Märtyrer im Einsatz für die Indios: Oberfranke soll selig gesprochen werden

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Starben im Kugelhagel: Simao Bororo und Pater Rudolf
Starben im Kugelhagel: Simao Bororo und Pater Rudolf
Ein besonders emotionaler Moment: Am Grab gedachten die Familienangehörigen ihres Onkels Pater Rudolf Lunkenbein. Foto: Adalbert Kopp
Ein besonders emotionaler Moment: Am Grab gedachten die Familienangehörigen ihres Onkels Pater Rudolf Lunkenbein.  Foto: Adalbert Kopp
 
Die Salesianerpatres aus Brasilien trafen sich mit Provinzial Josef Grünner (rechts) im Bamberger Josefsheim. V.l. Joao Bosco Maciel, Paulo Jácomo und vorn Georg Lachnitt. Foto: Marion Krüger-Hundrup
Die Salesianerpatres aus Brasilien trafen sich mit Provinzial Josef Grünner (rechts) im Bamberger Josefsheim. V.l. Joao Bosco Maciel, Paulo Jácomo und vorn Georg Lachnitt.  Foto: Marion Krüger-Hundrup
 
Während ihrer kürzlichen Brasilienreise auf den Spuren Rudolf Lunkenbeins wurden seine Verwandten zur Begrüßung durch ehrenvolle Bemalung geschmückt. Im Hintergrund zeigen die Porträts Pater Rudolf (rechts) und seinen Freund Simao Bororo. Foto: Adalbert Kopp
Während ihrer kürzlichen Brasilienreise auf den Spuren Rudolf Lunkenbeins wurden seine Verwandten zur Begrüßung durch ehrenvolle Bemalung geschmückt. Im Hintergrund zeigen die Porträts Pater Rudolf (rechts) und seinen Freund Simao Bororo.  Foto: Adalbert Kopp
 

Pater Rudolf Lunkenbein aus Döringstadt im Kreis Lichtenfels soll seliggesprochen werden. Vor 40 Jahren wurde er im Einsatz für die Indios ermordet.

Ein bezahlter Killer hat Rudolf Lunkenbein erschossen. Der Mörder wurde trotz Gerichtsprozess nie zur Rechenschaft gezogen", beklagt Pater Georg Lachnitt. Der 77-jährige Salesianer erinnert sich an die Umstände dieses Falles, als wenn es sich gestern zugetragen hätte. Dabei ist es jetzt 40 Jahre her, dass sein Weggefährte Rudolf Lunkenbein in der brasilianischen Missionsstation Meruri ums Leben kam, "weil er sich aus seinem tiefen Glauben heraus für die Rechte der Indios eingesetzt hat".

Als erster Märtyrer im Einsatz für Indios soll Pater Rudolf Lunkenbein, der am 1. April 1939 in dem Obermain-Dorf Döringstadt geboren wurde, seliggesprochen werden. Der Salesianerorden hat den zuständigen Bischof von Barra do Garcas gebeten, den Prozess zur Anerkennung des Martyriums von Lunkenbein einzuleiten, was auch geschehen ist.

In diesen Tagen ist Pater Georg Lachnitt mit zwei Mitbrüdern aus Brasilien nach Bayern gekommen, um Dokumente zum Leben Rudolf Lunkenbeins zu sammeln. Pater Paulo Jácomo ist Vizepostulator im Seligsprechungsverfahren, Pater Joao Bosco Maciel leitet darin die historische Kommission. Die drei Salesianer sichten im Bamberger Diözesanarchiv "große Berge an Briefen, Zeitungsartikeln, persönlichen Dokumenten", wie sie erzählen. Zuvor haben sie im Archiv der deutschen Salesianerprovinz in München geforscht sowie in Buxheim bei Memmingen, wo Rudolf Lunkenbein als Teenager im Internat der Salesianer Don Boscos lebte, und in Benediktbeuern, wo er Theologie studierte und 1970 zum Priester geweiht wurde. Nach seiner Primiz in Döringstadt kehrte er nach Meruri zurück.

Das Noviziat und das Philosophiestudium verbrachte er in Brasilien: "1958 sind wir zusammen mit dem Schiff von Genua aus dorthin ausgereist", blickt Pater Georg Lachnitt zurück. Der Zeitzeuge schildert Lunkenbei als einen "immer freundlichen, munteren, fröhlichen Salesianer", der nicht nur "ein großer Missionar, sondern auch ein großer Mensch" gewesen sei. Er habe als einer der Pioniere bei der Umgestaltung der Missionsarbeit im Sinne des Missionsdekrets des Zweiten Vatikanischen Konzils "Ad Gentes" mitgewirkt.

