Der "Grand View Choir" aus Iowa/USA begeisterte zum dritten Mal in der Schneyer Kirche. Weitere Stationen sind Wittenberg und Leipzig.
Erwartungsvolle, frohe Gesichter in der überfüllten evangelischen Kirche. Die Tür geht auf, und sie marschieren, nein, schreiten herein: selbstbewusst, in sich ruhend, und auch ehrfurchtsvoll und freudig ob der großen Besucherzahl. In Roben und feinen Anzügen mit Fliegen, dem Anlass entsprechend und des eigenen Könnens bewusst. Es schaut einfach schön und richtig aus, wie sie sich sortieren, aufstellen, anstimmen. Das Liedgut, das sie jungen Leute des Studentenchores aus Iowa zu Leben und Gedanken Martin Luthers mitbringen, ist anspruchsvoll. Gleich im Einzugslied "Perperspice Christicola" springt der Funke über. Das Spirituelle, egal ob gläubiger Christ oder nicht, ist ergreifend, die Atmosphäre festlich und die Kirche genau der richtige Rahmen für einen Chor, der geistliche Lieder singt, auch wegen des wunderbaren Raumklangs.
Die deutsch gesprochenen Begrüßungsworte der Chorleiterin und Dirigentin Kathryn Duffy brechen den Damm, und die Besucher freuen sich, dass sie so bemüht und herzlich ist. "Es ist so schön, wieder hier zu sein", ruft sie und bedankt sich bei den Konzertbesuchern. Sie habe es gar nicht erwarten können, wieder in diese schöne Gegend, zu diesen netten Leuten zu kommen, die den Chor schon 2005 und 2009 so herzlich empfangen und betreut hatten. Natürlich seien die Jugendlichen von damals längst fertig mit dem Studium und der Nachwuchs sei herangereift - und den habe sie dabei. "Bitte nicht klatschen zwischen den Stücken", bittet sie - wegen der Konzentration auf das nächste Lied. Niemand tut ihr den Gefallen, die Leute können nicht anders.
Erst Stille, dann Applaus
Schlagartige Stille nach der kraftvollen Darbietung von "The word was god" von Rhosephanye Powell. Es folgt ein wunderbarer Wechsel zum perfekt deutsch gesungenen "Meine Seele erhebt den Herrn" von Telemann. Pfarrerin Tanja Vincent ist stolz darauf, dass in ihrer Kirche - neben der Thomaskirche von Leipzig und der Schlosskirche von Wittenberg - eines der Konzerte dieses Chores stattfindet. Manche der Studenten seien das erste Mal in Europa oder auch das erste Mal außerhalb der USA, betont sie.
Der zweite Block beginnt mit einer meisterlich interpretierten Motette von Heinrich Schütz "Sicut Moses serpentem", angelehnt an das Gleichnis von Moses mit der Bronzeschlange. Glockenhell als immer wiederkehrende Untermalung ertönt das Allelluia der Frauenstimmen und gipfelt im harmonischen, mehrstimmigen Choral "Christ Jesus lay in death's strong bands" ("Christ lag in Todesbanden" von Ryan Kelly). Ein absoluter Höhepunkt ist das "Allelluia" von Ralph Manuel, vor Kraft strotzend der Bass. Die Leute applaudieren stehend. Fragt man das Publikum, stellt sich heraus, dass manche schon mehrere Auftritte des Chores miterlebt haben. Eine Burgkunstadterin kommentiert: "Die sind wirklich spitze!" Schließlich sollen die Leute mitsingen, und sie tun es begeistert. Herzlich, fast anrührend, bedankt sich Duffy am Ende beim Publikum mit den Worten: "Danke für die Mühen, danke an die Gastgeber. Ich weiß, dass wir eine gute Zeit mit Ihnen und den Studenten haben werden." Zu "Horch, ich hör' die ew'gen Harfen", einer amerikanischer Folkhymne, ziehen die Sänger aus der Kirche aus, unter stehendem Applaus. Man merkt den Studenten an, mit welcher Hingabe sie singen und dass sie die Freude an der Musik den Menschen näherbringen wollen. Und dass sie sich als Teil einer Familie fühlen.