Der Prozess, der am Donnerstag im Amtsgericht wegen "Diebstahl u. a." anberaumt war, trug skurrile Züge. Denn die Verteidigung zielte darauf ab, dem Fahrer des zwischen Altenkunstadt und Weismain verunfallten Autos einen Anteil an dessen Überschlag zu geben. Und das, obwohl ihre Mandanten mit einem Einkaufswagen(!) mitten in der Nacht des 28. September 2014 auf der falschen Spur rollten.
Rückblende: Ein 44-Jähriger und eine sieben Jahre jüngere Bekannte waren einkehren. Jeder für sich für etwas über einem Promille. Ein Taxi nach Weismain, zu ihren Wohnorten, so der Angeschuldigte, sei nicht zu bekommen gewesen. Daher habe man sich zu Fuß auf den Weg gemacht und irgendwann den Entschluss gefasst, sich eines Einkaufswagens zu bedienen. Bei einem Discounter nahm man diesen mit, und die Frau setzte sich mit dem Gesicht zum Schiebenden gewandt, hinein. Soweit zum Vorwurf des Diebstahls, bei dem es sich laut Verteidiger Jörg Händler allenfalls um eine "Gebrauchsanmaßung" gehandelt habe, da die Absicht bestand, den Wagen wieder zurückzubringen. Dieser Umstand wurde vom Vertreter der Staatsanwaltschaft, Matthias Schmolke, angezweifelt, da so ein Verhalten "gegen die Erfahrung" spräche.
Von nun an war aber eine andere Frage von Belang: Auf welcher Straßenseite wurde das Vehikel eigentlich geschoben? Die Frage war darum wichtig, weil sich ein Auto näherte, welches alsbald mit Salto im Graben landen sollte. Als das geschah, liefen die Angeklagten davon und verbargen sich in einem Maisfeld. Eine Stunde blieben sie dort, während Polizei das Gebiet absperrte und die Feuerwehr gebeten wurde, mittels einer Wärmebildkamera das Feld im Auge zu behalten. Schließlich war es ein Polizeihund, der die Verborgenen aufspürte. Zu dem Grund ihres Versteckspiels befragt, blieben die Antworten bedingt erhellend. Man sei übereingekommen, im Feld abzuwarten und zu schauen was passiert.
Vor allem Nebenklagevertreter Werner Brandl bemängelte mangelnde Einsicht und Höflichkeit bei den Angeklagten. So sei ihrerseits bis heute keine Entschuldigung bei den damaligen Autoinsassen eingegangen.
Und das, obwohl sie Schmerzen erlitten und das Auto zum Totalschaden wurde. Ob der Fahrer womöglich selbst unter Alkohol stand, ließ sich nicht klären, da er von einem Sanitäter abtransportiert wurde. Wie sich herausstellte, befuhr der Einkaufswagen aber die falsche Straßenseite und das Argument eines Verteidigers, wonach das Verstecken im Maisfeld aufgrund eines Schrecks geschah und man vom eigentlichen Unfall nichts mitbekommen habe, hebelten Richter Stefan Hoffmann und Matthias Schmolke bald aus. Zudem wurden die Angeschuldigten mit der Möglichkeit konfrontiert, dass sie sich für die Zeit des Maisfeldaufenthalts auch wegen unterlassener Hilfeleistung zu verantworten hätten.
Stefan Hoffmann entschied letztlich, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem geschobenen Einkaufswagen gegeben haben müsse. Wegen Diebstahls und fahrlässiger Körperverletzung, unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und unterlassener Hilfeleistung verurteilte er den Mann zu 3600 Euro Geldstrafe, die Frau zu 1350 Euro.