Auf dem Jura wächst Widerstand

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Die dunklen Wolken sind beinahe symbolisch: So wie auf diesem Bild, es zeigt eine Anlage im Knoblauchsland unweit des Nürnberger Flughafens,- könnte es bald auf dem Jura bei Fesselsdorf aussehen. Die Nürnberger Gemüsebauern Scherzer und Boss wollen dort ein Gewächshaus errichten, das in der Bevölkerung umstritten ist. Foto: Stephan Stöckel
Die dunklen Wolken sind beinahe symbolisch: So wie auf diesem Bild, es zeigt eine Anlage im Knoblauchsland unweit des Nürnberger Flughafens,- könnte es bald auf dem Jura bei Fesselsdorf aussehen. Die Nürnberger Gemüsebauern Scherzer und Boss wollen dort ein Gewächshaus errichten, das in der Bevölkerung umstritten ist.  Foto: Stephan Stöckel

Ein von zwei Nürnberger Unternehmern geplantes Monstergewächshaus stößt Anwohnern sauer auf.

Der Himmel über dem Jura hat sich schwarz-grau verfinstert, so wie die Miene von Edith Voll. "Ich mache die Türe meines Hauses auf und habe einen sechs Meter hohen Glasriesen vor meiner Nase stehen." Vor dieser Vorstellung graut es der 62-jährigen Fesselsdorferin. Noch blickt sie auf den braunen Acker und den dahinter befindlichen Wald, der als natürlicher Lärmschutz zur dahinter verlaufenden Autobahn A70 dient.
Mit der Ruhe im Jura-Idyll könnte es bald vorbei sein. An der Staatsstraße 2190 zwischen Fesselsdorf, Buckendorf und Modschiedel sowie Feulersdorf im Landkreis Kulmbach wollen die Gemüsebauern Boss und Scherzer aus Nürnberg in Gewächshäusern Tomaten, Salatgurken und Paprika anbauen. Der sechs Hektar große Wald soll dann dem Projekt weichen. So sieht es die Planung vor.
Gegen das Projekt regt sich Widerstand. Verständlich bei den Dimensionen: Auf einer Fläche von 150 000 Quadratmetern, was 20 Fußballfeldern entsprechen würde, sollen Gewächshäuser mit einer Länge von 350 Metern, einer Breite von 250 Metern und einer Höhe von sechs bis acht Metern entstehen. Auf dem Jura spricht man von Riesen aus Glas, Mega-Treibhäusern und vom Monstergewächshaus, ein Ausdruck nach dem sich auch eine Bürgerinitiative (BI) benennt. Sie stemmt sich gegen das Projekt und hat unter dem Motto "Wehret den Anfängen" eine Unterschriftenaktion gestartet. "Wir haben in Fesselsdorf bereits 80 Unterschriften gesammelt. Das entspricht 90 Prozent der Bevölkerung", freut sich Edwin Bergmann. Aber auch in den Nachbarorten Buckendorf, Modschiedel und Feulersdorf sei man nicht sehr glücklich über das Vorhaben, wie Edith Voll und Edwin Bergmann wissen.
Ursprünglich hatten die zwei Agrarfirmen im mittelfränkischen Obermichelbach ihr Projekt verwirklichen wollen. Nach massiven Bürgerprotesten, suchten sie nach einem neuen Standort und fanden ihn auf dem Jura.
Edith Voll wohnt mit ihrem Mann Josef am Ortstrand ein schmuckes Eigenheim. Direkt vor ihrer Haustüre soll nun das riesige Gewächshaus entstehen, das sie für überdimensioniert halten. "Ein solcher Bau würde das Orts- und Landschaftsbild unserer Region auf dem Jura verunstalten. Es geht dabei nicht um Landwirtschaft im herkömmlichen Sinne, sondern um eine hochindustrialisierte Agrarfabrik mit immensem Energiebedarf."
Beim Gedanken daran, wird dem Ehepaar auch aus einem ganz anderen Grund unwohl - sie befürchten eine deutliche Wertminderung ihres Wohnhauses. "Wer will schon ein Haus neben einem solchen Megagewächshaus kaufen?", fragen sich beide.


Jobs für 150 Gastarbeiter

In der Haupterntezeit sollen bis zu 150 Frauen und Männer dort arbeiten - nach Einschätzung der BI überwiegend Gastarbeiter aus Osteuropa. Entlang der Staatsstraße sollen für sie Wohnhäuser errichtet werden. Bergmann befürchtet, dass es in dem 80-Seelen-Dorf zu sozialen Spannungen kommen könnte. Zugleich macht er sich aber auch Gedanken über die Integration der Neubürger: "Wie soll in Fesselsdorf die doppelte Anzahl an Gastarbeitern integriert werden - einem Dorf, in dem es keinen Laden und kaum öffentliche Anbindung an die nächsten größeren Ortschaften gibt?" Bergmann und Josef Voll kritisieren, dass keine Arbeitsplätze für Einheimische geschaffen werden. Außerdem bezweifeln sie, dass Gewerbesteuereinnahmen fließen werden. Kleinteiliges Gewerbe mit qualifizierten Arbeitsplätzen passe besser auf den Jura als ein solches Großprojekt, finden beide. Die Mitglieder der BI setzen, wie es auf einem Handzettel wörtlich heißt, "auf die Vernunft, die Weitsicht und auf den gesunden Menschenverstand des Weismainer Stadtrates".