aus den USA und Weißrussland. Sogar nach Taiwan werden die Holzfässer für Bier geschickt. Das sei jedes Mal ein ziemlicher Papierkram, sagt Leo, man muss sich um Frachtpapiere, Gebühren und die Zollvorschriften kümmern. Bevor die Fässer "made in Uetzing" aber auf die Reise gehen, steht ihnen noch ein - allerdings nicht so weiter - Weg bevor. Sie müssen zum Eichamt nach Bamberg. Leo bringt die Fässer hin, wartet, bis sie dort mit Wasser befüllt und gemessen sind und den Eichstrich bekommen haben, dann bringt er sie wieder nach Uetzing. Dort warten schon die Auftraggeber.
An diesem Tag klopft früh ein junger Mann an die Bürotür. Vor wenigen Tagen hatte er ein "Zehner" aus Holz bestellt, das wollte er nun abholen. Es ist ein Geschenk für einen Freund, sagt Frank Neumann aus Bad Staffelstein. Den Namen des Freundes hat er gleich mit eingravieren lassen. Nun ist das Fässla fertig. Mehr als 20 Jahre wird es wohl halten, kann unzählige Male von den Brauereien befüllt werden. Frank Neumann hat eines mit einer Edelstahlblase als Innenleben bestellt.
Viele anderen Fässer werden aber noch "gepicht": 200 Grad heißes Pech wird ins Fassinnere gespritzt. Dort kühlt es ab und bildet dabei eine dünne Schicht aus. Das eingefüllte Bier kommt also, anders als bei Wein und Schnaps, nie mit dem Holz direkt in Berührung. Beim Pichen ist jedes der Holzfässer schon einige Jahre alt.
Eichenholz aus der Region
Die Familie Weis verwendet nur trockenes Eichenholz aus der Region und aus dem Spessart. "Pro einem Zentimeter Dicke muss das Holz ein Jahr lagern", sonst verziehe es sich im Laufe der Zeit oder reiße.
Die beiden Mitarbeiter Hamdi und Robert Tremel sind gut beschäftigt: Sie arbeiten an Band- und Kreissäge, schleifen, spannen ein, hobeln, biegen, weichen ein, trocknen und lackieren. Viele Maschinen in der Werkstatt stammen noch aus den 20er Jahren, wie die Streif- und Ausziehmaschine von 1928. Sie verpasst den Fass-dauben ihre typische Form. Trotz Eisenreif, der wenig später angebracht wird und sie in Form hält, müssen die Dauben das perfekte Profil haben, damit sie auch wirklich dichthalten. Schließlich werden noch Deckel und Fassboden in Handarbeit aus Holz angefertigt.
Egal, wie man sie bezeichnet, als Küfer im Rheinland, Schäffler in München, Büttner in Franken oder gebietsweise auch als Fassbinder oder Böttcher: Dieses Handwerk, das sich über Jahrhunderte kaum verändert hat, war einst weit verbreitet. Allein in Bayern gab es in den 1950er Jahren rund 1800 Betriebe. Dann kamen die Edelstahlfässer auf. Heute gibt es laut Handwerkskammer (HWK) nur noch 35 Böttcherbetriebe in ganz Deutschland und keinen einzigen Ausbildungsplatz. Maximilian Knaus von der HWK Bayreuth sieht sogar extra in der Handwerksrolle nach: Hier sind die Betriebe eingetragen, die noch tätig sind, im Haupt- oder Nebenerwerb. "Da steht die Büttnerei Weis aus Bad Staffelstein als Bierfassmacher an der Spitze in Oberfranken", sagt er. Einen weiteren Büttner gibt es noch im Bamberger Landkreis, der hat sich aber mittlerweile mehr auf Weinfässer und andere Produkte spezialisiert. Ein Büttner im Kronacher Landkreis ist gemeldet und auch in Unterfranken gibt es noch einen Bier-Fassmacher nahe Karlstadt. Nachwuchs für dieses früher so wichtige Handwerk gibt es wohl keinen. Auch wenn die IHK mit Angeboten wie "zweieinhalb Monate Blockunterricht in Österreich" pro Ausbildungsjahr wirbt und die Vergütung in der Ausbildung nicht unter dem Durchschnitt liegt, bildet keiner der gemeldeten Betrieb aus. "Es gibt leider momentan keine freien Ausbildungsplätze", informiert die Handwerkskammer. Wie es mal in Uetzing weitergeht? "Keine Ahnung", sagt Leo Weis und zuckt mit den Schultern, "es ist noch kein Nachfolger in Sicht. Vielleicht hat ja mein Patenkind oder jemand anders aus der Verwandtschaft mal Interesse. Wer weiß."