Die Kirschbaummühle hat eine jahrhundertalte Tradition. Nun bekommt sie eine neue Nutzung
Stadtbaumeister Gerhard Pülz öffnet die Tür und steigt die Treppen hinaus zum großen Raum im Erdgeschoss. "Merken Sie, man kann es riechen", sagt er.
Was riechen? Von außen merkt man dem Gebäude an, dass es schon lange verlassen ist. Doch innen spürt man, wie gesund die Substanz noch ist. Die Luft ist trocken, kein Geruch von Moder ist in der Luft. Und das, obwohl die Fenster alle geschlossen sind.
Nur von der Geschichte der Mühle ist keine einzige Spur mehr zu finden. Nachdem 1954 der Betrieb eingestellt wurde, diente sie als Lager für die Möbelindustrie und steht nun leer. Zumindest fast. 2000 Quadratmeter verteilen sich auf sieben Etagen. In der obersten stehen noch ein paar alte Musterkommoden übereinander gestapelt. "Vielleicht kann man die noch retten und etwas daraus machen", überlegt Pülz. Aus den anderen Räumen sowieso: "Die besitzen ein besonderes Flair und lassen sich gut aufteilen."
1432 wurde sie als Mainmühle erstmals erwähnt. Es folgten unzählige Besitzerwechsel und Umbauten, heute ist sie als Kirschbaummühle bekannt. Die Witwe und Besitzerin Margareta Endres hatte 1910 den Obermüller Johann Michael Kirschbaum geheiratet, der auch das heute noch in Betrieb befindliche Wasserkraftwerk anbaute. In den sechs Jahre bis zu seinem frühen Tod baute er die Mühle zu einem modernen Betrieb um, konnte aber die Früchte seiner Anstrengungen nicht mehr erleben. Die nachfolgenden Besitzer bauten auf dieser Basis weiter, 1932 entstand der mächtige Getreidereinigungsturm. 1948 lieferte die Mühle zu 70 Prozent den Bedarf für die Landkreise Lichtenfels und Kronach und die Hofer Region. Doch auch weitere Modernisierungen Anfang der 1950er-Jahre konnten nicht verhindern, dass noch größere Konkurrenten den Betrieb unwirtschaftlich machten. Im Februar 1954 wurde die Mühle stillgelegt.
Nun wird hier das Forschungs- und Anwendungszentrum für digitale Zukunftstechnologien entstehen, am Donnerstag findet die Kick-Off-Veranstaltung dazu statt.
Wann es Wirklichkeit sein wird? Das weiß Gerhard Pülz heute noch nicht. Zu viel ist noch zu klären wie Trägerschaft, Finanzierung und Raumplan. 2023? Pülz überlegt kurz. Das wäre schon ein sehr ehrgeiziges Ziel, es bis dahin zu schaffen.