Der Tag, als Sünkels Fähnchen im Dachgebälk des Lichtenfelser Rathauses verschwand

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Am Mittwoch wurden die Gerüste am Rathaus abgebaut. Foto: Andreas Welz
Am Mittwoch wurden die Gerüste am Rathaus abgebaut.  Foto: Andreas Welz
Die zerknüllte Zeitung aus dem Jahre 1935 wird in der Bauverwaltung aufgehoben. Foto: Andreas Welz
Die zerknüllte Zeitung aus dem Jahre 1935 wird in der Bauverwaltung aufgehoben. Foto: Andreas Welz
 

Am kommenden Sonntag ist bundesweit der Tag des offenen Denkmals. In Lichtenfels öffnen sich die Rathaustüren von 13.30 bis 16 Uhr.

Die Besucher können das generalsanierte Gebäude vom Keller bis zum Boden in Augenschein nehmen. "Außer dem Fahrstuhl und den Sicherheitseinrichtungen sind die Arbeiten abgeschlossen", sagte der Hochbauleiter des städtischen Bauamtes, Ulrich Sünkel.
Mit einem großen Eiszapfen fing alles an. Der hing am Haus Nummer 10 am Lichtenfelser Marktplatz. Bautechniker Peter Neumann vom städtischen Bauamt wollte ihn eigentlich nur entfernen. Dabei fiel sein Auge auf morsche Balken am Dachüberstand. Fortan sollten alle städtischen Gebäude auf marodes Gebälk untersucht werden. Ein paar Monate später war Schützenfest in Lichtenfels. Ulrich Sünkel erhob sich damals mittels Gabelstapler an die Dachkante des Rathauses. Da die Hubeinrichtung nicht bis dahin reichte, nahm er ein Fähnchen der Dekoration aus dem Blumenkasten im ersten Stock und stocherte damit an einem Wasserfleck der Dachkante herum.
Plötzlich waren Fähnchen samt Stiel verschwunden. Da wo Balken sein sollten, waren keine mehr.


Großalarm im Rathaus

Jetzt gab's Großalarm im Rathaus. Absperrungen wurden errichtet, Untersuchungen durchgeführt und eine Notabstützung vorbereitet. Pilze, Braunfäule und Feuchtigkeit hatten große Teile des Balkenwerks im Traufenbereich zerstört. "Die Schäden waren enorm und größer als erwartet", stellte Sünkel fest. Das hätte die umfangreiche Schadensaufnahme ergeben. Die Instandsetzung wurde in drei Bauabschnitten nach und nach durchgeführt. Die Verwaltung während der Bauzeit zu evakuieren, wäre sehr teuer geworden, abgesehen davon, stünden auch keine geeigneten Räume zur Verfügung. Im Eingang zur ehemaligen Rentenberatungsstelle ist die Tür des Aufzuges, der für die Barrierefreiheit erforderlich ist. Es sei einmalig, dass in einem historischen Gebäude ein Fahrstuhlschacht eingebaut werden könne, ohne es zu verschandeln, erläuterte Sünkel. Der Schacht sei fertig und man warte darauf, dass die Technik angeliefert und eingebaut werde. Er hoffe auf die Inbetriebnahme zum Jahreswechsel. In dieser Woche sollen die Fenster eingebaut werden. "Jedes einzelne ist eine Sonderanfertigung, die dem Denkmalschutz entsprechen", sagte er. Bis zum Herbst 2017 hoffe man auf den Abschluss der Arbeiten. Die Gerüste um das Rathaus wurden am Mittwoch abgebaut. Zum Korbmarkt kann das "Röckchen" wieder rund um das Gebäude von den Bauhofarbeitern errichtet werden. "Wir haben alles drangesetzt, damit die Gerüste entfernt werden können", sagte Sünkel.
In den Büros der Bauverwaltung häufen sich die Aktenordner, Pläne und Objektbeschreibungen. Hier schlägt das Herz der Oberaufsicht des Zwei-Millionen-Projekts. Auf einem Schreibtisch liegt eine zerknüllte alte Zeitung. Sie stammt aus dem Jahre 1935. "Die haben wir zwischen den Dachsparren im Traufenbereich gefunden", erinnerte sich Ulrich Sünkel. Das sei wohl das letzte Mal gewesen, als am Dach gearbeitet wurde. Pilze, Braunfäule und Feuchtigkeit haben seither ganze Arbeit geleistet.