Das Vermächtnis am Fluss

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Gerhard Edelmann und sein Onkel Richard schauen bei dem am Mainufer abgestellten Schelch nach dem Rechten. Foto: Popp
Gerhard Edelmann und sein Onkel Richard schauen bei dem am Mainufer abgestellten Schelch nach dem Rechten. Foto: Popp
Fährmann Adolf Edelmann (†) auf seiner Bank am Main. Foto: Franz Böhmer
Fährmann Adolf Edelmann (†) auf seiner Bank am Main. Foto: Franz Böhmer
 
Gerhard Edelmann, Adolfs Sohn, hat schon bei der Einweihung der "Trimeusel" als Fährmann mitgeholfen, wie dieses Bild von damals zeigt. Foto: privat
Gerhard Edelmann, Adolfs Sohn, hat schon bei der Einweihung der "Trimeusel" als Fährmann mitgeholfen, wie dieses Bild von damals zeigt. Foto: privat
 
Adolf Edelmann (rechts) bei der Überfahrt einer Gruppe 2011 Foto: Monika Schütz
Adolf Edelmann (rechts) bei der Überfahrt einer Gruppe 2011  Foto: Monika Schütz
 
Der Main bei Nedensdorf an der Stelle der Fährüberfahrten Foto: Popp
Der Main bei Nedensdorf an der Stelle der Fährüberfahrten Foto: Popp
 
Der Main bei Nedensdorf. An dieser Baumgruppe stand die Sitzbank des Fährmannes. Foto: Popp
Der Main bei Nedensdorf. An dieser Baumgruppe stand die Sitzbank des Fährmannes. Foto: Popp
 
Adolf Edelmann (links) und sein Bruder Richard, als sie vor mehr als zehn Jahren den Schelch "Trimeusel" bauten. Foto: privat
Adolf Edelmann (links) und sein Bruder Richard, als sie vor mehr als zehn Jahren den Schelch "Trimeusel" bauten. Foto: privat
 
Das Holzschild an diesem Baum weist zum Haus der Familie des Fährmannes. Foto: Popp
Das Holzschild an diesem Baum weist zum Haus der Familie des Fährmannes. Foto: Popp
 

Der Fährmann von Nedensdorf ist gestorben. Adolf Edelmann liebte es, mit dem Schelch Personen überzusetzen. Mit 70 baute er gemeinsam mit seinem Bruder ein neues Boot. Sohn und Enkel wollen die Tradition nicht aufgeben.

Die Holzbank direkt an der Einstiegstelle am Main, das war sein Platz. Er hat sie zur Winterpause hereingeholt. Nicht ahnend, dass er nie wieder darauf sitzen würde. Adolf Edelmann, der Fährmann von Nedensdorf, ist am vergangenen Freitag gestorben.

Er war gerne Fährmann, das war sein Hobby. Als der gebürtige Unterzettlitzer mit Anfang 20 eine Nedensdorferin heiratete, begann auch seine engere Beziehung zum Main. Der Schwiegervater Kaspar Schneider war nämlich Fischer. Die Zander, Karpfen oder Schleien, die er fing, legte er auf Eis und fuhr sie mit dem Fahrrad zum Verkauf. Das Boot, das er benutzte, hatte Jahrzehnte auf dem Buckel. Nach dem Tod des Mainfischers blieb es zwar im Familienbesitz, doch es lag über zehn Jahre unbenutzt in der Scheune.


Den Schelch aus der Scheune

Als Adolf Edelmann, der in der Staffelsteiner Pinselfabrik und später bei Rösler in Hausen gearbeitet hatte, das Rentenalter erreichte, wurde der Schelch plötzlich wieder interessant. Sein Sohn Gerhard hatte ihn schon gefragt, ob man das alte Ding nicht zusammensägen wolle. Stattdessen wurde das acht Meter lange Boot wieder hergerichtet. Adolf Edelmann wollte den einstigen Fährbetrieb im Dorf, der in den 60er Jahren eingeschlafen war, aufleben lassen. Den Fischer Meixner hatten die Leute oft auf Zuruf herbeigeholt, damit er sie über den Main brachte. Daran erinnerten sich noch einige. Und Edelmann? Der schrieb seine Telefonnummer auf Holzbrettchen und brachte die Schilder mit dem Hinweis auf den Fährmann an verschiedenen Stellen in der Flur an. Er beförderte angemeldete Wandergruppen und geriet bei der Kirchweih am 1. Mai und beim jährlichen Dreschfest Ende August immer ganz schön ins Schwitzen, weil so viele mitfahren wollten. Geld verlangte er nie dafür. Obwohl er vorsorglich eine Versicherung abgeschlossen hat, war es keine offizielle gewerbliche Personenbeförderung. Mitfahrer durften sich mit einem Trinkgeld bedanken, wenn sie wollten.

Mit 70 Jahren beschloss er, gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Richard, einem gelernten Zimmermann, einen neuen Schelch zu bauen. Sie hätten weder einen Plan noch Erfahrung mit dem Bootsbau gehabt, erinnert sich dieser. "Wir haben eine große Eiche gekauft und einfach angefangen." Nach gut zwei Monaten fand die Probefahrt statt. Schließlich wurde der neue Schelch mit einer Flasche Sekt auf den Namen "Trimeusel" getauft, benannt nach dem Steilhang am Flussufer im Ort. Er war etwas breiter und einen Meter kürzer als der Vorgänger und deshalb nicht mehr ganz so wackelig. Vorsichtig sein musste man trotzdem. Neun Personen konnten mitfahren, wenn Adolf Edelmann übersetzte.

Die Strecke ist gut 40 Meter lang. Die Seilführung, die an den beiden Uferpunkten angebracht wurde, erleichtert die Überfahrt, weil die Strömung den Kahn vorwärts schiebt. Muskelkraft und die lange Fichtenstange mit Eisenspitze zum Staken sind trotzdem erforderlich. Auch im Alter von 82 Jahren hatte der Nedensdorfer die Sache im Griff.

Jetzt liegt die "Trimeusel" unten, bei der Kirche, unter einer schützenden Plane an Land. Sie wird wieder fahren, verspricht Gerhard Edelmann. Seine Söhne Christian und Johannes und der Neffe Manuel würden ihn unterstützen. Freilich haben alle ihren Beruf, können nur am Wochenende oder zu besonderen Anlässen den Schelch steuern. Dann aber wollen sie an den Fährmann von Nedensdorf erinnern.