Nach der Betriebsversammlung am Dienstag gehen Mitarbeiter des Michelauer Kunststoffspezialisten Scherer & Trier optimistisch ins neue Jahr. Ein Vertreter des künftigen Eigentümers hat zu ihnen gesprochen.
Im Januar wird der Automobilzulieferer Scherer & Trier einen neuen Eigentümer haben: die indische Samvardhana Motherson Group. Am Dienstag, einen Tag nach der Kaufver tragsunterzeichnung, hatten die mehr als 2000 Beschäftigten in Michelau erstmals die Gelegenheit, den für den Geschäftsbereich Europa verantwortlichen Andreas Heuser kennen zu lernen. Die ersten Reaktionen aus Belegschaft und Betriebsrat waren durchwegs positiv, es schien, als habe der neue Chef Vertrauen gewinnen können. Sehr aufmerksam verfolgten die Mitarbeiter die Reden, und es gab sogar Applaus.
"Das ist das Beste, was uns passieren konnte", sagte Betriebsratsvorsitzender Peter Leipold. Alle Kollegen seien erleichtert, dass Scherer & Trier nach der Insolvenz einen neuen Besitzer gefunden habe - und noch dazu einen so hochkarätigen. Von dessen Ansehen in der Automobilindustrie werde man profitieren. Dies eröffne neue Möglichkeiten.
Dass eine gute Mitbestimmung und Arbeitnehmervertretung wichtig ist, hat sich in diesem Insolvenzverfahren in besonderem Maße gezeigt. Nicht nur, weil es dem Betriebsrat gelungen war, optimistische Signale in die Belegschaft zu senden und diese wiederum in den vielen Gesprächen mit möglichen Investoren positiv darzustellen. Der Landesbezirkssekretär der Gewerkschaft IG-BCE, Franz-Peter Sichler, war sehr direkt an der Übernahme durch die Samvardhana Motherson Group beteiligt, hatte den Deal sozusagen eingefädelt. Er sitzt nämlich bei SMP im Aufsichtsrat. SMP, vormals Peguform, ist ein weltweit vertretener Automobilzulieferer und seit 2011 unter dem Dach eben jenes indischen Konzerns. "Und seitdem geht es da aufwärts", hatte Sichler festgestellt. "Die wollen keinen Abbau, die engagieren sich langfristig und bringen Mitarbeitern Wertschätzung entgegen", beschrieb er die Unternehmenskultur.
Deshalb sei die Samvardhana Motherson Group auch sein Wunschkandidat als Investor für Scherer & Trier gewesen, und deshalb habe er jetzt ein gutes Gefühl.
Der Gewerkschaftssekretär ließ auch durchblicken, dass unter den an die 100 Unternehmen, die anfangs Interesse an Scherer & Trier gezeigt hatten, auch welche mit anderen Absichten waren. Er habe aus diesem Kreis auch eine Äußerung mitbekommen, dass man da 1000 Leute abbauen müsste.
Der jetzige Käufer gab dagegen deutliche Signale im Hinblick auf eine Stärkung des Standortes Michelau und Sicherung der Arbeitsplätze. Wurden hierzu am Morgen im Internet noch verhaltene Kommentare wie "Die Botschaft hör' ich wohl..." abgegeben, waren nach der Betriebsversammlung um die Mittagszeit dann eher zufriedene Stellungnahmen zu hören.
Kaufpreis via Twitter: 36 Mio.
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Die zurückhaltende Informationspolitik der Pressestelle des Insolvenzverwalters wurde durch das World Wide Web konterkariert. Während es in der offiziellen Mitteilung vom Montag nämlich hieß, über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden, meldete das indische Magazin "Autocar professionel" am Dienstag via Kurznachrichtendienst Twitter, das Unternehmen selbst habe dieses Geschäft auf rund 36 Millionen Euro beziffert.
Offen blieb auch in der gestrigen rund zweistündigen Betriebsversammlung, die für die Mitarbeiter der Spät- und Nachtschichten am Abend per Videoaufzeichnung nachzuverfolgen war, noch die Frage nach der künftigen Geschäftsführung. Bis zum tatsächlichen Eigentümerwechsel im Januar wird es bei den jetzigen Verantwortlichen bleiben.
Wie der Gewerkschaftsvertreter wissen ließ, werde sich an den bestehenden Arbeitsverträgen nichts ändern und auch langjährige Betriebszugehörigkeiten weiterhin anerkannt bleiben. Erst vor wenigen Wochen hatte es eine große Mitarbeiterehrung gegeben.
Stimmig zu diesen ersten Eindrücken ein Leser-Beitrag auf infranken.de: "Das Team passt in Michelau. Ich hoffe, der Kopf wird gut und kompetent besetzt."