Auf Dauer siegt die Freiheit

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Nach dem Mauerfall machten viele DDR-Bürger auf der Reise in den Westen in Lichtenfels Station. Archivfoto: Herbert Wegner, Repros: Matthias Hoch
Nach dem Mauerfall machten viele DDR-Bürger auf der Reise in den Westen in Lichtenfels Station. Archivfoto: Herbert Wegner, Repros: Matthias Hoch
Bürgermeister Günther Hauptmann begrüßte DDR-Bürger, die mit Sonderzügen nach Lichtenfels kamen, am Bahnhof.
Bürgermeister Günther Hauptmann begrüßte DDR-Bürger, die mit Sonderzügen nach Lichtenfels kamen, am Bahnhof.
 
Bananen und Orangen hatte Bürgermeister Hauptmann aus Bamberg holen lassen, um sie zu verschenken.
Bananen und Orangen hatte Bürgermeister Hauptmann aus Bamberg holen lassen, um sie zu verschenken.
 
Winfred Bogdahn
Winfred Bogdahn
 

Politiker und Historiker - Winfred Bogdahn schildert seine Gedanken zum heutigen Tag der Deutschen Einheit aus zwei Perspektiven.

Es gab kein Telefon, klar, auch kein Handy - Winfred Bogdahn lacht. Nach 13 Stunden Fahrt war er angekommen, der Cousin aus Gera. Nachts war die Grenze zur damaligen DDR geöffnet worden. "Der wird sich gedacht haben, irgendjemand ist er daheim." Das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten begann für Winfred Bogdahn mit einem ganz persönlichen Erlebnis. "Ich hatte am Abend zuvor die Nachricht im Fernsehen gehört - und ärgere mich noch heute, dass ich nicht wie einige Kollegen an die Grenze nach Neustadt gefahren bin."

Kollegen, das waren Lehrer, und wenn Bogdahn heute, über 20 Jahre später, als Geschichtslehrer mit seinen jüngeren Schülern am Gymnasium Burgkunstadt über die deutsche Wiedervereinigung spricht, stellt er eine einfache Frage: "Wisst Ihr eigentlich, warum Ihr an diesem Tag frei habt?", will er dann zum Tag der deutschen Einheit wissen. Der wird heute begangen und ist ein wenig eine Hilfskonstruktion.
Denn die Innerdeutsche Grenze wurde am 9. November 1989 geöffnet.

Das war das stärkste Symbol im Prozess der deutschen Wiedervereinigung. Doch das ist auch das Datum der Reichspogromnacht gewesen, also beschloss man, den 3. Oktober als Tag der Deutschen Einheit zum gesetzlichen Feiertag zu bestimmen. Er erinnert an das "Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland". Auf diesen Tag hatte die damalige DDR-Volkskammer sich geeinigt. Er selber habe nie geglaubt, dass das zu seinen Lebzeiten noch geschehe - und als Lehrer in Coburg habe er das drei Jahre vor der deutschen Wiedervereinigung seinen Schülern auch so vermittelt: Ihr werdet das vielleicht noch erleben. "Auf Dauer siegt die Freiheit."

1991 wurde Bogdahn Bürgermeister von Lichtenfels: "Es gab Versuche, Parteien zu gründen, dann kamen die in den Westen, um sich Aufbauhilfe zu holen." So setzte er sich mit Manfred Diller aus der Stadtverwaltung zusammen. Der schlug vor, sich ein Heft zuzulegen, in dem beschrieben wird, wie die Demokratie funktioniert - und das gab man dann den Leuten nach den Gesprächen mit. "Wir hatten ja auch Beziehungen. Mein Vorgänger Dr. Günther Hauptmann und Paul Blomeier pflegten mit Lichtenstein engen Kontakt. Diese Städtefreundschaft ist im Augenblick etwas eingeschlafen."

Heute versucht er, seinen Schülern zu erklären, dass die Wiedervereinigung nicht nur Geschichte ist - "und etwas näher liegt als die Reichsteilungen nach dem Tod von Karl dem Großen" - und dass sie von dieser jüngeren Geschichte immer noch betroffen sind.

"Ich versuche zu vermitteln, was für ein Glück so eine Wiedervereinigung in Frieden ist, und dass Deutschland versucht, seinen Beitrag zu einem friedlichen Europa und einer friedlichen Welt zu leisten." Da sei durchaus Interesse bei den Schülern da. "Ich gebe mich da keinen Illusionen hin. Oft ist es wichtiger, ob Justin Bieber seinen Affen hat, oder nicht."

Aber er sei trotzdem nicht ohne Hoffnung: "Da gilt ein altes Sprichwort: Manchmal denkt man, man pflüge Wasser - und dann geht die Saat trotzdem auf."