Der hübsche, weiß getupfte Tannenhäher, mit dem weniger scheuen Eichelhäher verwandt, schaut im Herbst in Dörfern und Stadträndern vorbei. Was das Tier in Siedlungen treibt, können Forscher nur vermuten.
Ein heiserer Ruf aus dem Obstgarten, und ein brauner Vogel von der Größe einer Taube fliegt davon. Jetzt im Herbst bekommen die hiesigen Dörfer und Stadtränder wieder Besuch von einem gefiederten Gast, der den Rest des Jahres unsichtbar zu sein scheint: Der Tannenhäher schaut zur Nuss- und Obsternte vorbei. Darauf weist Peter Hagemann, Forstbetriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten in Rothenkirchen, hin.
Selbst versierte Vogelliebhaber kennen den wohl scheuesten der heimischen Waldvögel oft nur aus dem Bestimmungsbuch, sagt Hagemann. Den weitaus größten Teil des Jahres lebe der Tannenhäher zurückgezogen in großen, ungestörten Waldgebieten. Hier ernähre er sich von Baumsamen, Insekten und anderen Kleintieren und brüte in dichter Nadelholzvegetation.
Seinen nahen Verwandten, den Eichelhäher, kennt jedes Kind.
Dessen warnendes "Rätschen" bei kurzer Fluchtdistanz begleite den Waldbesucher auf Schritt und Tritt. Der Tannenhäher dagegen meide den Menschen. Schon sein perfekter Tarnanzug aus Braun und Schwarz mit weißen Sprenkeln weise ihn als heimlichen Gesellen aus. Förster kennten ihn als "Frühwarner", der aus weiter Entfernung kurz vom höchsten Baumwipfel aus grüßt, bevor er wie ein Phantom verschwunden ist.
"Wir Förster lieben den Tannenhäher", sagt Peter Hagemann von den Bayerischen Staatsforsten, "ist er außerhalb der Alpen doch eine Rarität und ein Indikator für Naturnähe im Wald. Und damit tragen wir in den großen Staatswäldern hier im Landkreis auch eine gewisse Verantwortung für ihn." Hinzu komme seine Eigenschaft, sich Nahrungsvorräte für den Winter anzulegen und manche davon dann zu vergessen.
"So, wie es der Eichelhäher mit Eicheln macht, sät der Tannenhäher andere Bäume und Sträucher. In den Alpen sind das vor allem die Zirbelnüsse der Hochgebirgskiefern. Hier bei uns sind es die Haselnüsse, aus denen dann wieder zahlreiche Haselsträucher an den Wald- und Wegrändern wachsen und so zusätzliche Strukturen in die Wälder bringen." Das habe ihm auch den Namen "Nusshäher" eingebracht.
Und was sucht der Tannenhäher nun in unseren Gärten? "Die Haselnussernte allein kann es wohl nicht sein", sagt Hagemann. "Dafür braucht er den schützenden Mischwald nicht zu verlassen." Vielmehr sei er offenbar auf die Reste von Pflaumen, Birnen oder Äpfeln aus, die oft hoch in den Obstbäumen hängen bleiben. "Vielleicht liebt er Trockenobst, oder ein gewisser Alkoholgehalt der vergorenen Früchte hat es ihm angetan. Wir wissen es nicht, aber wir sollten es ihm gönnen."
red