Vizepostulator Paulo Jácomo ergänzt, dass "Pater Rodolfo das Evangelium in das Leben der Bororo-Indianer übersetzt hat". Und dass Rodolfo sich nicht nur für die Verbreitung des Glaubens eingesetzt habe, sondern auch um die Verbesserung der Lebensbedingungen der Einheimischen, etwa in der Landwirtschaft und in der Gesundheitsfürsorge: "Er hat ein kleines Hospital eingerichtet und kämpfte besonders gegen Tuberkulose", so Pater Paulo. Lächelnd fügt er hinzu, dass Pater Rudolf sogar den Pilotenschein gemacht und eine Amateurfunklizenz erworben habe, um noch enger mit seinen ihm Anvertrauten Kontakte pflegen zu können.

Lunkenbein gehörte zu den Mitbegründern des Indianermissionsrates (CIMI) der brasilianischen Bischofskonferenz. Er half bei der politischen Durchsetzung eines Gesetzes, das den Indianern ihr eigenes Land zusprach. Damals schrieb er an seine Eltern nach Döringstadt: "In ein bis zwei Monaten wird das Indianergebiet vermessen, und dann wird die ganze weiße Bevölkerung aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. In diesen Tagen kann es sein, dass es zu Schüssen kommt, einige haben schon gedroht."

Tatsächlich war Lunkenbein in höchstem Maße gefährdet: "Er hätte sich versetzen lassen können, wollte aber bleiben, er ist nicht weggelaufen", erklärt Pater Georg Lachnitt. Als die von der Regierung eingesetzten Landvermesser ihre Arbeit aufnahmen, tauchten am 15. Juli 1976 etwa 70 weiße Siedler auf der Missionsstation Meruri auf, um Pater Lunkenbein zur Rede zu stellen. Er notierte alle Namen der Grundbesitzer und sicherte ihnen zu, mit der Regierung zu sprechen. Dennoch entwickelte sich eine heftige Auseinandersetzung. Schüsse fielen. Lunkenbeins Freund und Mitarbeiter in der Missionsstation, der Indio Simao Bororo, warf sich vor den Pater, um ihn zu schützen. Beide starben im Kugelhagel. "Es war eine absichtliche und keine zufällige Tötung, da der Mörder nicht auf der Namensliste stand", sagt Pater Georg.

Simao Bororo soll nach dem Willen des Salesianerordens nun gemeinsam mit Pater Rudolf Lunkenbein selig gesprochen werden: "Beide haben aus Liebe zum Nächsten ihr Leben hingegeben", betont Pater Joao Bosco Maciel. Ihr Tod sei ein Glaubenszeugnis, auch wenn sie - streng genommen - aus politischen Gründen starben.
Die Verehrung der beiden Männer ist bis heute in Meruri und darüber hinaus lebendig: "Ihre Gräber werden viel besucht, sie sind eine richtige Pilgerstätte geworden", berichten die drei Salesianer auf Bayerntour. Doch auch hierzulande wird das Gedächtnis besonders an Pater Rudolf Lunkenbein gewahrt: "Er war ein Vorbild als Glaubenszeuge und passt heute ganz in die Linie der Umwelt-Enzyklika Laudato Si von Papst Franziskus", meint Pater Josef Grünner, Provinzial der deutschen Salesianerprovinz.

Pater Lunkenbein habe sich schon vor Jahrzehnten für die Ureinwohner mit ihren kulturellen Traditionen und ihrem Land als Gabe Gottes eingesetzt. So sei es eine Selbstverständlichkeit, dass auch die Salesianer aus Lunken-beins Heimat den Seligsprechungsprozess "voll unterstützen", so Provinzial Grünner.

Kürzlich haben die Gäste aus Brasilien in der Pfarrkirche von Döringstadt den Gottesdienst gefeiert und darin über das Seligsprechungsverfahren informiert. Auch der Bamberger Domkapitular Norbert Jung war dabei, der aus Ebensfeld stammt und die Familie Lunkenbein gut kennt. Mit Pater Rudolfs Neffen Christian hat Jung gemeinsam die Schulbank gedrückt. Und vor wenigen Wochen machte er sich mit Christian Lunkenbein, dessen Ehefrau Marion und Tochter Theresa auf die Spuren von Pater Rudolf in Brasilien.

"Seit meiner Zeit als Schüler der Rudolf-Lunkenbein-Schule in Ebensfeld ist dieser Ordensmann ein Vorbild für mich", sagt Domkapitular Jung. So habe er sogar während seines Theologiestudiums überlegt, selbst Missionar zu werden.